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Cromwell, Bernard

Cromwell, Bernard

Titel: Cromwell, Bernard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stonehenge
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Alles, was atmete, duckte sich
reglos, weil etwas Neues und Fremdes in den Wald eingedrungen war. Es drohte
Gefahr; die Geschöpfe des Waldes hielten den Atem an, und Saban horchte angespannt,
bis er schließlich das Geräusch vernahm, das die Welt hatte verstummen lassen.
Ein Hund bellte.
    Es war ein warmer Tag, aber Saban überlief plötzlich eine
Gänsehaut, und er spürte, wie sich die feinen Härchen in seinem Nacken
prickelnd aufrichteten. Ein anderer Hund heulte, dann hörte Saban
Männerstimmen in der Ferne. Die Männer befanden sich hoch über ihm auf dem
Hügelabhang. Jäger.
    Er konnte sie gleichsam vor sich sehen. Es würde ein
halbes Dutzend Männer sein, Jegar ihr Anführer, alle groß und kräftig und von
der Sonne gebräunt, ihr langes Haar zu Jägerzöpfen geflochten und mit Federn geschmückt.
Sie würden an der Eiche hinaufspähen, sich auf ihre Speere stützen und dabei
Beleidigungen in die Baumkrone hinaufbrüllen, wo sie Saban versteckt glaubten.
Vielleicht würden sie ein paar Pfeile in das Laub schießen, in der Hoffnung,
ihn von dem Baum herunterzutreiben, damit sie ihn nach Ratharryn zurückschleppen
und in Schimpf und Schande vor der Hütte seines Vaters vorführen konnten; aber
bald würde es ihnen zu langweilig werden, und einer von ihnen - lass es Jegar
sein! betete Saban - würde am Stamm der Eiche hinaufklettern, um ihn zu holen.
    Saban kauerte da, die Augen geschlossen, während er
angespannt horchte. Dann hörte er plötzlich einen Ruf. Nicht nur einen Ruf,
sondern einen lauten Aufschrei des Protests, des Schmerzes und Zorns - also
hatte seine kleine Falle ihren Zweck erfüllt. Er lächelte in sich hinein.
    Jegar fiel vom Baum, erbittert fluchend, weil seine rechte
Handfläche tief aufgeschnitten war. Er schrie und schimpfte und presste seine
blutende Hand zwischen die Schenkel, während er sich vorbeugte, um den
qualvollen Schmerz zu lindern. Einer seiner Freunde legte Moos auf die Wunde
und verband ihm die Hand mit Blättern; danach stürmten sie wütend den Grat
entlang, aber weder sie noch ihre aufgeregt bellende Hundemeute gelangten
auch nur in Sabans Nähe. Sie folgten seinem Geist zum Bach hinunter, aber dort
verloren die Hunde seine Spur, und nach einer Weile gaben sie die Verfolgung
auf. Das Gebell der Hunde verhallte in der Ferne, und gleich darauf setzten die
unzähligen Geräusche des Waldes wieder ein.
    Saban grinste vor sich hin. Er durchlebte noch einmal den
Augenblick, als der laute Aufschrei ertönte, und sprach ein Dankgebet an Slaol.
Er lachte über seinen Sieg.
    Zwar hatte er gesiegt, doch er rührte sich dennoch nicht
aus seinem Versteck. Er war jetzt hungrig, wagte es aber nicht, nach Nahrung zu
suchen, für den Fall, dass Jegar noch immer auf dem Hügelabhang herumschlich;
deshalb blieb er auf seiner kleinen Plattform hoch oben in der Ulme und
beobachtete, wie die Vögel zu ihren Nestern heimflogen und der Himmel sich
unter Slaols Zorn rot verfärbte, weil die Welt nun in Lahannas Obhut übergeben
wurde. Vom Bach stieg kalte, feuchte Luft auf. Eine Ricke und ihr Kitz bewegten
sich mit langsamen, zierlichen Schritten unter der Ulme hindurch, als sie zum
Wasser gingen; ihr Erscheinen ließ darauf schließen, dass auf dem Grat oberhalb
des Baches keine Jäger mehr lauerten, dennoch blieb Saban immer noch an Ort und
Stelle. Hunger und Durst mussten warten. In den Lücken zwischen dem dichten
Laub konnte er sehen, wie sich der Himmel allmählich rauchgrau und dunstig
verfärbte, dann erschien der erste Stern von Lahannas Herde. Der Stamm nannte
diesen Stern Merra, und er erinnerte Saban daran, dass alle seine Vorfahren vom
Himmel herunterblickten - aber die Erinnerung brachte auch Furcht vor den
Geistern jener Menschen mit sich, die in Schande gestorben waren und jetzt aus
ihrem Tagesschlaf erwachten, um zwischen den dunklen Bäumen Jagd auf die
Lebenden zu machen. Seltsame Klauen wurden ausgestreckt und spitze Fangzähne gefletscht,
als die nächtlichen Gespenster des Waldes ihre Schrecken entfesselten.
    Saban schlief kaum, sondern blieb hellwach und lauschte
den Geräuschen der Nacht. Einmal hörte er das Knacken von Zweigen, das Rascheln
eines großen, massigen Körpers, der sich durch das Gebüsch bewegte, dann
herrschte wieder Stille, während der er sich angstvoll ausmalte, wie eine
wilde Bestie mit riesigem Kopf und gefletschten Reißzähnen suchend in die Ulme
hinaufspähte. Oben auf dem Grat ertönte ein Schrei, und Saban rollte sich
wimmernd zu einer Kugel

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