Cromwell, Bernard
Krieger werden«, gestand Saban. »Das
wollen alle Jungen. Was taugt denn auch einer, der irgendetwas anderes werden
will?«, fragte Haragg. »Die meisten Männer sind Krieger, mit Ausnahme der
Priester.« Er sprach diese letzten vier Worte zutiefst verbittert, weigerte
sich jedoch zu erklären, warum.
Am nächsten Tag breiteten die Händler ihre Waren in einer
Siedlung nördlich der Hochmoore aus. Es waren auch Stämme aus ferneren Orten
gekommen, und Hunderte von Leuten wanderten über die Wiese, wo das Feilschen
vom Morgengrauen bis zum Einbruch der Dunkelheit weiterging. An diesem Tag
tauschte Haragg den größten Teil seiner Waren gegen weitere Beutel mit Kräutern
und das Versprechen eines Stapels weißer Felle, die ihm gegen Ende des Winters
geliefert werden sollten. »Bis dahin«, erklärte er Saban, »werden wir hier
bleiben.«
Es erschien Saban als ein öder, trostloser Landstrich,
denn er bestand lediglich aus einem tiefen Tal zwischen hoch aufragenden
Hügeln. Die tiefer gelegenen Hänge waren mit Kiefern bewachsen, und zwischen
den dunklen Bäumen strömte ein kalter Bach über graue Felsbrocken dahin.
Weiter unten im Tal gab es einen Steintempel und ein Stück weiter oben einen
wirren Haufen von Hütten. Haragg und Saban nahmen eine der windschiefen,
baufälligen Hütten für sich, und Saban reparierte die morschen Dachsparren,
dann schnitt er Grassoden aus und bedeckte damit das Gerüst. »Weil es mir hier
gefällt«, sagte Haragg, als Saban ihn fragte, warum er nicht für den Winter
nach Sarmennyn zurückkehrte. »Und es wird ein langer Winter werden«, warnte
Haragg ihn, »ein langer und kalter Winter — aber wenn er vorbei ist, werde ich
dich wieder zu deinem Bruder bringen.«
»Zu Lengar?«, klagte Saban. »Du würdest besser daran tun,
mich hier zu töten.«
»Nicht zu Lengar«, verneinte Haragg, »sondern zu Camaban.
Es war nicht Lengar, der wollte, dass du mein Sklave wirst, sondern Camaban.«
»Camaban?«, rief Saban verblüfft.
»Camaban, richtig«, bestätigte Haragg ruhig. »Lengar
wollte dich töten, als er nach Ratharryn zurückkehrte; aber Camaban wollte
unbedingt, dass du am Leben bleibst. Anscheinend hast du einmal heftig
protestiert, als dein Vater ihn töten wollte?«
»Habe ich das?«, fragte Saban verwirrt, dann erinnerte er
sich wieder an die missglückte Opferung und an seinen unwillkürlichen
Aufschrei des Entsetzens. »Stimmt, das habe ich!«
»Deshalb hat Camaban Lengar davon überzeugt, dass es ihm
Unglück bringen würde, wenn er dich tötete. Stattdessen schlug er Sklaverei
vor, und für einen Mann von Lengars Denkweise ist Sklaverei schlimmer als Tod.
Aber du musstest mein Sklave werden, nicht der irgendeines
anderen Mannes, deshalb behauptete Camaban, die Götter hätten ihm in einem
Traum befohlen, dich mir zum Sklaven zu geben. Dein Bruder Camaban und ich
haben all dies sorgfältig geplant. Wir haben ganze Nächte lang zusammen
gesessen und diskutiert, wie man es einfädeln könnte.« Haragg blickte auf
Sabans Hand, wo die Narbe des fehlenden Fingers jetzt ein unebener, von
verknitterter Haut überspannter Wulst war. »Und es musste richtig gemacht
werden«, fuhr er fort, »sonst hätte Lengar niemals zugestimmt, und du wärst
jetzt trotzdem tot.« Er öffnete seinen Beutel und zog das kostbare Messer
daraus hervor, das Hengalls Geschenk an Saban gewesen war und mit dem Sabans
Finger abgehackt worden war. »Hier, nimm es!« Er händigte Saban auch das
Bernsteinamulett aus.
Saban hängte sich die Kette seiner Mutter um den Hals und
schob das Messer in seinen Gürtel. »Ich bin frei?«, fragte er kopfschüttelnd.
»Du bist frei«, bestätigte Haragg ernst, »und du kannst
gehen, wenn du möchtest; aber dein Bruder wollte, dass ich auf dich aufpasse
und für deine Sicherheit sorge, bis wir in Sarmennyn mit ihm zusammentreffen.
Er wusste keine andere Möglichkeit, dich am Leben zu erhalten, außer dich zur
Sklaverei zu verurteilen — aber er hat mir aufgetragen, dich zu beschützen, weil
er dich braucht.«
»Camaban braucht mich?«, fragte Saban, völlig durcheinander
von all dem, was Haragg mit so monotoner Stimme enthüllte. Saban sah seinen
Bruder in Gedanken noch immer als den verkrüppelten Stotterer vor sich, als ein
armseliges, bemitleidenswertes Geschöpf; dennoch war es der von allen
verachtete Camaban gewesen, der sein, Sabans, Überleben bewirkt hatte — indem
er den einschüchternden Haragg für seine Zwecke einspannte. »Wieso braucht
Camaban
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