Cromwell, Bernard
mich?«, wiederholte er.
»Weil dein Bruder dabei ist, etwas Wunderbares zu
vollbringen«, erwiderte Haragg, und zum allerersten Mal schwang Gefühl in
seiner Stimme mit, »eine fantastische Sache, die nur ein großer Mann tun kann.
Dein Bruder erschafft die Welt auf eine neue Art und Weise.«
Haragg hob den Ledervorhang vor dem Hütteneingang und
spähte hinaus, um zu sehen, dass Schnee in dichten Flocken vom Himmel fiel und
das Land unter einer dicken Decke begrub. »Jahrelang«, fuhr Haragg fort,
während er noch immer in das Gestöber hinausstarrte, »habe ich mit dieser Welt
und ihren Göttern gerungen. Ich habe versucht, für alles eine Erklärung zu
finden.« Er ließ den Vorhang wieder fallen und warf Saban einen Blick zu, der
fast an Trotz grenzte. »Er hat mir kein Vergnügen bereitet, dieser Kampf. Aber
dann bin ich deinem Bruder begegnet. Er kann es nicht wissen, dachte ich, er
ist einfach zu jung! Aber er wusste es doch. Er war auf der richtigen Spur und
hat das Muster gefunden.«
»Das Muster?«, fragte Saban verwirrt. »Er hat das Muster
gefunden«, wiederholte Haragg feierlich, »und alles wird neu sein, alles wird
gut sein, und alles wird verändert sein.«
8. KAPITEL
I n einer kalten Winternacht, als
die Erde so hart wie Eis war und die Bäume Raureif überzog, der in dem Licht
eines bleichen, dunstigen Mondes glitzerte, hinkte ein Mann aus dem Wald
nördlich von Cathallo und überquerte die brachliegenden Felder. Es war die
längste Nacht des Jahres, die tiefe Dunkelheit der Wintersonnenwende, und
keiner sah ihn kommen. Von den Hütten der Siedlung stiegen dünne Rauchkräusel
auf, während die Abendfeuer zu Glutasche herunterbrannten; die Hunde von
Cathallo schliefen, und die überwinternden Ochsen, Schafe, Ziegen und Schweine
waren sicher in den Ställen untergebracht, wo sie keine Fremden aufschrecken
konnten.
Wölfe hatten den Mann entdeckt, und in der hereinbrechenden
Dunkelheit des vergangenen Tages war ihm ein Dutzend grauer Bestien gefolgt,
ihre Zungen hechelnd, als sie um ihn herumsprangen; aber der Mann hatte sich
nur umgedreht und sie angebrüllt; da winselten die Wölfe jämmerlich, zogen die
Schwänze ein und waren dann zwischen den dunklen, in weißen Reif gehüllten
Bäumen entflohen. Der Mann war weitermarschiert. Jetzt, in den sternenhellen
Stunden vor Tagesanbruch, kam er zum Nordeingang des großen Heiligtums.
Die großen Steine innerhalb des hohen Erdwalls glitzerten
von Eisblumen. Als er im Tempeleingang stehen blieb, kam es ihm einen Moment
lang so vor, als schimmerte der große Ring aus Felsblöcken wie ein Kreis von
Tänzern, die ihr Gewicht von einem Fuß auf den anderen verlagerten. Die
tanzenden Steine. Er lächelte über die Vorstellung, dann eilte er über den
grasbewachsenen Boden zu Sannas' Hütte.
Vorsichtig zog er den Ledervorhang zurück, der vor dem
Eingang hing, sodass ein Schwall eisiger Luft ins Innere drang, der die Glut
des verlöschenden Feuers plötzlich wieder zum Aufleuchten brachte. Geduckt
schlich er hinein, ließ den Vorhang zurückfallen und blieb dann vollkommen
reglos stehen.
Sehen konnte er so gut wie nichts. Das Feuer bestand nur
noch aus glimmenden Kohlen in der Asche, und durch das kleine Rauchabzugsloch
im Dach fiel kein Mondlicht herein; deshalb hockte er sich einfach auf den
Boden und horchte angespannt, bis er die Atemgeräusche dreier Leute in der
Dunkelheit ausmachen konnte. Drei Schlafende.
Auf Händen und Knien kroch er durch die Hütte, bewegte
sich behutsam, damit er keinen Lärm machte, und als er die erste der
Schlafenden fand, eine junge Sklavin, presste er ihr eine Hand auf den Mund und
schnitt ihr mit seinem Messer die Kehle durch. Ihr Atem röchelte hart in ihrer
durchgeschnittenen Gurgel, und sie zuckte noch einige Sekunden lang, kippte
dann aber schließlich zur Seite. Das zweite Mädchen starb auf die gleiche Art
und Weise — dann gab der Mann jede Vorsicht auf und ging zu der Feuerstelle,
um in die glimmenden Kohlen zu blasen und das heruntergebrannte Feuer mit
Zunder aus getrockneten Bovisten und kleinen Zweigen neu zu entfachen, sodass
die Flammen wieder hell flackerten und die aufgehängten Schädel und Fledermausflügel,
die Kräuterbündel und Knochen sichtbar machten. Das frische Blut schimmerte
rot auf den Fellen und an den Händen des Mörders.
Auf der gegenüberliegenden Seite der Hütte regte sich die
letzte Schläferin. »Ist es schon Morgen?«, fragte sie mit ihrer uralten,
brüchigen
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