Cromwell, Bernard
bildhübsches Mädchen war,
dass einige Männer ihrem Vater ganze Viehherden für ihre Hand angeboten hatten;
ein Clanführer von jenseits des Meeres, ein Mann, dessen Händler Gold und
Bronze nach Sarmennyn brachten, hatte sogar angeboten, Aurennas Gewicht in Gold
aufzuwiegen, wenn sie sich nur nach seiner fernen Insel einschiffen würde.
Ihr Vater hatte jedoch alle Bewerber zurückgewiesen,
obwohl er die großzügige Bezahlung dringend benötigt hätte, besaß er doch weder
Rinder noch Schafe, weder Felder noch ein Boot. Er behaute den ganzen Tag
Stein. Er und seine Ehefrau und ihre Kinder bearbeiteten alle das dunkle
grünliche Gestein, das aus den Bergen kam, um Axtschneiden daraus herzustellen,
die die Kinder anschließend mit Sand polierten; dann pflegte ein Händler zu
kommen, die Äxte mitzunehmen und im Austausch dafür ein paar Nahrungsmittel
für Aurennas Familie dazulassen. Nur Aurenna hatte keinen Stein behauen oder
poliert. Ihre Eltern wollten es nicht zulassen, weil sie bezaubernd schön war
und ein örtlicher Priester prophezeit hatte, dass sie die Sonnenbraut werden
würde; so hatte ihre Familie sie wie einen Schatz gehütet, bis die Priester
kamen, um sie fortzubringen. Ihr Vater hatte geschluchzt und ihre Mutter sie
umarmt, als jener schicksalsträchtige Moment gekommen war. »Wenn du eine Göttin
bist«, flehte die Mutter, »kümmere dich um uns!«
Jetzt schritt die neue Sonnenbraut auf Kerevals Siedlung
zu, und die wartende Menschenmenge neigte die Stirn zu Boden, als die Priester
sie durch das mit Blüten geschmückte Tor geleiteten. Kereval lag gleich hinter
dem Eingang der Siedlung flach auf dem Boden ausgestreckt, und er rührte sich
nicht, bis Aurenna ihm die Erlaubnis erteilte, sich zu erheben — obwohl einer
der Priester ihr erst das Stichwort geben musste, denn sie verstand immer noch
nicht ganz, dass sie im Begriff war, eine Göttin zu werden. Kereval stand auf
und sah zu seiner großen Erleichterung, dass Aurenna tatsächlich alles das war,
was man von ihr berichtet hatte. Ihr Name bedeutete »die Goldene« in der
Sprache der Fremdländischen und passte zu ihrem hellen Haar, das glänzte wie
Gold. Sie besaß die weißeste, makelloseste Haut, die Kereval jemals gesehen
hatte, ein langes, schmales Gesicht, ruhige Augen und eine seltsame
Ausstrahlung von Macht. Sie war tatsächlich schön, und Kereval hätte sie gerne
in seinem eigenen Haushalt aufgenommen, aber das war unmöglich. Stattdessen
führte er sie zu der Hütte, wo die Ehefrauen des Priesters sie waschen, ihr
das lange goldblonde Haar kämmen und sie in die weiße wollene Hochzeitsrobe
kleiden würden.
»Sie ist schön«, sagte Camaban widerwillig zu Kereval.
»Sehr«, bestätigte Kereval, und er wagte zu hoffen, dass
der Sonnengott den Stamm für die Opferung einer Braut von solch himmlischem
Äußeren belohnen würde.
»Ausgesprochen ungewöhnlich«, murmelte Camaban, und
plötzlich wusste er, dass Aurenna Teil seines großen Plans werden musste. In
einer anderen Welt, in der die Leute krumm und durch Narben verunstaltet, zahnlos
und schmutzig waren, selbst wenn sie nicht schielten, hinkten und Warzen sie
bedeckten, war Aurenna eine makellose, erhabene und strahlend schöne
Erscheinung — Camaban begriff, dass ihre Opferung dieses Jahr zu einem ganz
besonderen Jahr für Slaol machen würde. »Aber was, wenn der Gott sie
zurückweist?«, fragte er.
Kereval berührte seine Lenden mit derselben Geste, die
auch Camabans Volk anwandte, um Unheil abzuwehren. »Das wird er nicht«,
erwiderte Kereval grimmig, aber in Wahrheit befürchtete er tatsächlich genau
solch eine Zurückweisung. In der Vergangenheit waren die Sonnenbräute ruhig und
gefasst in den Tod gegangen, um in einem blendenden Lichtschein gen Himmel zu
fahren; doch seit dem Verlust der Schätze hatten sich die Bräute alle erbittert
gesträubt. Die Letzte war die Schlimmste von allen gewesen, denn sie hatte wie
ein ungeschickt geschlachtetes Schwein geschrien. Sie hatte sich heftig
gewunden und erbärmlich geschluchzt, und ihre Schmerzensschreie waren
schlimmer, als das Heulen der Wölfe gewesen oder die Geräusche des ewig kalten
Meeres, das schmatzend an den dunklen Felsen des öden Sarmennyn saugte. Kereval
glaubte, dass die Art und Weise von Aurennas Tod ein Prüfstein für seine Weisheit
sein würde. Wenn der Gott den Handel mit Lengar billigte, dann würde Aurenna
rasch und klaglos sterben - aber wenn er dagegen war, dann stünde Aurenna ein
qualvoller
Weitere Kostenlose Bücher