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Cronin, Justin

Cronin, Justin

Titel: Cronin, Justin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Uebergang
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alles
starb; die lebendige Oberfläche der Welt war abgeschält und der felsige Kern
bloßgelegt. Wie ein Bühnenbild, dachte Wolgast, ein Bühnenbild für das Ende
aller Dinge und die Erinnerung an alle Dinge. Ziellos irrte er durch den
bröselnden weißen Staub und rief ihren Namen.
    Jetzt war er unter den Bäumen, im Wald, und die
Lodge lag in namenloser Entfernung hinter ihm. Er bezweifelte, dass er den Weg
zurück finden würde, aber das machte nichts. Es war vorbei, es war aus mit
ihm.
    Nicht einmal zum Weinen hatte er noch Kraft. Am
Ende, dachte er, kam es nur noch darauf an, sich einen Ort auszusuchen. Wenn
man Glück hatte, konnte man es noch.
    Er stand oberhalb des Flusses, unter dem Mond,
zwischen nackten, unbelaubten Bäumen. Er sank auf die Knie, lehnte sich an
einen Stamm und schloss die müden Augen. Etwas bewegte sich über ihm in den Ästen,
aber er nahm es nur verschwommen wahr. Raschelnde Gestalten in den Bäumen.
Etwas, wovon ihm einmal jemand erzählt hatte, vor langer, langer Zeit: Etwas,
das in den Bäumen unterwegs war. Sich an die Bedeutung dieser Worte zu
erinnern, erforderte jedoch eine Willenskraft, die er nicht mehr besaß; der
Gedanke verließ ihn, und er war allein.
    Ein neues Gefühl durchströmte ihn, kalt und
endgültig - wie ein Luftzug durch eine offene Tür im tiefsten Winter -, und
wehte weiter hinaus in den stillen Raum zwischen den Sternen. Wenn der Morgen
dämmerte, würde er nicht mehr da sein. Amy, dachte
er, als die Sterne herabregneten, überall und ringsumher, und er versuchte,
sich ganz mit diesem einen Namen zu füllen, mit dem Namen seiner Tochter, der
ihm hinaushalf aus seinem Leben.
    Amy, Amy, Amy.
     
    Teil III
     
    Die letzte Stadt
     
    2 n.V.
     
    Musik, wenn Stimmen sanft ersterben,
    klingt leise im Gedächtnis fort,
    der Duft der süßen Veilchen, die längst welk,
    lebt in den Sinnen, die er hat beflügelt.
     
    Die Rosenblätter, ist die Rose tot,
    streut man dem Liebsten noch zum Lager, gleich
den Gedanken dein: Denn bist du nicht
    mehr dort, so schlummert doch die Liebe endlos
fort.
    Percy Bysshe Shelley, »Musik,
wenn Stimmen sanft ersterben«
     
    ********** EVAKUIERUNGSBEFEHL
********** Oberkommando der US-Streitkräfte Östliche Quarantänezone,
Philadelphia PA
     
     
    Travis Cullen, kommissarischer General der Army
und Oberbefehlshaber der Östlichen Quarantänezone, und George Wilcox,
Bürgermeister der Stadt Philadelphia, ordnen Folgendes an:
     
    Sämtliche Kinder zwischen vier (4) und dreizehn
(13) Jahren, wohnhaft in den nicht infizierten, GRÜN MARKIERTEN Gebieten
(»Safe Zones«) Philadelphias und der drei Countys westlich des Delaware
(Montgomery, Delaware, Bucks), haben sich unverzüglich am AM-TRAK-Bahnhof 30th
Street zur Abreise einzufinden.
     
    Jedes Kind MUSS Folgendes mitführen:
    Geburtsurkunde, Sozialversicherungskarte oder
einen gültigen Pass der Vereinigten Staaten
    Einen Nachweis des Wohnsitzes, beispielsweise
eine Strom- oder Wasserrechnung, ausgestellt auf den Namen der Eltern oder des
gesetzlichen Vormunds, oder einen gültigen Flüchtlingsausweis
    Einen aktuellen Impfpass
    Ferner ist eine erwachsene Begleitperson
erforderlich, die bei der Evakuierung behilflich ist.
     
    Jedes Kind DARF mitführen:
    EIN Gepäckstück mit persönlichen Gegenständen,
nicht größer als 55 x 35 x 22 cm. KEINE VERDERBLICHEN LEBENSMITTEL. Essen und
Wasser werden im Zug verteilt.
    Wolldecke oder Schlafsack
     
    Die Mitnahme folgender Gegenstände in die Züge
oder zum Evakuierungssammelplatz ist VERBOTEN:
     
    Schusswaffen
    Messer oder Stichwaffen mit einer Klingenlänge
von mehr als
    3 Zoll
    Haustiere
     
    Eltern und Begleitpersonen
ist der Zutritt zum AMTRAK-Bahnhof30th Street untersagt.
    Personen, die störend in den
Evakuierungsprozess eingreifen, werden ERSCHOSSEN.
    Personen, die unbefugt
versuchen, sich Zutritt zu den Zügen zu verschaffen, werden ERSCHOSSEN.
     
    Gott schütze das Volk der
Vereinigten Staaten und die Stadt Philadelphia
     
    18
     
    Auszug aus dem Tagebuch der Ida Jaxon (»Das Buch
Auntie«) Vorgelegt auf der Dritten Internationalen Tagung zur Nordamerikanischen
Quarantäne-Periode
    Zentrum zur Erforschung menschlicher Kulturen
und Konflikte University of New South Wales, Indo-Australische Republik 16.-21.
April 1003 n.V.
     
    ... und es war das reine Chaos. So viele Jahre
sind vergangen, aber solch eine Tragödie vergisst man nie, die vielen Tausend
Leute, die sich voller Angst an die Zäune drängen, die Soldaten mit den

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