Cronin, Justin
das er mit sich herumtragen musste. Aber er würde tun, was
er immer tat. Er vergrub diese Information so tief in sich, wie es nur ging.
»Und«, sagte er, »wie baut man ein Funkgerät?«
Ein Funkgerät sei kein Problem, erklärte Elton.
Das Problem sei der Berg.
Ursprünglich war das Signal von einer Antenne
ausgestrahlt worden, die auf dem Gipfel des Berges stand. Ein fünf Kilometer
langes Kabel hatte sie mit dem Sender im Lichthaus verbunden. Nach dem Einen Gesetz
war alles demontiert und zerstört worden. Ohne die Antenne waren sie in
östlicher Richtung hoffnungslos abgeschnitten, und jedes Signal von Westen, das
sie vielleicht hätten empfangen können, ging unweigerlich in den
elektromagnetischen Interferenzen der Akkus unter.
Damit blieben zwei Möglichkeiten: Man bat den
Haushalt um Erlaubnis, auf dem Berg eine Antenne aufzustellen, oder man sagte
gar nichts und versuchte, das Signal irgendwie zu verstärken.
Letzten Endes war die Entscheidung klar. Michael
konnte nicht um Erlaubnis bitten, ohne zu erklären, warum er sie haben wollte,
und das hätte bedeutet, den Haushalt über den Zustand der Akkus in Kenntnis zu
setzen. Das aber kam schlichtweg nicht in Frage, denn dann würden es alle
erfahren, und wenn das passierte, wäre alles andere nicht mehr wichtig. Er war
nicht nur für die Akkus verantwortlich, sondern auch für den Leim der Hoffnung,
der alles hier zusammenhielt. Er konnte den Leuten einfach nicht sagen, dass
sie keine Chance mehr hatten. Ihm blieb nur eines übrig: Er musste jemanden da
draußen finden, der noch lebte, und er musste ihn per Funk finden, denn das
bedeutete, dass dieser Jemand Strom und damit auch Licht hatte. Vorher durfte
er zu niemandem ein Wort sagen. Und wenn er niemanden fände, wenn die Welt
wirklich leer wäre, dann würde sowieso passieren, was passieren würde. Dann war
es besser, wenn niemand es wusste.
Am selben Morgen machte er sich an die Arbeit.
Im Schuppen, zwischen Bergen von alten Kathodenstrahlröhren und CPUs und
Plasmamonitoren und Kisten mit Handys und Blu-rays, lag ein Oszilloskop sowie
ein alter Stereo-Empfänger - AM und FM, weiter nichts, aber den könnte er
aufbohren. Ein Kupferdraht im Kamin diente als Antenne. Die Eingeweide des
Empfängers montierte Michael zur Tarnung auf ein schlichtes CPU-Chassis. Der
Einzige, der bemerken würde, dass auf dem Steuerpult eine zusätzliche CPU
stand, wäre Gabe, und nach allem, was Sara ihm erzählt hatte, würde der arme
Kerl nicht mehr zurückkommen. Dann stöpselte Michael den Empfänger in den
Audio-Port der Kontrolltafel. Das Steuerungssystem für die Akkus enthielt ein
einfaches Medienwiedergabeprogramm, und nach einigem Gefummel hatte er den
Equalizer so eingestellt, dass er das Rauschen der Akkus herausfilterte. Sie
würden nicht senden können; er würde herausfinden müssen, wie man einen Sender
baute. Aber vorläufig und mit etwas Geduld würde er jedes anständige Signal,
das von Westen her kam, empfangen können.
Aber da war nichts.
Oh, zu hören gab es genug. Überraschend viel
sogar. Von Ultra-Niederfrequenzen bis zu Mikrowellen. Einsame Mobilfunksender,
gespeist von noch funktionierenden Solarzellen, Erdwärmekraftwerke, die immer
noch Saft ins Netz pumpten. Sogar zwei Satelliten, die noch im Orbit kreisten,
pflichtbewusst ihr kosmisches Hallo ausstrahlten und sich wahrscheinlich
fragten, wohin alles auf der Erde verschwunden war.
Eine verborgene Welt elektronischer Geräusche.
Und niemand, keine Menschenseele, war zu Hause.
Tag für Tag hockte Elton vor dem Funkgerät, den
Kopfhörer über die Ohren gestülpt, die blicklosen Augen in den Höhlen nach oben
verdreht. Michael isolierte ein Signal, nahm das Rauschen heraus und leitete es
an den Verstärker, wo es noch einmal gefiltert und dann auf die Kopfhörer
geschickt wurde. Nach einem Augenblick intensiver Konzentration nickte Elton
für gewöhnlich, strich sich versonnen über den von Krümeln bedeckten Bart und
verkündete dann mit seiner sanften Stimme: »Schwach und unregelmäßig.
Vielleicht ein alter Notrufsender.«
Oder: »Ein Bodensignal. Eine Mine vielleicht.«
Oder mit knappem Kopfschütteln: »Nichts. Machen
wir weiter.«
So saßen sie da, Tag und Nacht, Michael am
Monitor, Elton mit dem Kopfhörer auf den Ohren, und seine Gedanken schienen
sich in den übrig gebliebenen Signalen ihrer fast verschwundenen Spezies zu verlieren.
Wenn sie eins entdeckten, verzeichnete Michael es im Logbuch und notierte Zeit,
Frequenz
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