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Cronin, Justin

Cronin, Justin

Titel: Cronin, Justin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Uebergang
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dritt.
Keiner der beiden rührte ihn auch nur an. Carter sah sich langsam um: Zwei
Männer, die allein saßen, eine oder zwei Familien, eine Frau mit einem
halbwüchsigen Jungen, der auf einem Gameboy spielte. Alle waren weiß.
    Als sie an der Reihe waren, bestellte der Soldat
Kaffee.
    »Willst du noch was?«, fragte er Carter.
    Carter überlegte kurz. »Haben die Eistee hier?«
    »Haben Sie Eistee?«, fragte der Soldat das
Mädchen hinter der Theke.
    Sie zuckte die Achseln und kaute geräuschvoll
auf einem Kaugummi. »Nur heißen Tee.«
    Der Soldat sah Carter an, und der schüttelte den
Kopf.
    »Dann nur Kaffee.«
    Die Soldaten hießen Paulson und Davis. Sie
stellten sich vor, als sie wieder am Wagen waren. Der eine war aus Connecticut,
der andere aus New Mexico, aber das brachte Carter gleich durcheinander; es war
wohl auch ziemlich egal, denn er war weder da noch dort jemals gewesen. Davis
war der Rothaarige. Während der restlichen Fahrt ließen sie das kleine
Schiebefenster in der Trennwand offen, und die Ketten legten sie ihm nicht
wieder an. Sie waren in Colorado, wie er es vermutet hatte, aber immer, wenn
sie an einem Straßenschild vorüberkamen, befahlen sie ihm, die Augen zu
schließen, und dann lachten sie, als sei das superwitzig.
    Nach einer Weile verließen sie die Interstate
und fuhren auf einer schmalen Landstraße weiter, die sich in engen Kehren die
Berge hochschlängelte. Carter saß auf der vorderen Bank und konnte ein
bisschen von der vorüberziehenden Welt durch die Frontscheibe sehen. Steile
Schneehaufen türmten sich am Straßenrand. Carter sah keine einzige Ortschaft,
und nur ab und zu kam ihnen ein Auto entgegen: grelles Scheinwerferlicht und
aufspritzender Schneematsch beim Vorüberfahren. Er war noch nie in einer
Gegend gewesen, in der es so wenig Menschen gab. Auf der Uhr am Armaturenbrett
war es kurz nach sechs.
    »Kalt hier oben«, sagte Carter.
    Paulson saß am Steuer; der andere, Davis, las
ein Comic-Heft. »Kann man wohl sagen«, antwortete Paulson. »Kälter als Beth Popes
Rückenkorsett.«
    »Wer ist Beth Pope?«
    Paulson zuckte die Achseln und spähte über das
Lenkrad hinweg, »'n Mädchen, das ich auf der Highschool kannte. Sie hatte - wie
heißt das gleich - Skoliose.«
    Was das war, wusste Carter auch nicht. Aber
Paulson und Davis fanden es ziemlich komisch. Wenn der Job, den Wolgast für
ihn hatte, bedeutete, dass er mit diesen beiden zusammenarbeiten sollte, würde
er ihn mit Vergnügen übernehmen.
    »Ist das >Aquaman    Davis reichte ihm zwei Comic-Hefte von seinem
Stapel nach hinten, »League of Vengeance« und »X-Men«. Es war zu dunkel zum
Lesen, aber Carter machte es Spaß, sich die Bilder anzuschauen, und die erzählten
die Geschichte auch so. Dieser Wolverine von den X-Men war ein übler Finger;
Carter hatte ihn immer gemocht, aber er hatte auch ein bisschen Mitleid mit ihm
gehabt. Es konnte ja kein Vergnügen sein, dieses ganze Metall in seinen Knochen
zu haben, und dauernd passierte es, dass jemand, der ihm etwas bedeutete, starb
oder umgebracht wurde.
    Nach ungefähr einer Stunde hielt Paulson an. »Sorry,
Mann«, sagt er. »Wir müssen dich wieder anketten.«
    »Schon gut«, sagte Carter und nickte. »War ja
nett von Ihnen.«
    Davis stieg aus und kam nach hinten. Die Tür
ging auf, und ein Schwall kalte Luft schlug herein. Davis legte ihm die Ketten
an und steckte den Schlüssel ein.
    »Bequem so?«
    Carter nickte. »Wie lange fahren wir noch?«
    »Nicht mehr lange.«
    Sie fuhren weiter. Carter merkte, dass es
bergauf ging. Den Himmel konnte er nicht sehen, aber er vermutete, dass es bald
hell werden würde. Der Wagen bremste ab, um langsamer über eine lange Brücke
zu fahren, und Windstöße schüttelten ihn.
    Als sie auf der anderen Seite waren, schaute
Paulson ihn im Rückspiegel an. »Weißt du, du kommst mir irgendwie anders vor
als die andern«, sagte er. »Was hast du getan? Wenn ich fragen darf.«
    »Welche andern?«
    »Du weißt schon. Andere Typen wie du.
Sträflinge.« Er drehte sich zu Davis um. »Erinnerst du dich an diesen Babcock?«
Er schüttelte den Kopf und lachte. »Heilandssack, was für ein Irrer.« Er sah
wieder Carter an. »Er war nicht wie du, dieser Typ. Du bist anders, das spüre
ich.«
    »Ich bin kein Irrer«, sagte Carter. »Hat der
Richter gesagt.«
    »Aber du hast jemanden umgebracht, oder? Sonst
wärst du jetzt nicht hier.«
    Carter fragte sich, ob ein solches Gespräch zu
den Dingen gehörte, die er mitmachen

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