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Crossfire 1: Kontakt

Crossfire 1: Kontakt

Titel: Crossfire 1: Kontakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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eines Blickes zu würdigen.
    Dachte sie etwa, Shipley und er hätten zur gleichen Zeit
einen plötzlichen Drang verspürt, als wären sie beide
eine Art Blasenklone? Aber wer wusste schon, was Gail dachte. Und wen
kümmerte es.
    Jake kümmerte es. Er nahm Platz, zwang sich dazu,
interessiert dreinzublicken und ruhig zu bleiben. Normalerweise war
das leicht. Es war nicht der Planet, der ihn durcheinander brachte.
Es war Shipley.
    Gail hielt Shipley für einen reichen religiösen Spinner,
dessen Verrücktheit unerklärlicherweise mit einem
besonderen Geschick als Arzt einherging. Auch Jake hatte sich
bemüht, Shipley so zu sehen. Aber etwas an dem Mann
verstörte ihn. Er hatte eine besondere Fähigkeit der
Wahrnehmung, des Scharfsinns.
    »Haben Sie jemals geglaubt, die Lage wäre
hoffnungslos, und dann tat sich plötzlich vollkommen unerwartet
eine Tür auf und führte hinaus aus der Hoffnungslosigkeit?
Eine Tür, von der Sie fälschlicherweise angenommen hatten,
dass sie nur zu noch schlimmeren Katastrophen führen
würde?«
    Himmel, Shipley hatte natürlich nicht von ihm gesprochen!
Jake wusste das. Und trotzdem war er geschockt davongerauscht. Er
hätte nicht schuldbewusster wirken können. Er – Jake
– war ein richtiger Dummkopf.
    »Jake«, fragte Gail, »was hältst du
davon?«
    Ohne auch nur einen Augenblick zu stocken, erwiderte er: »Ich
denke, wir sollten erst mal die möglichen Folgen bedenken, ehe
wir in dieser Sache eine Entscheidung treffen.«
    Gail nickte, als hätte er gerade wirklich etwas gesagt.
Faisal bin Saud meinte: »Das ist es, was ich die ganze Zeit
sage. Wenn wir…« Jake klinkte sich wieder aus.
    Er schaute quer durch das Zelt zu Lucy Lasky. Von der Seite
betrachtet wirkte ihr zierliches Gesicht noch ernsthafter. Ihre
nackten, dünnen Unterarme erregten ihn. Lucy beugte sich kurz
vor. Ihr glänzend braunes Haar, das in einem Bogen zum fein
geschnittenen Kinn frisiert war, schwang ihr vors Gesicht und dann
wieder zurück. Sie nickte zu irgendetwas, was Gail gerade
energisch darlegte.
    Lucy, so formulierte Jake in Gedanken, es gibt da etwas,
das ich jemandem erzählen muss. Ich habe es seit fünfzehn
Jahren geheim gehalten, und es ist der Hauptgrund, warum wir
überhaupt hier auf Greentrees sind. Aber nun sind wir hier
– bin ich hier –, und der Drang, der mich in Bewegung
hielt, ist verschwunden. Ich habe den Schwung verloren, und das
Geheimnis droht mich zu zermalmen.
    »… Sechzehn Prozent mehr Energie aus der Wasserkraft,
wenn wir…«
    »… auf nur noch ein Millionstel, und
dann…«
    »… erfolgreich die geothermalen Energiequellen
angezapft, sodass wir…«
    Du weißt gewiss, wie es ist, am Abgrund der Angst
entlangzutaumeln. Du hast immer dort gelebt, Lucy, glaube ich.
Warum?
    »… Zuständigkeit sollte bei…«
    »… die Vorgehensweise, auf die wir uns vor der
Abstimmung…«
    »… die Aufteilung der Treibhausflächen
ist…«
    Lucy, ich habe etwas Abscheuliches getan. Und ich bin damit
durchgekommen. Spielt das jetzt überhaupt noch eine Rolle, nach
so langer Zeit, so weit von der Erde entfernt? Jeder, der damit zu
tun hatte, ist längst tot. Warum belastet es mich immer
noch?
    Er würde diese Worte niemals aussprechen. Nicht Jake Holman,
Jake der Erfolgreiche, Jake der Schmeichler.
    »Jake, stimmst du Faisal zu?«, fragte Gail.
    »Ich finde es gut, dass er das Thema angesprochen hat«,
erwiderte Jake. »Aber ich wüsste gern noch etwas mehr
über diesen letzten Einwand, ehe ich eine Entscheidung
treffe.«
    »Da hat er Recht«, sagte Todd. »Du hast wie immer
einen Blick fürs Wesentliche, Jake.«
     
    Drei Tage darauf, am späten Nachmittag, saß Jake an
seinem Computer und rief Daten aus der Schiffsbibliothek ab. Nur noch
wenig von der Ariel warin der Umlaufbahn zurückgeblieben
oder überhaupt noch als Schiff erkennbar. Nachdem alle Siedler
geweckt und heruntergebracht worden waren und auch die letzte
Ausrüstung, hatte das Ausschlachten begonnen. Alles lief wie
geplant, was allein schon bemerkenswert war. Große Teile der Ariel wurden zur Oberfläche gebracht, von Schubdüsen
gelenkt und an Fallschirmen schwebend. Diese Teile dienten nun als
hydroponische Becken, Genlabore, Krankenhäuser, als
Wasseraufbereitungsanlage und einem halben Dutzend anderer
Zwecke.
    Ein großes Stück des gewaltigen Schiffes blieb
allerdings in der Umlaufbahn. Es enthielt orbitale
Verteidigungssysteme, Sensoren und die Hauptbibliothek. Wenn erst mal
die Kommunikationssatelliten auf Position

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