Crossfire 1: Kontakt
integriert sind
und sich nicht herausnehmen lassen. Was sollten die Ranken mit Sitzen
anfangen? Und das Steuerpult liegt zu hoch für sie. Sie haben
eine Stufe davor gesetzt, und sie haben kleine Halterungen für
ihre Wägelchen eingebaut. Aber das sind beides
Veränderungen an der ursprünglichen Konfiguration, und sie
bestehen aus anderen Materialien.«
Das ganze Lager hörte ihm nun gebannt zu.
»Ein schleimiger Überzug bedeckt die ganzen
Innenwände, aber nicht die Steuerung. Ich habe natürlich
nicht den Antrieb gesehen, aber was ich von der Steuerung gesehen
habe… sie passt einfach nicht zu den Ranken.«
Eindringlich sagte George: »Karim, wie sahen die integrierten
Sitze aus?«
Karim beschrieb eine vage Form in der Luft.
»Was ich wissen will«, hakte George noch drängender
nach, »sahen sie so aus, als wären sie für
zweifüßige Wesen gemacht, von etwa unserer
Größe und mit Platz für einen dicken, kräftigen
Schwanz?«
Shipley verstand sofort, worauf George hinauswollte. Der Gedanke
machte ihn ein wenig benommen.
»Ja!«, bestätigte Karim. »Daran habe ich gar
nicht gedacht, aber diese Sitze passen perfekt zu den Pelzlingen.
Genau wie die Höhe des Steuerpults. Es ist ein Schiff für
Pelzlinge!«
»Vielmehr war es das«, merkte Ingrid an.
Shipley schaute zu Naomi. Seine Tochter stand reglos da, und er
fühlte ihren inneren Zwiespalt. Sie hatte stets Partei für
die Pelzlinge ergriffen. Und sie war fasziniert von den Ranken. Diese
beiden Spezies lagen im Krieg, und die Ranken mussten das Schiff der
Pelzlinge übernommen haben, auch wenn es nicht von den
Pelzlingen auf Greentrees gebaut worden war.
Nan schaute ihn direkt an und schnauzte, als wäre er an dem
interstellaren Krieg schuld: »Lass mich in Ruhe!«
Shipley rührte sich nicht, dafür aber nach einer Weile
Naomi. Sie stellte sich auf die andere Seite von George, der so damit
beschäftigt war, über die Ranken zu spekulieren, dass er
die Auseinandersetzung zwischen Vater und Tochter gar nicht
bemerkte.
»Wenn die Ranken uns die Wahrheit sagen«, sagte George,
»dann befinden sie sich mit den eigentlichen Pelzlingen schon
seit Jahrtausenden im Krieg. Die Zeitdilatation bei annähernd
Lichtgeschwindigkeit macht das möglich, nicht wahr, Karim? Vor
allem mit diesem Antrieb, den du erwähnt hast – wie
hieß er noch mal?«
»Der McAndrew-Antrieb«, antwortete Karim. »Ja, ein
solcher Antrieb ermöglicht ihnen extrem schnelle
Beschleunigungen und Bremswerte. Die Bordzeit wäre daher
vergleichsweise klein verglichen mit der Zeit, die auf ihren beiden
Heimatplaneten vergeht. Oder auf Greentrees.«
»Also benutzen die Ranken eine Technologie, die auf Biologie
basiert«, fuhr George fort, »während die Technologie
der Pelzlinge auf Physik beruht. Wie dieses Beiboot. Und wenn sie
miteinander im Krieg liegen…« Er wusste anscheinend nicht
weiter.
»Es gab niemals in der Geschichte einen Fall«, warf Lucy
ein, »in dem eine unterlegene Technologie auf Dauer eine
überlegene besiegt hätte.«
»Aber welche ist hier ›überlegen‹?«,
fragte Ingrid. »Biotechnologie oder Technologie auf
physikalischen Grundlagen? Wir wissen über beide nicht genug, um
das zu unterscheiden. Zumindest nicht über die Technologien, wie
diese Außerirdischen sie nutzen.«
Ruhig gab Shipley zu bedenken: »Es hängt auch davon ab,
wie man ›überlegen‹ und ›Sieg‹
definiert.«
Niemand hörte ihm zu.
Karim wollte etwas sagen, aber Ingrid übertönte sie:
»Die Ranken behaupten, sie hätten die Pelzlinge auf
Greentrees gemacht. Ich glaube, das meinen sie wörtlich.
Sie haben die verschiedenen Gruppen von Pelzlingen in den
unterschiedlichen Siedlungen erschaffen, und dann…«
Wütend warf Naomi ein: »Wie kann eine Art komplette
erwachsene Wesen einer anderen Art erschaffen, wenn beide Spezies
nicht mal auf dem gleichen Genzeugs beruhen?«
Ingrid ignorierte Naomi, den wissenschaftlichen Laien.
»… und dann haben die Ranken jede der drei Populationen auf
andere Weise verändert. Eine Population wurde desinteressiert
und wenig anpassungsfähig gemacht, eine andere dauerhaft
berauscht. Die Population im Cheyenne-Gebiet wurde… ich
weiß nicht, vielleicht…«
»Ein kontrollierter Versuch also«, stellte Lucy fest.
»Aber wozu?«
»Um eine biologische Waffe zu entwickeln«, sagte Jake,
»die die Pelzlinge auf ihrer Heimatwelt außer Gefecht
setzen soll.«
»Außerdem…«, setzte Karim an.
Naomi fiel ihm wütend ins Wort: »Das ist unsinnig!
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