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Crossfire 1: Kontakt

Crossfire 1: Kontakt

Titel: Crossfire 1: Kontakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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Warum
bringen sie die Pelzlinge auf ihrem Heimatplaneten nicht einfach
um?«
    Niemand antwortete zunächst. In das Schweigen hinein sagte
Shipley müde: »Weil sie nicht töten.«
    »Das sind keine verdammten Quäker!«, fuhr
seine Tochter ihn an. »Paps, lass doch endlich deine antiquierte
Religion aus dem Spiel!«
    »Nein«, widersprach Jake, »Dr. Shipley hat Recht.
Schaut euch die Fakten an. Wir versuchen, das Schiff der Ranken zu
sprengen. Sie versuchen nicht, es uns mit gleicher Münze
heimzuzahlen. Wir erschießen die erste Ranke, die sich aus dem
Beiboot wagt. Sie schießen nicht zurück.
Wir…«
    »Woher willst du wissen, dass sie überhaupt Waffen
haben?«, wollte Ingrid wissen.
    »Sie haben Waffen«, sagte Karim. »Außerdem
sind sie…«
    »Ich kenne keine Art, die nicht irgendwelche Maßnahmen
zum Selbstschutz kennt«, wandte George ein. »Und sei es
auch nur, dass sie davonlaufen. Natürlich gilt das nur für
Tierarten auf der Erde, und dazu zählen die Ranken nicht. Obwohl
die Schutzmechanismen von Pflanzen…«
    »Ich bin immer noch beunruhigt von dem Gedanken, dass die
Ranken eine komplette Kultur von Pelzlingen erschaffen können,
ohne…«, begann Ingrid.
    »Wollt ihr mir mal zuhören!«, rief Karim.
    Jeder starrte ihn an. Karim, der höfliche junge Araber und
jüngste Wissenschaftler, erhob sonst nie die Stimme. Jetzt sagte
er: »Ich versuche schon die ganze Zeit, es euch zu
erklären. Während meiner Besichtigung des Raumboots haben
die Ranken mich wissen lassen, dass sie morgen die Siedlungen der
Pelzlinge auf Greentrees aufsuchen wollen. Sie haben uns eingeladen,
sie zu begleiten: Ich glaube, sie erklären uns gern, was sie
hier auf Greentrees tun. Immerhin haben sie uns auch alles andere
erklärt, was wir wissen wollten.
    Wir müssen nur fragen.«
     
    Eine außerirdische pflanzenartige Kultur, die
Gewaltlosigkeit praktizierte.
    Das war es, was Shipley zu Jake gesagt hatte. Aber es war nicht
ganz richtig, oder? Wenn alles, was im Lager an diesem Abend
gemutmaßt worden war, den Tatsachen entsprach, so befand
Shipley, dann praktizierten die Ranken eine Art von Gewalt, die
ebenso furchtbar war wie die Erneuerung. Für die Erneuerung
wurden Gene manipuliert, um lebende »Ersatzteillager« zu
erschaffen. Die Ranken manipulierten Gene auf der Suche nach
Möglichkeiten, die Gehirne ihrer Feinde zu zerstören und
diese hilflos zu machen. Was für eine Art von Gewaltlosigkeit
sollte das sein?
    Shipley konnte nicht schlafen. Irgendwann zwischen Mitternacht und
Morgengrauen kroch er aus dem Zelt und ließ die anderen, die
nach Stunden aufgeregten Diskutierens tief schliefen, zurück.
Lucy Lasky stand Wache. Sie nickte ihm zu, stellte aber keine Fragen.
Er war dankbar dafür. Gail oder Ingrid hätten ihn
aufgefordert, wieder zu Bett zu gehen oder zumindest im Lager zu
bleiben oder sonst irgendwo, wo er nicht einmal im Schlaf der Unruhe
der anderen entkommen konnte. Geschwätz. Schnarchen. Laute
Albträume, von denen Shipley gar nichts Genaueres wissen
wollte.
    Er entfernte sich vom Lager und mied die Richtung zum fremden
Beiboot und zu dem kleinen Zelt, in dem Naomi und Gail lagen. Es war
nicht vollständig dunkel: Zwei Monde und eine prachtvolle
Sternenkuppel leuchteten am ungetrübten Nachthimmel, und immer
noch blitzte die Signallampe auf der Spitze des Turms, ein
Leuchtfeuer für alle Ranken, die vielleicht auf dem Mutterschiff
zurückgeblieben waren. Allerdings hatte Karim festgestellt, dass
dieses für ein interstellares Raumschiff sehr klein war,
zumindest das Mannschaftsmodul an der Stange über der Scheibe
aus extrem dichter Materie. Diese vier – jetzt drei –
Ranken waren vielleicht alle, die sich auf dem Schiff aufgehalten
hatten.
    Shipley wollte nicht darüber nachdenken, was Karim gesagt
hatte, was irgendwer von ihnen gesagt hatte. Er wollte Stille.
    Der violette Bodenbewuchs leuchtete im Mondlicht geisterhaft
silbern. Er war nicht von Felsbrocken oder umgestürzten
Baumstämmen durchbrochen. Shipley hatte einen aufklappbaren
Hocker mitgebracht. Er war so leicht, dass Shipley ihn ohne Mühe
tragen konnte, aber stabil genug, dass er unter seiner Masse nicht
zusammenbrach. Shipley klappte ihn auseinander und ließ sich
schwer darauf nieder, mit dem Rücken zum Lager. Etwas Kleines
huschte zwischen den Pflanzen vor ihm davon. Er kümmerte sich
nicht darum; seine Stiefel waren faktisch undurchdringlich. Der
angenehme nächtliche Duft von Greentrees umgab ihn.
    Wahrheit, Schlichtheit, Stille,

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