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Crossfire 1: Kontakt

Crossfire 1: Kontakt

Titel: Crossfire 1: Kontakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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Klon. – Doktor, entschuldigen Sie,«, sagte er auf Deutsch und
wechselte sofort wieder in die englische Sprache, »aber Sie sind
nicht mein Beichtvater. Als Kind war ich sehr gläubig –
Katholik –, aber das bin ich nicht mehr. Und Sie sind nicht kein
Geistlicher.«
    Das war sicherlich richtig. Shipley hatte diesen Spaziergang auch
eigentlich angeregt, um Franz zu helfen, mit seinen
Schuldgefühlen fertig zu werden. Dabei war er vom Thema
abgekommen. Aber die Vorstellung von einem jungen Franz Müller,
der sabberte und lächelte und dann auf einem OP-Tisch
abgeschlachtet wurde, um ihm das Herz, die Leber und alle anderen
Organe zu entnehmen, ließ Shipley erschaudern. Franz schien
dieser Gedanke allerdings weit weniger zu erschüttern.
    »Franz, als Arzt muss ich dir einige Fragen
stellen.«
    »Fragen Sie.«
    Shipley arbeitete eine sorgfältig zusammengestellte Liste ab,
die nicht nur Franz’ physischen Zustand zu Tage fördern
sollte, sondern auch seine emotionale Verfassung. Als er fertig war,
wusste Shipley nicht mehr als vorher. Franz schlief nicht gut, aber
wer tat das schon? Er fühlte sich unruhig, neigte zu
Stimmungsschwankungen, war unsicher, was die Zukunft betraf, und er
war den Ranken gegenüber misstrauisch. Aber er war anscheinend
nicht depressiv, wahnhaft, paranoid, manisch oder schizophren. Er war
einfach nur das gefühlskalte und verwirrte Resultat einer
gefühlskalten und verwirrten Epoche, vom Schicksal in eine Lage
gebracht, die selbst einen Buddha verwirrt hätte. Oder einen
George Fox, den echten.
    George Fox, der gegenwärtige, schien von allen Leuten im
Lager noch der am wenigsten Verwirrte zu sein. Am Nachmittag eilte er
herbei und zog eine scheppernde Ansammlung leerer Feldflaschen hinter
sich her wie Roboterhunde an ihren Leinen. »Karim! Wo ist Karim,
Doktor?«
    »Auf der Latrine, nehme ich an.«
    »Die Ranken haben zugestimmt, dass er ihr Boot
betritt!«
    Neben Shipley spannte sich Franz Müller an. »Ich gehe
auch.«
    »Nein«, sagte Jake.
    Im ersten Augenblick glaubte Shipley, Jake wollte Karim das
Betreten des außerirdischen Raumboots verbieten. Aber Jake
meinte nur Franz. »Keine Waffen an Bord des fremden Bootes oder
sonst wo in der Nähe der Ranken. Sie sind uns gegenüber
freundlich gesonnen, und wir wollen, dass es so bleibt.«
    »Mit allem Respekt, Mr Holman«, wandte Franz ein,
»sie wirken freundlich.«
    »Der Augenschein reicht im Moment. Keine Waffen.«
    »Ich kann mit, wenn ich die Waffen hier lasse?«
    Shipley sah Jakes Zögern, dann wandte sich dieser ihm zu.
»Doktor?«
    »Franz scheint mir nicht in irgendeiner Weise psychisch
instabil zu sein.« Allerdings war er ohne Zweifel
körperlich aufgerüstet, auf eine Weise, die Shipley nicht
näher bestimmen konnte. Gewiss konnte er auch ohne Waffe eine
Menge Schaden anrichten. Sag Nein, Jake.
    »Ja. Wenn Sie sämtliche Waffen hier lassen. Und wenn Sie
außerhalb des Bootes bleiben und Dr. Mahjoub von dort im Auge
behalten.«
    »Ja«, bestätigte Franz in seiner
Muttersprache.
    Shipley beobachtete, wie die beiden auf das Boot zugingen. Im
violetten Bodenbewuchs zeichnete sich bereits ein Pfad dorthin ab.
Hinter ihnen warf Lucy Lasky plötzlich ein: »Alles ist in
der Schwebe, nicht wahr? Als würden wir alle über…
über einem großen Schachbrett gebeugt dasitzen, ohne zu
wissen, welche Züge folgen.«
    Eher, als würden wir über einem Abgrund hängen. Shipley sprach es nicht laut aus. Er beobachtete die stetig
anwachsende Gruppe bei den Ranken, während sich Karim und Franz
zu George und Ingrid und Naomi gesellten. Er wünschte, er
könnte nur einen Augenblick lang die innere Ruhe finden: still
und friedlich.
    Nicht in der Schwebe, sondern ausgeglichen.
     
    Bei Sonnenuntergang zogen sich die Ranken wieder in ihr Beiboot
zurück, und Karim ließ die Bombe platzen: »Es ist
nicht ihres.«
    Im ersten Augenblick bekam niemand außer Shipley es mit.
George sprach weiterhin darüber, welche Eigenschaften er bei den
Bio-Armen beobachtet hatte, und Ingrid fiel ihm häufig ins Wort.
Shipley wandte sich Karim zu: »Was ist nicht ihres?«
    »Das Boot«, sagte Karim, und diesmal sprach er lauter.
»Das Boot gehört nicht den Ranken. Es ist nicht
ihres.«
    Jake drehte sich langsam um und starrte Karim an.
    »Wem gehört es dann?«, wollte Shipley wissen.
    Karim zuckte mit den Schultern. »Kann ich nicht sagen. Woher
soll ich das wissen? Aber das Innere ist nicht auf die Ranken
ausgelegt. Es gibt dort Sitze, die im Boden

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