Crossfire 2: Feuerprobe
wurde er durch die holperige Fahrt wieder
wachgerüttelt.
Die Nachtvögel sangen, unsichtbare Geschöpfe raschelten
unter der Pflanzendecke. Der eigentümliche süßliche
Nachtgeruch von Greentrees schwebte im milden Wind. Wolken zogen vor
den beiden kleinen Monden dahin. Und irgendwo in der Dunkelheit gab
es drei Außerirdische, die Rachegedanken in ihren
undurchschaubaren Herzen trugen. Sie folgten dem Wagen zu einem
Bündnis, das Jake nur als ruchlos empfinden konnte.
Gefährlich. Zerbrechlich. Und – zumindest was Jakes Seite
der Planungen betraf – ebenso skrupellos wie alles, was Julian
Martin jemals irgendwo getan haben mochte.
33. KAPITEL
EIN FLUSSBETT
IN DEN BERGEN
Alex war so erschöpft, dass sie kaum den Rucksack ablegen
konnte. Natalie und Lucy wirkten unberührt von den
Anstrengungen. Während des aufreibenden Marsches am Fluss
entlang hatten die beiden sich beständig unterhalten. Alex hatte
nach ein paar Kilometern kaum noch atmen können, geschweige denn
plaudern.
Sie waren über Felsen geklettert, durch flaches Wasser
gewatet, die Böschung hinaufgestiegen, wenn es unten nicht mehr
weiterging, und dann wieder nach unten, wenn der Wasserstand einen
Weg am Flusslauf freiließ. Alex war fünfzehn Jahre
älter als Lucy und mehr als zwanzig Jahre älter als
Natalie. Aber egal – sie hatten es bis zum Treffpunkt geschafft!
Sie waren da.
Ein neuer Tag, ein neues schlammiges Loch in der
Böschung.
Als der Geländewagen kam, hörte Alex ihn überhaupt
nicht. Sie war eingeschlafen und schlummerte so fest, dass Natalie
sie heftig rütteln musste, um sie wach zu kriegen.
»Alex! Alex, wachen Sie auf! Sie sind zurück – Ben
und Mr Holman! Sie leben noch!«
Es dauerte eine Weile, bis Alex wieder zu sich kam.
»Hat… Haben sie… den Behälter?«
»Sie haben ihn!« Jetzt sah Alex das Strahlen auf Natalie
Bernsteins verschmutztem Gesicht. Ihr reichte der kleine Erfolg, den
sie damit errungen hatten.
Alex reichte er nicht. Sie schleppte sich wieder mal das Flussufer
hinauf und grübelte über den weiteren verzweifelten Plan
nach.
»Jake! Alles in Ordnung mit dir?«
»Natürlich ist alles in Ordnung mit mir«,
antwortete er. »Steig ein!«
Er sah furchtbar aus. Unter dem ganzen Schmutz, verschmiert mit
dem Sabber, wirkte sein Gesicht wächsern, seine Wangenknochen
standen hervor wie gemeißelt. Die tief eingesunkenen Augen
zeigten einen fieberhaften Glanz. Er sah aus, als hielte ihn nur noch
sein schierer unbeugsamer Wille am Leben.
Sie beugte sich dichter zu ihm hinab. Er roch furchtbar, aber das
taten sie alle. »Du kannst so nicht weitermachen,
Jake.«
»Die wilden Pelzlinge haben sich uns angeschlossen.«
Im ersten Augenblick dachte Alex, er hätte Wahnvorstellungen.
Er hatte die Worte hastig hervorgestoßen und warf einen irren
Blick über die Schulter. Aber Ben Stoller bestätigte es:
»Es stimmt, Alex. Drei wilde Pelzlinge sind uns hierher gefolgt.
Mr Holman hat mit ihnen gesprochen.«
»Wie?«
Aber Jake wiederholte hektisch: »Steigt ein! Steigt
ein!« Natalie und Lucy sammelten schnell das Gepäck auf und
eilten herbei. Sie quetschen sich alle fünf in den Wagen, und
Ben fuhr los. Alex reckte den Hals und schaute nach hinten. Sie sah
keine Pelzlinge.
Ben erzählte ihnen während der Fahrt, was geschehen war.
Er wirkte mit einem Mal ganz gelassen und schien gar nicht mehr zu
befürchten, dass man sie aufspüren könnte. Alex teilte
diese Zuversicht nicht. Sie blickte ständig zum wolkenlosen
blauen Himmel empor. Aber dort war nichts zu sehen.
Die wilden Pelzlinge waren nun ihre Verbündeten.
Ihre Verbündeten wobei? Gegen zwei Feinde, von denen jeder
Einzelne ihnen technisch weit überlegen war. Niemand sagte, wie
sie den Kampf führen sollten, und Alex fragte nicht danach. Es
wäre nur eine weitere Frage gewesen, auf die es keine Antwort
gab.
Warum denken wir, dass es uns weiterhilft, wenn wir
irgendwelche »Abschiedsknospen« der Ranken zu einer
biologischen Substanz auf Greentrees bringen, die zudem noch tief
unter der Erde liegt?
Weil Jake und Lucy es so wollen!
Warum denken wir, dass uns die wilden Pelzlinge mit ihren
Speeren und geschmuggelten Laserpistolen helfen können?
Weil die Pelzlinge es so wollen!
Und warum denken wir, dass es gut für uns ist, wenn wir
mit Höchstgeschwindigkeit durch die leere Landschaft rasen und
alle Arten von Spuren hinterlassen?
Weil Ben inzwischen so hervorragend mit dem Geländewagen
umgehen kann!
Alex rieb sich mit den
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