Crossfire 2: Feuerprobe
Vorsitzende des Stadtrats von Mira
City und die Vorsitzende des Wissenschaftsrates. Letztere war
eigentlich Geologin, aber sie hatte sich geweigert, ihren Platz einem
der Physiker zu überlassen. Jeder von denen hätte für
einen Blick auf das Schiff von der Erde alles gegeben, und Alex hatte
gehört, dass es darüber zu einem Sturm im Reagenzglas
gekommen war. Aber sie kannte die Einzelheiten nicht.
»Ashraf«, flüsterte sie unmittelbar vor dem Start,
»haben Sie etwas von Lau-Wah gehört? Ich nicht.«
»Nein.« Ashraf lehnte sich im Sitz zurück und
schloss die Augen. Auf seinem Gesicht stand bereits vorsorgliche
Furcht: Er hatte einen schwachen Magen.
»Los geht’s!«, rief Alex.
»Sie hören sich an wie eine Zehnjährige.«
»Das war so ziemlich die erste gereizte Bemerkung, die ich je
von Ihnen zu hören bekommen habe. Willkommen bei den normalen
Menschen!«
Ashraf antwortete nicht, und der Shuttle hob ab.
Als sie auf die Feuerprobe zuflogen, verrenkte Alex den
Hals, um einen guten Blick zu erhaschen. Der Ratsvorsitzende, Michael
Lomax, drehte sich um und lächelte ihr zu. »Aufregend,
nicht wahr?«
»Wir müssen noch viel näher heran, bevor wir ein
Gefühl für die Größe des Raumschiffs
bekommen«, merkte Kate Arcola, die Geologin, an. »Hier
draußen gibt es keine Vergleichsmöglichkeiten.«
Alex nickte. Über das Sprechgerät war eine Stimme zu
hören: »Gesandtschaft aus Mira City, willkommen bei der Feuerprobe. Wir weisen Sie ein.«
Der Shuttle glitt in den Hangar des Raumschiffs. Alex konnte noch
immer nicht genau dessen Größe erfassen. Während der
Luftdruck im Hangar wiederhergestellt wurde, spähte sie durch
die Fenster des Shuttles hinaus. Kein anderes Schiff war zu sehen.
Gewiss verfügte die Feuerprobe doch über einen
eigenen Shuttle? Vielleicht war der Hangar zu klein für zwei
Fahrzeuge, und die Terraner hatten das eigene irgendwie entfernt.
Womöglich hatten sie es nach draußen gebracht und
außen an der Hülle angedockt.
»Luftdruck wiederhergestellt!«, verkündete die
Stimme über das Sprechgerät, und einer der Wachleute
öffnete die Luke des Shuttles. Als Alex nach draußen
stieg, war auch schon die Abordnung der Terraner durch das
gegenüberliegende Schott eingetreten und stand bereit.
Sie hätte mehr Wert auf ihre Kleidung legen sollen. Sie
hätten alle mehr Wert auf ihre Kleidung legen sollen.
Keiner von ihnen hatte daran gedacht: Es war in ihrer Generation
nicht üblich, allenfalls die Jüngeren kümmerten sich
um so etwas. Alex, Ashraf Shanti und Kate Arcola trugen die
üblichen hellen Stoffstreifen über den eng anliegenden
Untergewändern; bei Alex war es der übliche dezente und
bequeme kurze Sarong, diesmal grün-gelb gemustert. Ashrafs
Gewandknoten waren knubbelige und unbeholfen aussehende Beulen.
Michael Lomax, der recht beleibt war, trug einen Overall, so wie auch
die Sicherheitsleute und der Pilot. Wir sehen aus wie ein Haufen
Unkraut in einem ansonsten wohlgepflegten Garten, dachte
Alex.
Die Terraner hingegen sahen blendend aus. Wie schön sie
waren! Alle fünf, drei Männer und zwei Frauen, waren weit
über eins achtzig groß, muskulös, mit blassbrauner
reiner Haut und großen, seltsam funkelnden Augen. Genetisch
aufgewertet. Das mussten sie sein, sie alle. Sie trugen einheitliche
»Uniformen« – dieses Wort hatte Alex während
ihrer widerwillig besuchten Schulstunden vom Geschichtsprogramm
gelernt. Die Uniformen bestanden aus eng sitzenden schwarzen Hosen
und langen goldgesäumten Tuniken. Letztere waren an den
Schultern mit breiten, goldfarbenen Aufsätzen verziert, die
gleichermaßen überflüssig wie einschüchternd
wirkten. Alle fünf hatten die Haare zu kurzen,
ebenmäßigen Löckchen frisiert, die in den
unterschiedlichsten Farben wie Glas glitzerten.
Einer der Männer trat vor. Schwarzes Haar, verblüffend
grüne Augen, die funkelten wie bei einer Katze. Zielstrebig
wandte er sich an Ashraf Shanti, der wie die übrigen
»Greenies« mit offenem Mund dastand. Der Erdenmensch
vollführte eine eigenartige, elegante und irritierende Bewegung,
die Alex erst mit Verspätung als »Verbeugung«
erkannte.
»Willkommen an Bord«, sagte die schon wohl bekannte
tiefe Stimme. »Wir sind hocherfreut, Gäste auf Ihrem
Planeten sein zu dürfen. Ich bin Julian Cabot Martin vom
Bündnis des Dritten Lebens, Kommandant der Feuerprobe.«
Er richtete sich auf. Sein Blick glitt über sie alle hinweg
und übersah nichts. Ashraf nickte heftig. »Willkommen
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