Crossfire 2: Feuerprobe
auf
Greentrees.« Er nickte weiter und wusste offenbar nicht, was er
als Nächstes tun sollte.
Alex trat vor und nahm den Blumenstrauß aus Ashrafs
kraftlosen Händen. Sie hielt ihn Julian Martin entgegen.
»Die hier kommen aus Mira City«, sagte sie zaghaft.
»Ein kleiner Vorgeschmack dessen, was Sie dort unten erwartet.
Wir freuen uns über Ihre Ankunft.«
»So wie wir«, sagte Julian Martin, und zum ersten Mal
lächelte er.
5. KAPITEL
DAS SCHIFF DER RANKEN
Die Ranken vom nahe gelegenen Planeten brauchten keine
Unterstützung bei ihrem Andockmanöver an die Franz
Müller. Die Bauweise der beiden Schiffe war identisch, die
Mechanismen aufeinander abgestimmt. Karim und Lucy warteten auf der
anderen Seite der Luftschleuse des kurzen Ganges, der die beiden
Schiffe miteinander verband. Karim zupfte nervös an seinem
Raumanzug herum und fuhr mit dem Finger über die Versiegelung
des Helms.
»Vielleicht haben sie ein Übersetzer-Ei dabei«,
hoffte Lucy.
»Sie rechnen sicher mit Pelzlingen. Es kann also sein. Wenn
sie uns nicht einfach ausräuchern wollen«, sagte Karim.
Daran glaubten sie allerdings beide nicht. Die Ranken waren
Pazifisten.
Nein – die Ranken, denen sie bereits begegnet waren, waren
Pazifisten gewesen! Vor neununddreißig Jahren.
»Solange sie nicht auch das Beiboot mit den Pelzlingen
ausräuchern«, sagte Lucy. Da war sie wieder, ihre
Tapferkeit. Lucys beste Eigenschaft. Karim nahm sie bei der Hand.
Die Luftschleuse wurde geöffnet, und drei
kuppelüberwölbte Wägelchen rollten an Bord der Franz Müller und hielten abrupt an.
Karim war überrascht vom Mut der Ranken, bis er den
gekrümmten Stab bemerkte, der auf dem vordersten Wagen
angebracht war. Er war identisch mit dem, den er und Lucy bei ihren
Gefangenen verwendet hatten. Er baute ein Kraftfeld auf. (Aus was
für einer »Kraft«, das hätte er zu gerne
gewusst!) Auf einem Schiff der Pelzlinge hatten die Ranken vermutlich
auch Pelzlinge erwartet und sich entsprechend vorbereitet.
Stattdessen fanden sie zwei Menschen vor.
Ganz langsam hob Karim die leeren Hände mit den
Handflächen nach vorn und setzte sich aufs Deck. Lucy schloss
sich ihm an. Die Ranken zeigten keine Reaktion. Natürlich.
Auf den ersten Blick glichen sie Pflanzen, obwohl eine nähere
Betrachtung verriet, dass sie das nicht waren. Jede hatte einen
»Stamm«, der mit weichen, sich überlappenden und
rotbraunen Schuppen bedeckt war – »Zweige«, die Arme
oder Tentakel sein mochten, versehen mit flachen
»Blättern« –, und auf dem Boden der Wagen befand
sich ein dichter intelligenter Biofilm. Vielleicht war dieser
Biofilm intelligent, vielleicht wurde er auch nur von einem Organ
gesteuert, das anderswo zu finden war.
Eine Ranke, so hatte der Biologe George Fox auf Greentrees
erklärt, war weder eine Pflanze noch ein Tier noch eine
Bakterie, sondern eine Mischung aus den nicht auf DNA basierenden
Gegenstücken aller drei. Sie hatten die Vereinheitlichung der
Arten über jede irdische Anpassung hinaus vorangetrieben. Das
mochte sogar, so hatte George gesagt, der hauptsächliche Motor
ihrer evolutionären Entwicklung gewesen sein.
Die Ranken atmeten eine andere Atmosphäre, die sie unter den
festen, durchsichtigen Kuppeln ihrer Reisewägelchen erzeugten.
Alles, was sie taten, taten sie sehr langsam. Karim bereitete sich
auf eine längere Wartezeit vor. Er hielt immer noch Lucys Hand.
Ihre zierlichen Finger zitterten in den seinen.
»Wir sind Menschen«, sagte Karim und trennte jedes Wort
klar von dem anderen. Er wies auf sich selbst, dann auf Lucy.
»Wir sind Menschen.«
Und da war es, Allah sei Dank: ein Übersetzer-Ei, das auf dem
dritten Wagen angebracht war, der nun auf sie zurollte. Knapp einen
Meter vor ihnen hielt er an, vermutlich an der Grenze der
unsichtbaren Mauer. Das eiförmige Gerät hatte im Moment
natürlich nur die Pelzlingssprache gespeichert. Karim musste
genug deutliches, einfaches Englisch zur Verfügung zu stellen,
damit der Translator ihre Sprache lernen konnte. Aber vorher hatte er
noch etwas Wichtigeres zu tun.
Langsam hob er einen tragbaren Bildschirm mit einer vorbereiteten
Zeichnung darauf. Die Ranken, denen die Menschen zuvor begegnet
waren, schienen nicht zu reden, sondern auf chemischem Wege zu
kommunizieren. Dennoch waren sie anscheinend in der Lage gewesen,
andere Wesen zu hören und zu beobachten. »Das war
möglicherweise ein evolutionärer Vorteil«, hatte
George gemutmaßt. »Im Laufe ihrer Entwicklung muss es
Weitere Kostenlose Bücher