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Crossfire 2: Feuerprobe

Crossfire 2: Feuerprobe

Titel: Crossfire 2: Feuerprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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allmählich ihrer Blase
entgegenwuchs. Die Kontinente und Meere schälten sich immer
deutlicher heraus. Und dann, kurz vor dem Ende ihres Abstiegs, flogen
sie über einen einzigen Kontinent hinweg, der von Bergen und
violetter Vegetation bedeckt war.
    Aus der Vegetation wurden einzelne Bäume, aus den Bergen
unterscheidbare niedrige Gipfel und violette Almwiesen. Ansammlungen
von leuchtend hellen Farben wurden zu Blumen. Dünne
silberglänzende Strähnen entpuppten sich als wilde
Bergbäche. Bald ragten die Berge über ihnen auf und nicht
mehr unter ihnen, und dann waren sie sogar unterhalb der Bäume
und schließlich am Boden. Sie setzten so leicht auf wie eine
Frühjahrsbrise.
    Karim blinzelte die Tränen aus seinen Augen. Die Membran um
sie herum fiel in sich zusammen und blieb runzlig auf dem Boden
liegen wie ein geplatzter Luftballon. Karim trat von dem Schleim fort
und atmete tief durch.
    »Ich… ich habe ganz vergessen, wie süß die
Luft auf Greentrees ist«, stammelte er. »Oh,
Lucy…«
    »Ich weiß«, flüsterte sie. Man sah ihr an,
dass sie sich zusammenreißen musste. »Wo sind
wir?«
    »Ich habe keine Ahnung. Ich glaube, wir wandern am besten so
weit wie möglich bergab. Dann stoßen wir hoffentlich auf
einen Wasserlauf. Wenn die Blase uns in der Nähe von Mira
abgesetzt hat, gelangen wir so noch am ehesten zur Stadt.«
    »Und was ist mit der Blase?«
    Karim blickte auf das zähe, schleimige »Gewebe« auf
dem violetten Bodenbewuchs. »Ich weiß nicht. Sie wird
vermutlich tun, wofür auch immer sie geschaffen wurde.«
    Und das war offenbar, ihnen zu folgen. Als sie Halt machten, um
aus einem kleinen Bergbach zu trinken, sah Lucy den Schleim zwischen
dem kargen Pflanzenbewuchs hindurchrinnen. »Karim… Ich
glaube, es will herausfinden, wie die Lage hier auf Greentrees ist.
Ob noch immer die Menschen hier sind oder Ranken oder Pelzlinge oder
was auch immer. Es sammelt Informationen!«
    »Dann lass es das tun.«
    Sie brachte tatsächlich ein Lächeln zu Stande. »Als
wenn wir es daran hindern könnten.«
    Sie gingen weiter.
    »Halt, Karim!«, rief sie wenige Minuten später ganz
unvermittelt.
    »Musst du…«
    »Natürlich nicht. Ich habe seit Ewigkeiten nichts
gegessen. Ich habe Hunger. Da drüben wachsen wilde
Sonnenbeeren. Die sind für Menschen genießbar, wenn einem
der leichte Durchfall nichts ausmacht.«
    Im selben Augenblick, in dem Lucy das Wort »Hunger«
aussprach, merkte Karim wieder, wie leer sein eigener Magen war. Sie
rissen die violetten Beeren von den Sträuchern und stopften sie
in sich hinein. Dann bestand Lucy darauf, dass sie sich Blätter
suchten, die groß genug waren, um die Genitalien zu
bedecken.
    »Lucy, es ist schon spät am Nachmittag«,
widersprach Karim. »Wir müssen vor Einbruch der Dunkelheit
entweder auf Menschen treffen oder zumindest einen Unterschlupf
finden.«
    »Ich werde nicht nackt zu irgendwelchen fremden Menschen
gehen.«
    Er gab nach. Recht schnell und geschickt fertigte Lucy
provisorische »Unterwäsche« für sie beide. Das
Laub wärmte sie nicht im Geringsten, aber solange die Sonne
schien, brauchten sie auch keinen Schutz vor Kälte. Dank einer
geringen Achsenneigung herrschte beinahe überall auf Greentrees
ein tropisches Klima.
    Und es war so schön. Er hatte gar nicht mehr gewusst, wie
schön es auf Greentrees war. Nicht einmal das Paradies selbst
konnte diesen Ort übertreffen.
    »Lucy, komm schon!«
    »Ich komme… o mein Gott, Karim, die Beeren!«
    Er fühlte es auch, in einem plötzlichen Anfall, der ihm
förmlich die Eingeweide zerriss. Sie hasteten hinter zwei
Büsche. Als der Durchfall abgeklungen war, fühlte sich
Karim geschwächt und benommen.
    Ein wundervoller Planet, aber er – Karim – war nun mal
ein Kind der Zivilisation.
    »Karim«, sagte Lucy mit zitternder Stimme.
»Sch-schau!«
    Sie stand an der oberen Kante eines steilen Abhangs. Karim trat an
ihre Seite. Unter ihnen lag der Fluss und schimmerte in der
Nachmittagssonne. Daneben waren überall Zelte errichtet, und
zwischen ihnen standen große Ausrüstungsgegenstände.
Drei hohe Metallstäbe ragten aus dem Boden, und von ihren
Spitzen verliefen Kabel zum nächstgelegenen Zelt.
    »Eine Forschungsstation«, stellte Karim fest.
»Gerade rechtzeitig. Wir…«
    Die Krieger sprangen aus den Büschen.
    Einen entsetzten Augenblick lang konnte Karim nicht fassen, was er
da sah. Er hatte mit Wissenschaftlern gerechnet, mit
Threadmore-Overalls, tragbaren Computern, haltbaren Lebensmitteln

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