Crossfire. Offenbarung: Band 2 Roman (German Edition)
direkt vor mir stand, schien er meilenweit entfernt zu sein. »Ich verstehe, dass du Zeit benötigst, bevor du schmerzliche Geheimnisse mit mir teilen kannst. Ich war selbst an dem Punkt, an dem du jetzt bist, wo man weiß, dass man über die Dinge, die einem zugefügt worden sind, reden muss, aber es einfach noch nicht kann. Aus diesem Grund hab ich dich auch nie gedrängt oder genötigt, etwas zu erzählen. Dieses Geheimnis hier jedoch verletzt mich, und das ist etwas anderes. Verstehst du das nicht?«
Mit einem leisen Fluch nahm er mein Gesicht in seine kalten Hände. »Ich mache doch schon Zugeständnisse, zu denen ich sonst nie bereit wäre, damit du keinen Grund zur Eifersucht hast. Wenn du trotzdem die Krallen ausfährst, um deinen Besitz zu verteidigen, dann gefällt mir das sogar. Ich möchte, dass du um mich kämpfst. Ich möchte, dass ich dir so viel bedeute. Ich möchte, dass du verrückt nach mir bist. Aber ohne Vertrauen wird dieses Besitzdenken zur Hölle. Wenn du mir nicht vertraust, macht alles keinen Sinn.«
»Vertrauen ist keine Einbahnstraße, Gideon.«
Er atmete scharf ein. »Scheiße! Sieh mich nicht auf diese Weise an.«
»Ich begreife einfach nicht, wer du bist. Wo ist der Mann, der kein Blatt vor den Mund nahm und offen aussprach, dass er mich vögeln wolle? Der Mann, der mir ohne Zögern sagte, dass ich ihn süchtig mache, obwohl ich gerade dabei war, ihm den Laufpass zu geben? Ich war überzeugt davon, du würdest stets so rückhaltlos ehrlich zu mir sein. Ich vertraute darauf. Und jetzt …« Ich schüttelte stumm den Kopf, da sich mir der Hals zuschnürte.
Seine Lippen bildeten einen grimmigen Strich. Starrköpfig hielt er sie weiter zusammengepresst.
Ich packte seine Handgelenke und zog seine Hände von meinem Gesicht. Es zerriss mich innerlich. Ich spürte den Bruch. »Diesmal laufe ich nicht weg, aber du kannst mich von dir stoßen. Vielleicht denkst du darüber mal nach.«
Ich ging. Gideon hielt mich nicht auf.
Den Rest des Nachmittags konzentrierte ich mich ganz auf meine Arbeit. Mark liebte es, seine ersten Ideen laut auszusprechen, wodurch ich wahnsinnig viel lernte, ebenso wie durch seine herzliche und selbstsichere Art im Umgang mit Kunden. Ich beobachtete ihn bei zwei Kundenterminen, die er beide mit einer gelassenen Souveränität meisterte, wodurch es ihm gelang, Vertrauen zu schaffen, ohne jemals dominant zu wirken.
Dann machten wir uns an die Bedarfsanalyse einer Firma für Babygeschenkartikel. Ein besonderes Augenmerk richteten wir dabei auf ihre wenig erfolgreichen Kampagnen sowie auf bislang nicht genutzte Optionen wie zum Beispiel Werbeanzeigen in Blogs für junge Mütter. Ich war froh darüber, dass mein Job mir eine Ablenkung von meinem Privatleben bot, und ich freute mich schon auf meinen Krav-Maga-Kurs, bei dem ich am Abend sicher etwas von meiner nervösen Anspannung ausschwitzen würde.
Kurz nach vier klingelte mein Bürotelefon. Ich meldete mich voller Elan und erschrak beim Klang von Gideons Stimme.
»Wir sollten um fünf los«, sagte er, »damit wir pünktlich bei Dr. Petersen sind.«
»Oh.« Ich hatte vergessen, dass donnerstags um achtzehn Uhr der Termin für unsere Paarberatung war. Wir besuchten sie heute zum ersten Mal.
Prompt fragte ich mich, ob es auch das letzte Mal sein würde.
»Ich komme dich abholen«, fuhr er kurz angebunden fort. »Rechtzeitig.«
Ich seufzte, da mir überhaupt nicht nach einem Therapiegespräch war. Unser Streit am Mittag hatte mich auch so schon aufgewühlt und gereizt. »Entschuldige, dass ich dich geschlagen habe. Das hätte ich nicht tun sollen. Es tut mir wirklich leid.«
»Mein Engel.« Gideon atmete hörbar aus. »Die einzige Frage, auf die es ankommt, hast du überhaupt nicht gestellt.«
Ich schloss die Augen. Es war irritierend, wie gut er meine Gedanken lesen konnte. »Egal, das ändert nichts an der Tatsache, dass du Geheimnisse vor mir hast.«
»Geheimnisse sind eine Hürde, die wir überwinden können. Betrügen wäre das Ende.«
Ich massierte meine schmerzende Stirn. »Da hast du recht.«
»Es gibt nur dich, Eva.« Seine Stimme klang hart und schroff.
Die Angriffslust in seinem Ton jagte mir einen eisigen Schauer über den Rücken. Er war noch immer wütend darüber, dass ich ihm misstraute. Und wenn schon – mein Zorn auf ihn war auch noch nicht verraucht. »Also um fünf.«
Er kam pünktlich wie immer. Während ich meinen Computer herunterfuhr und meine Sachen zusammenpackte, erkundigte er
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