Cruel World
begreifen konnte, was an dem, was ich gerade vorgeschlagen hatte, so lustig sein soll.
Gleich darauf jedoch fiel mir auf, dass es ein trockenes Lachen war. Er tat es aus Empörung.
Chalina, wenn ich es wollte, dann hätte ich meine Eltern schon längst um Hilfe gebeten.
Warum willst du es nicht? Dein Vater hat doch bestimmt schon genug Erfahrung im Regieren, oder etwa nicht?
Schon, aber... er würde nicht stolz auf mich sein.
Du sprichst so, als ob du nicht viel von ihm halten würdest. stellte ich verwirrt fest, woraufhin er kurz die Lippen aufeinanderpresste.
Er war nie wirklich ein guter Vater.
Sein Blick richtete sich in die Ferne und wenige Sekunden später war er verschwunden, sodass ich ganz alleine halbnackt in dieser Höhle zurückblieb.
Kapitel 25
Aaran verlangte zuerst von mir, dass ich mit ihm in das Regierungsgebäude komme, was ich jedoch verweigerte. Anstatt auf mich zu hören, hatte er einfach gepackt und hineingezogen, doch ich dachte gar nicht daran, sein Zimmer zu betreten und mir immer wieder Kelly in seinem Bett vorstellen zu müssen. Als er nicht nachgab, hatte ich ihm genau das an den Kopf geworfen, ehe ich gegangen bin. Er hat mich einfach gehen lassen, ohne irgendein weiteres Wort zu sagen.Es war überraschend gewesen und gleichzeitig hatte es gut getan, von ihm wegzukommen.
Der Sex vor zwei Tagen war für mich momentan bedeutungslos, genauso wie die Tatsache, dass ich nun mutterseelenallein auf einer alten Holzbank vor einer ehemaligen Bushaltestelle saß, die sich am Rande der Mystic-Street befand. Dies war die Straße gewesen, in der ich jeden Morgen zur Schule gegangen bin. Das große, breite, gelbe Gebäude, dessen zwei hohe Türme die Klassenzimmer der Hexen gewesen sind, weil sie von dort oben am besten das Fliegen auf ihren Besen lernen konnten, stach mir gerade besonders ins Auge. Es war die bis vor elf Monaten noch die weltberühmte Soullight-Academy gewesen, die teuerste Privatschule für nichtmenschliche Wesen. Dort hatte es eine erstklassige Mensa gegeben, einen großen Pausenhof mit allem, was ein Kind sich wünschen konnte und am liebsten hatte ich unsere Lehrer und Lehrerinnen gehabt. Sie waren immer freundlich, hilfsbereit und neutral zu allem gewesen. Früher befand sich eine große, uralte Mauer um die Schule herum, die heute aber nicht mehr bestand.
Ich wusste nur, dass meine ehemalige Klasse (die Klasse der Unsterblichen) am Leben war. Sie glaubten, im Wald sicher zu sein. Vielleicht hatten alle anderen irgendeinen anderen Unterschlupf gefunden oder sie waren gar nicht mehr am Leben. Allein der Gedanke ließ mich traurig werden. Meinen Flammenwerfer hatte ich zuerst auf den Boden gestellt, bis mir dann eingefallen ist, dass er einfrieren könnte. Jetzt hielt ich ihn bibbernd in den Händen. Es schneite oder regnete zwar nicht, aber die Luft war trotzdem eiskalt und ich bekam so langsam das Gefühl, dass meine Haare abbrechen könnten, weil sie so hart wie Eiszapfen geworden waren. Ich hoffte bloß, dass in der heutigen Nacht kein Angriff auf mich stattfinden würde, denn ich war mir sicher, dass ich in diesem Zustand nicht kämpfen konnte. Es wäre ein Wunder, wenn ich die heutige Nacht überhaupt überlebe.
Grimmig steckte ich meinen Dolch in meine Hosentasche und als mir klar wurde, dass sich meine Augen an diese Dunkelheit hier nicht ganz gewöhnen würden, da beschloss ich meine Taschenlampe zu benutzen und mich auf die Suche nach einem sicheren Unterschlupf für diese Nacht zu machen. Eigentlich bräuchte ich mir doch keine Sorgen machen. Soo-Jung und Chiron-Lee beobachteten mich schließlich. Oder? Ich hatte noch nie irgendein Anzeichen von ihren wahrgenommen. Sie waren also ziemlich gute Spione. Haben die beiden von Aarans Geheimnis gewusst? Hatte dieser ihnen verboten, mir davon zu erzählen? Vielleicht sollte ich sie jetzt zu mir rufen. Würden sie sich zeigen oder einfach nur auf den Dächern bleiben, um ihre Aufgabe zu erfüllen?
Seufzend blieb ich mitten auf der Straße stehen. Der Wind wirbelte mal wieder meine Haare in alle Richtungen. Gerade, als ich meine Kapuze aufsetzen wollte, musste ich auch schon innehalten. Etwas Merkwürdiges lag in der Luft. Es war ausnahmsweise einmal nicht der Tod oder irgendeine andere Gefahr. Ich hatte das Gefühl, dass ich auf jemanden warten will, doch ich wüsste nicht, wer mich gleich auffinden sollte. Aaran konnte es bestimmt nicht sein, genauso wenig wie Teresha oder mein Clan. Jack war sicherlich wahnsinnig wütend auf
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