Crush Gier
hatte. Damit hatte er ganz entspannt und unbeteiligt, sogar leicht gelangweilt gewirkt, so als wäre ihm der Ausgang des Verfahrens egal.
Oberflächlich hatte sein Lächeln milde ausgesehen, doch sie hatte die darunter liegende tiefe Bosheit zu erkennen geglaubt. Sie konnte sich vorstellen, dass er dieses hämische Lächeln auch zeigte, wenn seine Opfer ihren letzten Atemzug taten. Und das Wissen, dass er sie aus der Fassung gebracht hatte, würde genau dieses Lächeln hervorbringen.
»Dein Kleid hat mir gefallen«, sagte er. »Sehr vorteilhaft. Ich glaube kaum, dass irgendwer Notiz von der Braut genommen hat, so wie die Seide deinen Körper umschmeichelt hat.«
Sie zu verfolgen musste für ihn ein Leichtes sein. SchlieÃlich hatte er eine komplizierte Alarmanlage ausgeschaltet und den
Banker in dessen eigenem Haus erwürgt, während Frau und Kinder im ersten Stock geschlafen hatten.
»Warum beobachten Sie mich?«
Er lachte leise. »Weil du so gut zu beobachten bist. Während dieser öden Gerichtsverhandlung habe ich mich jeden Morgen darauf gefreut, dich zu sehen, und jeden Abend habe ich bedauert, dass ich dich nicht länger sehen darf. Du warst der einzige Lichtblick in diesem Gerichtssaal, Rennie. Ich konnte einfach nicht genug von dir kriegen. Und tu nicht so, als hättest du meine Blicke nicht bemerkt. Ich weiÃ, dass dir jeder Blick unter die Haut gegangen ist.«
O ja, sie hatte genau gespürt, wie er sie beobachtet hatte, und nicht nur während der Verhandlung. Auch in den letzten Tagen hatte sie seine Anwesenheit geahnt. Vielleicht bildete sie sich das nur ein, weil sie wusste, dass er in ihrem Haus gewesen war, doch manchmal spürte sie die forschenden Blicke so deutlich, dass sie sich unmöglich täuschen konnte. Seit dem Tag, an dem sie die Rosen bekommen hatte, hatte sie sich in ihrem Haus nicht mehr unbeobachtet gefühlt. Als hätte irgendwer sie ständig im Blick.
Wie zum Beispiel jetzt.
Sie schaltete das Licht aus und huschte vom Bett ans Fenster. Vorhin hatte sie beschlossen, die Jalousien offen zu lassen, weil sie geglaubt hatte, dass sie es mitbekommen wollte, falls Lozada sie beobachtete. Sie wollte ihn ebenfalls sehen.
Ob er wohl jetzt da drauÃen stand und durchs Fenster hereinsah? Sie fühlte sich nackt und spürte, wie eine Gänsehaut ihre Arme überzog, doch sie zwang sich, am Fenster stehen zu bleiben und die dunklen Nachbarhäuser und die tiefen Schatten ihres Gartens abzusuchen, der ihr in letzter Zeit immer unheimlicher vorkam.
»Auf Ihre unverschämten Blicke während der Verhandlung hätte ich liebend gern verzichtet.«
»Oh, das glaube ich nicht, Rennie. Du willst es nur nicht zugeben. Trotzdem.«
»Hören Sie mir gut zu, Mr. Lozada, und merken Sie sich genau, was ich Ihnen jetzt sage«, fuhr sie ihn wütend an. »Ich kann es nicht ausstehen, angestarrt zu werden. Und diese Anrufe kann ich noch viel weniger ausstehen. Ich möchte nie wieder mit Ihnen zu tun haben. Und wenn ich Sie dabei erwische, dass Sie mir nachsteigen, wird Sie das verdammt teuer zu stehen kommen.«
»Rennie, Rennie, du solltest mir dankbar sein.«
Sie schluckte schwer. »Dankbar wofür?«
Nach einer bedeutungsvollen Pause antwortete er: »Für die Rosen natürlich.«
»Auf die hätte ich auch gern verzichtet.«
»Hast du geglaubt, ich würde mich nicht revanchieren, wenn mir jemand einen Gefallen erweist? Vor allem, wenn du ihn mir erwiesen hast?«
»Ich habe Ihnen keinen Gefallen getan.«
»Ach, mach dir nichts vor, Rennie. Ich weià mehr, als du glaubst. Ich weià fast alles über dich.«
Das lieà sie zögern. Wie viel wusste er wirklich? Obwohl sie wusste, dass sie ihm damit in die Hand spielte, konnte sie nicht anders als fragen. »Was zum Beispiel?«
»Ich weiÃ, dass du ein Blumenparfüm trägst. Und dass du immer ein Taschentuch in der Handtasche hast. Du schlägst meistens das rechte Bein über das linke. Ich weià sogar, dass deine Brustwarzen empfindlich auf kalte Luft reagieren.«
Sie drückte die Aus-Taste und schleuderte das Telefon quer durchs Zimmer. Es landete auf ihrem Bett. Beide Hände vors Gesicht geschlagen, marschierte sie in ihrem Schlafzimmer auf und ab und atmete dabei tief durch den Mund ein, um die aus ihrem Bauch aufsteigende Ãbelkeit zu bekämpfen.
Sie durfte sich von diesem Irren
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