Crusie, Jennifer - Der Cinderella-Deal
»Oh.«
»Ich habe jeden Sommer bei ihm verbracht, und er hat versucht, ein ordentliches und braves Mädchen aus mir zu machen, damit er sich nicht für mich schämen musste. Als ich sechzehn wurde, bin ich nicht mehr zu ihm gefahren. Darum habe ich ihn seitdem nicht mehr oft gesehen.«
»Oh.« Das hörte sich übel an, sehr übel. Linc wollte wirklich nicht darüber reden. »Hat deine Mom irgendwann wieder geheiratet?«
»Nein.« Daisy angelte mit solch vollendeter Unbekümmertheit eine Gurke von ihrem Sandwich, dass Linc klar war, wie sehr es sie mitnahm. »Sie wartet, dass mein Vater wiederkommt.«
»Was?«
»Ich weiß.« Sie knabberte an der Gurke. »Sogar als kleines Kind war mir klar, dass das nicht passieren würde. Aber sie glaubt noch immer, dass er zurückkehrt. Sie sieht einfach nicht die Realität.«
Es ist also genetisch bedingt, dachte Linc. Aber laut sagte er nur: »Sie muss ihn sehr geliebt haben.«
Nachdenklich sah Daisy ihn an. »Ich weiß nicht. Es war sehr romantisch, wie sie sich kennengelernt haben. Er sah sie hinter dem Tresen des Blumenladens, in dem sie arbeitete, fegte sie von den Füßen und hinein in seine Limousine, und wahrscheinlich waren sie für eine Weile wirklich verrückt nacheinander. Aber dann hat sich der verrückte Teil für ihn abgenutzt, und als er genau hinsah, was er da geheiratet hatte, gefiel es ihm nicht mehr.« Daisy hob die Schultern. »Er ist ein sehr konservativer Mensch. Sehr genau, sehr ernsthaft.« Ihre Blicke trafen sich. »Wie du.« Linc wusste nicht, was er sagen sollte, aber sie redete weiter. »Und meine Mutter ist irgendwie… naiv und unbekümmert. Vermutlich hat sie nie begriffen, dass sie nicht das war, was er wollte. Ich meine, ihrer Ansicht nach machte sie alles richtig, war seine gute kleine Frau. Aber er wollte jemand Gebildeteres. Also fand er diesen Jemand und ging.«
»Autsch.«
»Genau.« Daisy seufzte. »Aber sie denkt noch immer, er hätte nur einen Fehler gemacht und früher oder später würde ihm einfallen, dass sie seine wahre Liebe ist.« Sie zuckte mit den Achseln.
»Früher oder später? Wie lang ist es her?«
»Dreiunddreißig Jahre.«
»Das ist doch irre«, platzte Linc heraus und zuckte zusammen. »Entschuldige, ich wollte nicht…«
»Ich glaube nicht, dass sie tatsächlich irre ist«, antwortete Daisy. »Sie lebt nur irgendwie in ihrer eigenen Welt. Es ist ein Verdrängungsmechanismus.« Als sie seinen Blick auffing, erriet sie seine Gedanken. »Ich lebe nicht in einer Traumwelt und kann sehr wohl zwischen Fantasie und Realität unterscheiden.«
»Gut. Versuch, dich dieses Wochenende auf die Realität zu konzentrieren und deine Rolle zu spielen. Wie soll ich deine Mutter nennen?«
»Pansy.«
»Warum?«, fragte Linc entsetzt.
»Weil das ihr Name ist.«
Zweifelnd schüttelte Linc den Kopf. »Wie das Stiefmütterchen? Na gut. Deine Mom heißt also Pansy. Wie ist sie so?«
Daisy dachte an ihre Mutter. Was konnte sie über sie erzählen? »Sie ist klein«, sagte sie schließlich. »Ganz anders als ich. Blond. Hübsch. Aus den Südstaaten. Wegen so eines Rings würde sie ausflippen.« Mit zusammengekniffenen Augen sah sie ihn an. »Für dich würde sie auch ausflippen. Der große, dunkelhaarige Yankee, der ihre kleine Magnolie stiehlt. Ganz wie Rhett Butler.«
Gebieterisch blickte Linc zu ihr hinüber. »Offen gestanden, meine Liebe, habe ich noch nie an dich als eine Magnolie gedacht.«
Daisy ließ sich nicht beirren. »Dich habe ich auch noch nie als Killerbiene gesehen. Was man nicht alles herausfindet, wenn man verlobt ist… Wie heißt deine Mutter?«
»Gertrude.«
»Gertrude? Ehrlich wahr? Gertrude Blaise?«
»Ihr Mädchenname ist Gertrude Schmidt.«
Daisy nickte. »Eine Deutsche. Ich wusste es.« Plötzlich schreckte sie auf. »Oh Gott, ich kann dich unmöglich heiraten.«
Beunruhigt legte Linc sein Sandwich hin. »Warum nicht?«
»Mein Name!« Daisy legte so viel Dramatik in die zwei Worte, wie sie konnte.
»Daisy?«
»Daisy Blaise.« Daisy tat, als müsste sie würgen. »Ekelhaft.«
Er grinste. »Hübsch. Hört sich an wie eine Stripperin.
»Vielleicht haben wir uns so getroffen.« Sofort schoss Daisys Kopf wieder in die Höhe. »Ich war gerade am Strippen und…«
»Nein.«
»Na gut.« Daisy versuchte, vernünftig zu klingen. »Wie sind wir uns begegnet? Unser Kennenlernen sollte wildromantisch sein…«
»Nein, sollte es nicht.« Warnend zeigte Linc mit dem Finger auf sie. »Vergiss die
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