Crusie, Jennifer - Der Cinderella-Deal
Reparieren der Rohrleitungen, einen Elektriker für das Stromnetz und Maler für den Außenanstrich. »Gelb mit blauweißer Zierkante«, hatte Chickie ihm gesagt, »so würde es Daisy wollen.« Und er fügte sich, weil es einfacher war, als sich mit ihr zu streiten oder ihr klarzumachen, dass Daisys Meinung nicht mehr wichtig war. Allen anderen Arbeiten widmete er sich selbst und profitierte dabei von den Erfahrungen, die er in den Jahren gesammelt hatte, als er das Haus seiner Mutter vor dem Auseinanderfallen bewahrt hatte. Wenn genug Geld da war, sollte sie in ein besseres ziehen. Die Ironie fiel ihm auf, als er gerade eine zugegipste Stelle abschmirgelte: Endlich hatte er seine beiden Brüder durchs College gebracht, und es war genug Geld vorhanden, um seine Mutter in ein neues Zuhause umzuquartieren. Aber sie weigerte sich auszuziehen. Also fuhr er weiter regelmäßig nach Sidney, flickte neu auftretende Risse, überstrich und besserte nach. Und jetzt, nach seinem großen Schritt nach vorn, musste er zwei alte Häuser instand halten. Das war alles andere als sein Plan gewesen. Und wem hatte er das zu verdanken? Den Frauen! Seiner Mutter, die nicht umziehen wollte, Chickie, die das Haus ausgesucht hatte, und Daisy, die ihr den Anstoß dazu gegeben hatte.
Das Schlimmste war, dass Chickie recht hatte - Daisy hätte das Haus geliebt. Während er die Wände ausbesserte und strich, konnte er förmlich sehen, wie ihre langen Röcke über den glänzenden Wohnzimmerboden schleiften, wie sie den entsetzlichen Hut im Flur mit den hohen Decken fallen ließ, wie sie ihm vom bogenförmigen Durchgang zur Küche ein Lächeln zuwarf oder wie sie auf der massiven Eichentreppe saß und ihm durch das verschnörkelte Geländer hindurch die Welt erklärte. Einmal ertappte er sich dabei, wie er beim Renovieren in Gedanken mit ihr stritt. Er wollte sie davon überzeugen, wie praktisch es war, alle Wände weiß zu streichen. Wirklich ärgerlich daran war weniger, dass er sich dabei erwischte, sondern dass sie am Siegen war. Chickie machte es nicht besser. Ständig brachte sie Notizzettel mit Nachrichten zu Vorhängen, Teppichen und dem besten Bäcker vorbei, die alle mit »Liebe Daisy« anfingen. Und er war selbst schuld. Mit seiner ersten dämlichen Story von seiner Verlobten hatte er den Stein ins Rollen gebracht. Alles, was Daisy über Geschichten gesagt hatte, fiel ihm wieder ein. Wenn man Geschichten erzählte, waren sie vielleicht unwirklich, aber nicht unwahr. Daisy mochte körperlich nicht anwesend sein, dennoch war sie überall präsent.
Er seufzte und strich weiter. Als er seine Leder- und Chrommöbel in die großen alten Zimmer räumte, wusste er, was Daisy sagen würde, und spürte, dass sie recht hatte. Also war es verdammt gut, dass sie nicht da war, um es auszusprechen.
»Linc ist gestern ausgezogen«, erzählte Julia ihrer Freundin Daisy Anfang Juni.
»Ich weiß.« Daisy nickte in Richtung des wackeligen Tischs neben der Tür, auf dem eine riesige Vase mit Gladiolen, Paradiesvogelblumen und Schilfrohrkolben stand. »Er hat mir Blumen geschickt.«
Beim Anblick des Buketts kniff Julia die Augen zusammen. »Offensichtlich kennt er deinen Geschmack nicht. Habt ihr euch in Prescott denn gar nicht kennengelernt?«
»Nein.« Daisy bemühte sich, nicht allzu trübsinnig zu klingen. »Wollte er nicht. Ich glaube, ich habe ihm Kopfschmerzen bereitet.«
»Oh?« Julia bedachte sie mit einem ihrer »Wo lebst du denn?«-Blicke. »Na ja, er ist nicht gerade dein Typ, oder?«
»Nein.« Die Trübsal war nicht zu überhören, und Daisy gab auf. »Er macht mich wahnsinnig, falls du es genau wissen willst. Ich meine, er ist wie mein Vater, besteht immer nur auf Ordnung und Regeln.«
»Aber…«, drängte Julia sie weiter.
»Aber ich habe mich bei ihm wirklich wohlgefühlt«, beendete Daisy den Satz. »Und er ist nicht genau wie mein Vater. Bei ihm gab es kein schlechtes Gewissen oder Verpflichtungen oder… Okay, er hat mir das Gefühl gegeben, ich hätte keine Ahnung, aber nicht mit Absicht. Trotz der vielen Leute um uns herum, denen wir diese gigantische Geschichte aufgetischt haben, habe ich mich sicher gefühlt.« Sie fing Julias Blick auf. »Ich glaube nicht, dass ich mich vorher jemals sicher gefühlt habe. Jedenfalls nicht, seit mir Moms Realitätsverlust klar geworden ist. Und da war ich ungefähr vier, also ist es lange her.«
Während sie nachdachte, rutschte Julia tiefer in Daisys alten geblümten Lehnsessel und blickte
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