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Cruzifixus

Cruzifixus

Titel: Cruzifixus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Peter Dinesh Bauer
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Commissaire“ in seinen Job auf: er wedelte aufgeregt mit seinen Conterganärmchen, brüllte in sein Walkie-Talkie, als ob es darum ging seine Truppen zum Sturmangriff auf die feindlichen Bastionen anzuspornen. Simon bezweifelte, ob es unter den obwaltenden Umständen ratsam war, seine Kreise zu stören. Noch in zehn Metern Entfernung war sein Gepolter zu hören:
                „Cela c’est incroyable! De beaux draps! Da haben wir ja ein schönes Schlamassel. Wer hat hier das Kommando, eh?“
                Bruckmeier war einer, der keine Schludereien duldete und kein Pardon kannte. Um seiner Empörung den gehörigen Ausdruck zu verleihen, stolzierte er in der Attitüde eines Obristen der Revolutionsgarden umher und garnierte seine erregten Ausrufe mit lautmalerischen Onomatopoetika:
                „Sacrebleu! Ah! Grands Dieux! Pah! Une seule catastrophe!“
                Er stauchte seinen Adjutanten wie einen Rekruten auf dem Exerzierplatz zusammen:
                „Enfin, Hangkofer, wo bleibt der Helikopter? Wieso ist der noch nicht da, ha? Ich will die Luftbildaufnahmen und zwar tout suite!“
                Simon hielt auf Abstand, verstand indes mühelos jedes Wort:
                „Ecoutez! Je veux dire! Wir sind hier bei der Kripo und nicht bei den Rosenheim Cops, comprends? Bin ich denn nur von Hornochsen und Dünnbrettbohrern umgeben? Allez, allez!“
                Sein Vize salutierte und eilte im Laufschritt davon. Simon konnte sich ein amüsiertes, süffisantes Lächeln nicht verkneifen. Er hatte unverschämtes Glück, dass in diesem Fall Bruckmeier das Regiment führte.
     
    Joseph Fouché. Ihm war es zu verdanken, dass Simon bei Bruckmeier einen Stein im Brett hatte, ja dass er ihn mit einem gewissen Respekt, ja Hochachtung von gleich zu gleich begegnete. Auf der abschließenden PK zum Amoklauf von Friedlaching hatten sich etliche seiner Kollegen über die rücksichtslose Vorgehensweise der Einsatzkräfte ereifert, bei der neben dem Geiselnehmer auch eine der Geiseln im Kugelhagel ums Leben gekommen war. Er hatte es dagegen gewagt, Fouché mit den Worten zu zitieren: Was ist schlecht daran, dass der Staat die vornehmste Aufgabe habe, sich selbst und seine Organe zu beschützen. Diese Aussage hatte der Commissaire mit sichtlicher Genugtuung zur Kenntnis genommen. Im Anschluss an die PK hatte er mit Bruckmeier eine hitzige Debatte über die undurchsichtige Rolle Fouchés beim royalistischen Komplott zur Ermordung Napoleons im Frühjahr 1804 geführt. Bruckmeier hatte der von manchen Historikern geäußerten Ansicht vehement widersprochen, dass der Polizeiminister in die Pläne der Verschwörer um den Bretonen Cadoudal eingeweiht gewesen sei. Als Simon im Gegenzug Fouchés unbestreitbare Verdienste beim Aufbau eines höchst effizienten Bespitzelungs- und Überwachungsapparats herausgekehrt hatte, war der Chefkommissar nahe daran gewesen ihn zu adoptieren:
                „Mon camerade! Ihr seid kein Lump wie diese anderen Aas fressenden Kanaillen. Ihr vermögt wahre Größe zu würdigen.“
                Seither schätzte ihn „Le Commissaire“ als Gleichgesinnten, der seine monologischen Elogen klaglos über sich ergehen ließ. Vor Weihnachten hatte er ihn sogar zu einer Soiree in seine Villa mit Bergblick geladen und ihm Zutritt zum Allerheiligsten gewährt: den im Empire-Stil eingerichteten Salon. Simon war vom originalgetreuen „Dekor“ des im Dämmerlicht liegenden Raums überwältigt gewesen. Insgeheim hatte er sich jedoch gefragt woher ein kleiner Kommissar die pekuniären Mittel nahm, um eine solche verschwenderische, einem Monarchen angemessene Prachtentfaltung zu finanzieren. An den Wänden hingen Schlachtengemälde im Original, messerscharf gestochene Veduten, Säbel, Degen und Rapiere mit fein ziselierter, nach orientalischer Manier bearbeiteter Klinge. In den Schauvitrinen glänzten Gold- und Silbermünzen mit dem Konterfei des Kaisers und der blank polierte Harnisch eines Kürassiers um die Wette. Hinter dickem Glas hingen Kleidungsstücke, die aussahen als ob Sie aus dem Fundus des Kaisers stammten: ein mit Goldfäden durchwirkter Samtwams, eine Kniehose aus weißer Seide, ein Dreispitz mit Trikoloren-Kokarde. In den dunkel gebeizten Holzregalen rieben strapazierfähiges Buckram- und Kalikogewebe, edles Saffian- und Maroquinleder aneinander. Simon erspähte die von Napoleon im Exil

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