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Cruzifixus

Cruzifixus

Titel: Cruzifixus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Peter Dinesh Bauer
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Seine Füße steckten in schweren Stulpenstiefeln, seine Hand ruhte lässig aber bestimmt auf dem Knauf eines zierlichen, doch gewisslich todbringenden Degens. In dem scharf geschnittenen Gesicht zeichneten sich die überheblichen Züge eines alten Erbadelsgeschlechts ab. Der schief sitzende, mit Pfauenfedern gespickte Schlapphut verlieh dem standesstolzen Stenz ein keckes, unbekümmertes Aussehen. Es schien Simon, als ob ihm der Fremde zuzwinkerte wie ein Gauner seinem Kumpan, ehe er auf den Absatz kehrt machte und seine Schritte in eine enge, nachtschwarze Gasse lenkte. Wie unter hypnotischem Zwang folgte Simon dem Unbekannten. Über dem labyrinthischen Gewirr aus Gassen und Gelassen waberte ein dicker, pestilenzialischer Nebel. Weder die nach solventen Freiern Ausschau haltenden Huren noch die hinter Mauervorsprüngen auf ein paar fürwitzige Bacchusbrüder lauernden Halsabschneider schenkten ihm die geringste Beachtung. Es hatte den Anschein, als ob er unsichtbar geworden war. Hatte er sich in einen Geist verwandelt? Seine sieben Sinne funktionierten indes einwandfrei. Aus der Gosse kroch ein bestialischer Gestank nach Kot und Kloake, nach Verwesung und Verderbnis. Simon horchte in die Nacht hinein. Vor ihm schritt der Fremde fest und unbeirrt auf ein ihm unbekanntes Ziel zu. Simon beeilte sich den Abstand zwischen Verfolger und Verfolgten nicht zu groß werden zu lassen. Er hastete voran, bog um eine Ecke und blieb wie vom Donner gerührt stehen. Nur wenige Schritte entfernt hielt der Fremde mit dem Degen vier vierschrötige, bedrohlich aussehende Gesellen in Schach. Seine Stimme verriet nicht die geringste Furcht:
                „Bei der Keuschheit der heiligen Jungfrau, aus dem Weg, so fern euch euer Leben wert und teuer ist!“
                Der Anführer der Meuchler trat einen Schritt vor. Seine wimpernlosen Reptilsaugen glänzten hart wie der Stahl seiner Toledanerklinge:
                „Beim Leiden Christi, ihr werdet derjenige sein, der schnurstracks zur Hölle fährt!“
                Die gedungenen Meuchler stürzten sich auf ihn wie eine Horde Dämonen. Sein „Kompagnon“ erwies sich als bravouröser Fechter, der es verstand sich seiner Haut zu wehren. Unter seinen wuchtigen Hieben sank einer der Galgenstricke tödlich getroffen zu Boden. Röchelnd würgte der Finsterling hervor:
                „Beim Erbarmen Jesu, Gott steh mir bei!“
                Der Degenmann kannte keine Gnade. Ein mörderischer Hieb schlitzte die Halsschlagader des zweiten Galgenstricks. Ohne noch einen Mucks zu machen, kippte der schwere Körper nach hinten und schlug hart aufs Pflaster. Als dessen Lochschwager erkannte, dass es hier wenig mehr als die ewige Verdammnis zu holen gab, gab er Fersengeld. Der Räuberhauptmann gab sich indes nicht so leicht geschlagen. Er focht wie ein Berserker. Seine Hiebe waren hart und humorlos wie die Miene eines kalvinistischen Bußpredigers. Langsam geriet der Strauchdieb jedoch in Bedrängnis. Der Fremde mit dem Federbusch verstand sein Handwerk. Seine Klinge schnitt tief in den linken Arm des Schurken, säbelte ins Fleisch, durchtrennte Sehnen und Venen. Ein Blutstrahl spritzte aus der Wunde. Der Brigant heulte vor Wut und Schmerz. Er sprang, den Säbel in der Hand, seinen Gegner mit dem Mut eines verwundeten Tigers an. Der Meisterfechter reagierte prompt. Eine pirouettenartige Körperdrehung genügte, um den Unhold ins Leere laufen zu lassen:
                „Bei den Gebeinen des heiligen Jakobus! Ihr fechtet nicht wie ein Mann von Ehre! Ein gemeiner Hundsfott seid ihr!“
                Mit der Entschlossenheit eines Kreuzritters vor den Mauern Jerusalems trieb er den Stahl zwei Spannen tief in die Brust des Buben. Dem Erzlump blieb keine Zeit mehr um seine Sünden zu bereuen. Er taumelte, machte noch ein, zwei Schritte, ehe er sich entschloss zu sterben und mit einem erstickten Röcheln kopfüber in den Rinnstein zu fallen. Der Fremde wandte sich zu ihm um, zog seinem Hut, um Simon die Referenz zu erweisen:
                „Euer Exzellenz, stets zu euren Diensten.“
    Ehe er sich’s versah war der Edelmann verschwunden und ein riesiger, düsterer Schatten fiel auf die Leichen. Solche Satansbraten waren ganz nach Luzifers Geschmack.
     
    Für Helden gab es kein Happyend. Die Rolle ließ ihm keine Wahl. Das Drehbuch verlangte, dass er sich in die Höhle des Löwen wagte, den Schergen des Satans

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