Cruzifixus
obskure Briefkastenfirma mit Sitz in Osteuropa, in Travnik oder Trnava, an der auch die Paintinger-Gruppe mit 20 oder 30 Prozent beteiligt war, abgewickelt.“
Wie ein Blut witternder Spürhund, hob Simon den Kopf:
„In Trnava? Da befindet sich der Sitz des Zentralbüros des katholischen Hilfswerks „Restaurabis“. Ich hab da drüber berichtet, als die Diözese einen Verein gegründet hat, um die Spendenaktionen zu koordinieren. Und rate mal, wer da Vorstand war.“
Vroni bewies hellseherische Talente:
„Dechant Dirrigl?“
Simon grinste wie ein ausgehungerter Ameisenbär, der durch eine glückliche Fügung auf einen Ameisenhaufen von der Größe der Titanic stieß:
„Just jener! Unterm Dach von Restaurabis laufen zahlreiche karitative, soziale und humanitäre Projekte. Kernstück ist ein Hilfsfonds, der zinslose Darlehen an Pfarrgemeinden in Polen, der Slowakei, Ungarn oder Rumänien vergibt und damit die Gemeindearbeit sowie die innere Mission unterstützt.“
Vom Jagdfieber erfasst rief Vroni erregt:
„Aber klar, die Nummer mit der Pilgertour!“
Simon zeichnete mit den Fingern zwei Krähenfüßchen in die Luft:
„Diese Aktion „Nachbar in Not“! Pater Ägid tippelt barfuss zur heiligen Jungfrau nach Altötting. Und die Pilgerschar watschelt hinterdrein. Erinnerst du dich an die Anzeigenserie – die Schwarzweißbilder von abgemagerten, hohläugigen Waisen?“
In Vronis Augen blitzte es tückisch:
„Plus großen Spendenaufruf für Restaurabis.“
Simon sah die Stecknadel im Heuhaufen aufblitzen:
„Und Paintinger ist mit dem Mercedes nach Altötting gepilgert!“
Die Vorstellung amüsierte Vroni:
„Nein, der hat stattdessen fleißig Joint Ventures in Osteuropa gegründet. Sagen dir die Namen METALURGICA und RECYCLICA etwas?“
„Eine kasachische Heavy Metal Kultband?“
In ihren Augen lag ein listiger, spitzbübischer Ausdruck:
„Buntmetalle wie Chrom, Nickel oder Kupfer sind Gold wert! Je höher der Preis steigt, desto lukrativer wird der Handel mit dem alten Zeug. Paintinger war ja vom Fach: seine erste Million hat er mit Alteisen und dem Verkauf aufgemöbelter Jeeps und Lastwägen der Amis gemacht.“
Simon setzte seine rastlose Wanderung fort:
„Recycling und Restaurabis – wie passt das zusammen?“
Vroni tippte sich mit dem Zeigefinger an die Stirn:
„Überleg mal! Die Kirche hat es noch nie gekümmert, woher die Kohle kam. Pecunia non olet. Ablassbriefe, Aztekengold, die Schwarzröcke haben überall ihre Hand aufgehalten. Die Drecksarbeit haben andere erledigt. Warum sollte also ein kirchlicher Hilfsfonds nicht in den Handel mit Altmetall einsteigen? Zumal Marge und Rendite stimmen. Die Eisenteile werden quer durch Osteuropa gekarrt, eingeschmolzen und weiter verschoben. Was und wie viel da wirklich im Stahlkocher landet, wer kann das schon nachprüfen. Eine prima Sache, wenn man nicht nur Schrott recycelt sondern auch Schwarzgeld am Fiskus vorbei schleust. Wenn man dann noch eine karitative Hilfs- und Wohlfahrtsorganisation sein eigen nennt, Herz was willst du mehr? Das Recycling-Kapital wird reinvestiert und der Rubel rollt. Na, fällt der Groschen in den Klingelbeutel?“
Simon war sprachlos. Hatte das Kaiphas-Kartell seine Killer hierher geschickt? War er als kritischer Journalist bereits im Fadenkreuz der Russen-Mafia? Weibliche Logik war bekanntlich unfehlbar - unfehlbarer selbst als der Pontifex zu Rom.
Die Rufe der Kassandra
Diabolus potest sensum hominis exteriorem immutare et illudere! Satanas vermag die Augen des Menschen zu trüben und zu täuschen.
Luzifer war ein Meister der Verstellung, der ein doppeltes Spiel mit seinen Adepten trieb. Wer einen Bund mit dem Herrn der Hölle flocht, dem erging es wie Doktor Faustus. Der Satan ließ sich seine Dienste mit den Seelen und Schatten seiner Parteigänger entgelten. Simon hielt es dagegen mit Voltaire, Bakunin und Nietzsche. Ein Monist und Atheist ließ sich
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