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Cruzifixus

Cruzifixus

Titel: Cruzifixus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Peter Dinesh Bauer
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keinen Stich machen. Das überhebliche Lächeln eines siegreich nach Rom heimkehrenden Konsuls ritzte Ewalds Mundwinkel:
                „Und ein Trumpf!“
                Sebalds Kinnlade klappte herunter. Vinzenz schüttelte ungläubig den Kopf. Das Gezwinkere und Geblinzele war nicht mehr von Nöten. Jeder wusste was gespielt wurde: ihnen drohte ein Desaster. Ewald schien weder Fehlfarben, noch Nuschen zu haben. Vinzenz fletschte sein Raubtiergebiss und knurrte kampflustig:
                „So ein Pech! Da stimmt doch was nicht.“
                Sebalds rote Hamsterbäckchen wurden blass und blässer:
                „So ein Sud! Nicht einen einzigen Spatzen!“
                Man musste keine Leuchte der Arithmetik sein, um zwei und zwei zu addieren: Ein Euro das Solo, fünf Laufende à 20 Cent, jeweils 50 Cent für Schneider und Schwarz: summa summarum 3 Euro. Und das ganze mal drei! Vinzenz knurrte wie eine bisswütige Dogge:
                „Selber geben, geht nie daneben!“
                Verunsichert rieb sich Sebald das dreimal gefältelte Doppelkinn. Nachdenklich geworden legte Simon die Stirn in Falten und strich mit zwei Fingern über die linke Wange. Es war zumindest merkwürdig, dass sich Ewald selbst diese Oma mit vier Obern gegeben hatte und folglich in Hinterhand hockte. In Trumpf-Trance klopfte der den Eichel Ober auf den Tisch:
                „Und der Alte!“
                Wie die Karten standen, würden Sie todsicher verlieren. Dennoch wollte sich Vinzenz nicht so leicht geschlagen geben. Um den Gegner zu irritieren und zu verunsichern, griff er zum Mittel der psychologischen Kriegsführung:
                „Steck dir den Alten sonst wohin. Wenn du noch einen Funken Anstand im Leib hast, werfen wir zusammen und vergessen das Ganze!“
                Langsam dämmerte Ewald, dass ihn sein Rivale beschuldigte, falsches Spiel zu treiben. Hitzig verlangte er Genugtuung:
                „Wart nur! Gleich vergesse ich mich!!“
                Sebald räusperte sich laut vernehmlich. Er wählte seine Worte mit Umsicht und Bedacht:
                „Niemand hat behauptet, dass du uns gepratzelt hast. Aber wundern darf man sich doch noch!“
                Wie ein von einer Hundemeute verbellter Eber senkte Ewald seinen Kopf und ging zum Angriff über:
                „Wenn sich hier einer wundert, dann ich!“
                Mit herausfordernd, herablassender Miene fügte er hinzu:
                „Und jetzt rückt’s das Geld heraus. Und zwar toute suite.“
                Dieses anmaßende, präpotente Auftrumpfen brachte Vinzenz vollends in Rage. Wild entschlossn reckte er sein Kinn. Er war zum Kampf bereit. Seine beiden Gefährten schienen jedoch zu zögertn. Betreten blickten Sie zu Boden, als ob dort ein paar Golddukaten lägen. Als Vinzenz gewahrte, dass seine Mitspieler den offenen, gewaltsamen Konflikt scheuten, hielt er sich mit weiteren Verbalattacken zurück. Seine Stunde würde kommen.
     
    36 Karten, vier Farben. Die Sechs zählte jedoch nur beim Tarock. Im Blatt lieben 32 Karten: jeweils vier Siebener, Achter, Neuner, Zehner, Könige, Asse, Unter und Ober. Simon war mit Leib und Seele Schafkopfer. Die Spielleidenschaft lag ihm im Blut. In seiner Ahnengalerie fanden sich zahlreiche Spielteufel, die lieber in der Wirtsstube als im Beichtstuhl saßen und den Katechismus gegen „des Teufels Gebetbuch“ vertauschten. Der Apfel war nicht weit vom Stamm gefallen. Ein Wenz, ein Solo, das auf Messers Scheide stand – das war Hochspannung, das war Adrenalin pur. Nur ein Spieler konnte die Magie des Moments nachvollziehen, der über Sieg oder Niederlage entschied. Ein Balanceakt auf dem schmalen Grat zwischen Himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt. Ein Spieler ließ sich nur ungern in die Karten schauen, er war ein Besessener, ein Egomane, der um die Gunst Fortunas buhlte. Simon hatte indes nur selten Glück im Spiel. Viel öfter wurde er von einer veritablen Pechsträhne verfolgt. So auch heute. Das Spiel lief an ihm vorbei – ja seine Rolle beschränkte sich auf die eines Karten-Komparsen. Nervös nestelte er den zu engen Hemdkragen auf und kippte sich den vierten oder fünften Birnbrand hinter die Binde. Er hatte das beengende Gefühl eingesperrt zu sein, ziellos im Kreis herumzulaufen. Er konnte

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