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Cruzifixus

Cruzifixus

Titel: Cruzifixus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Peter Dinesh Bauer
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Hose gegangen und er stand wieder ganz am Anfang. Wie sollte er nun an das Satanistensyndikat rankommen und die synarchische Dissidentengruppe enttarnen? Seine Suche glich der nach der stichwörtlichen Stecknadel im Heuhaufen! Pio runzelte die Stirn: Hatte der Abt Wind von der Sache bekommen? Saß ein Spitzel der Schwarzkittel im Exekutivrat? Waren die Oberen der Militia zur Überzeugung gelangt, in dieser Sache mit den Superioren des OSB, des Ordo Sancti Benedicti, zu kooperieren? Schwer vorstellbar! Aber welchen Grund sollte Birnbacher sonst haben, ihn zum vertraulichen Vieraugengespräch zu bitten? Pio prüfte sein Äußeres im Spiegel und überlegte welche Marschroute er in dem Gespräch einschlagen sollte: er würde wie üblich den arglosen, etwas zerstreuten Professor mimen, ihm artigen Plauderton Anekdötchen zum Besten geben, um das Misstrauen des Abts zu zerstreuen und ihn ein Stück weit aus der Reserve zu locken. Er würde die Verdienste des Ordens rühmen, ihm um den Bart gehen und sich ansonsten in vornehmer Zurückhaltung üben. Wenn der Abt etwas in Erfahrung bringen wollte, würde er die Karten auf den Tisch legen müssen.
     
    Pio versiegelte das Türschloss mit einem feinen Kunstharzfilm. Bei den neugierigen, wissensbegierigen Betbrüdern wusste man nie! So würde zumindest niemand seine Zelle betreten, ohne sichtbare Spuren zu hinterlassen. Vor ihm dehnte sich ein langer, düsterer Gang. Es war ihm, als ob er sehenden Auges auf einen Abgrund zusteuerte, blindlings in sein Verderben lief. Auf den Gängen und Korridoren ließ sich niemand blicken. Und doch hatte er das klaustrophobische Gefühl, dass jeder seiner Schritte überwacht wurde. Pio dachte angestrengt nach. Was wusste der Abt? Was hatte er über ihn in Erfahrung bringen können? Sein vom Vatikan ausgestellter Reisepass lautete auf den Namen Pio Paolo Bellini. Die Empfehlungsschreiben des Ordensgenerals und des päpstlichen Protonotars wiesen ihn als honorigen Historiker, als arrivierten Bibelforscher aus. Gewiss hatte Birnbacher die Dokumente prüfen lassen und Erkundigungen über diesen etwas kauzigen „Professore Bellini“ eingezogen. Sollte er! Sein Deckmäntelchen war maßgeschneidert. Sein Lebenslauf wies keinerlei Lücken auf, seine Weste war blütenweiß. Weder in Russland, noch in China oder Palästina war seine Tarnung aufgeflogen. Der Abt hätte Hellseher und Gedankenleser sein müssen, um seine wahre Identität zu enträtseln. Was noch? Birnbacher wusste, dass er vor sechs Tagen den Nachtzug von Rom nach München genommen und dort nach Salzburg umgestiegen war. Am Bahnsteig der Mozartmetropole hatte ihn einer der Mönche abgeholt. Sein Gepäck – darunter ein schwerer, unhandlicher Metallkoffer – hatte er selbst im Kofferraum der schwarzen Limousine verstaut. Sein Chauffeur hatte ihn mit ausgesuchter Höflichkeit begrüßt, sich dann aber umgehend auf die alte Ordensregel besonnen: ein Mönch soll vor allem eines können: schweigen! Unterwegs hatte er kurz anhalten lassen. Er war ausgestiegen und hatte einen Moment lang den würzigen Duft, den vertrauten, erdigen Geruch der heimatlichen Scholle in sich aufgesogen. Wie lange war er nicht mehr hier gewesen: Jahre, Jahrzehnte, mehre als sein halbes Leben? Die Führungsriege hatte den „Gelehrten aus der ewigen Stadt“ mit hyperhöflicher, liebedienerischer Servilität empfangen. Der Adlatus des Abts hatte ihn auf sein Zimmer geführt, einen angenehmen Aufenthalt gewünscht und sich ganz beiläufig erkundigt, ob er ihm bei seiner Forschungsarbeit behilflich sein könne. War der Abt von seinem Präses gewarnt worden, dass er im Geheimauftrag seiner apostolischen Majestät unterwegs war, um einer Bande von Erpressern und Verschwörern ihr schmutziges Handwerk zu legen? Wussten Sie, dass sein „alter Freund“ Paulus Paintinger im Verdacht stand, mit der satanisch gesinnten Gruppierung unter einer Decke zu stecken und in deren verbrecherische Machenschaften verstrickt zu sein? In seinem Büro in Rom hatte er das vorhandene Aktenmaterial einer sorgsamen Prüfung unterzogen und war zur Überzeugung gelangt, dass Paintinger zumindest zum Sympathisanten- und Unterstützerkreis der Gruppe zählte. Ihr V-Mann vor Ort hatte sein Telefon abhören und ihn Tag und Nacht beschatten lassen. Die Observation hatte jedoch keine greifbaren Hinweise auf eine Verwicklung Paintingers in die Causa P geliefert. Daraufhin hatte er den Fall selbst übernommen. Er war gekommen um Paintinger zu

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