Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Cry Baby - Scharfe Schnitte: Thriller (German Edition)

Cry Baby - Scharfe Schnitte: Thriller (German Edition)

Titel: Cry Baby - Scharfe Schnitte: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Flynn
Vom Netzwerk:
machte mir Notizen, zuerst auf Papier, dann im Kopf, wobei ich mit dem Filzstift die Narben auf meinem rechten Arm nachfuhr.
    »Sie meinen, bevor noch ein Mord geschieht.«
    »Falls die Polizei nicht sehr viel mehr weiß, als sie dir sagt, wird es noch einen geben. So ein Typ hört nicht nach zwei Morden auf, nicht wenn es so rituell abläuft.«
    Curry hat keinen Schimmer von Ritualmorden, aber er verschlingt jede Woche ein paar billige True-Crime-Romane, vergilbte Taschenbücher mit Hochglanzumschlägen, die er gebraucht kauft.
Zwei für ’nen Dollar, Preaker, das nenne ich Unterhaltung.
    »Also, Junior, hast du eine Idee, ob’s jemand aus dem Ort war?«
    Curry nannte mich gern so, und seine Stimme prickelte, als würde das Wort selbst erröten. Ich sah ihn, wie er im Wohnzimmer stand und sein Puzzle betrachtete, während Eileen rasch an seiner Zigarette zog, bevor sie weiter Thunfischsalat mit süßen Pickles zubereitete. Den aß Curry dreimal wöchentlich zu Mittag.
    »Inoffiziell wird es bestätigt.«
    »Verdammt, sie müssen es uns offiziell geben. Wir sind drauf angewiesen. Das ist gut.«
    »Noch was ist seltsam, Curry. Ich habe mit einem Jungen gesprochen, der sagt, er sei dabei gewesen, als Natalie entführt wurde. Er meint, es war eine Frau.«
    »Eine Frau? Das war keine Frau. Was meint die Polizei?«
    »Kein Kommentar.«
    »Und was ist das für ein Junge?«
    »Netter Kerl. Vater arbeitet auf der Schweinefarm. Scheint wirklich Angst zu haben.«
    »Wenn die Polizei ihm glauben würde, hättest du davon erfahren, oder?«
    »Ich weiß es wirklich nicht. Die halten ganz schön dicht.«
    »Mensch, Preaker, du musst die Jungs knacken. Bring mir was Offizielles.«
    »Das sagt sich so leicht. Ich glaube, es ist eher ein Nachteil, dass ich von hier bin. Die Leute glauben, ich hätte mich in den Norden abgesetzt und wolle sie jetzt nur ausnutzen.«
    »Mach dich beliebt. Du bist doch liebenswert. Deine Mom kann für dich bürgen.«
    »Meine Mom freut sich auch nicht gerade, mich hier zu haben.«
    Schweigen, dann seufzte Curry, dass mir die Ohren dröhnten. Mein rechter Arm hatte sich mittlerweile in eine tiefblaue Landkarte verwandelt.
    »Ist wirklich alles okay, Preaker? Passt du auch gut auf dich auf?«
    Ich wartete ab. War plötzlich den Tränen nahe.
    »Schon in Ordnung. Aber der Ort hier tut mir nicht gut. Ich fühle mich … fehl am Platz.«
    »Kopf hoch, Mädchen. Du machst deine Sache richtig gut. Du schaffst es. Und wenn es dir schlechtgeht, rufst du mich an. Dann hol ich dich raus.«
    »Okay, Curry.«
    »Eileen sagt, du sollst auf dich achtgeben. Ich auch. Und wie.«

6 . Kapitel
    K leinstädte bieten gewöhnlich eine überschaubare Anzahl von Kneipen. Das sind zum einen schummrige Spelunken, die meist am Stadtrand liegen und in denen sich die Wirte wie Gesetzlose aufspielen. Es können aber auch schicke Etablissements mit eleganten Bars sein, die solche Wucherpreise verlangen, dass arme Leute zu Hause trinken müssen. Und dann gibt es da noch die Mittelklasse mit den kleinen Einkaufszentren, in denen man sein Bier samt gebackenen Zwiebeln und Sandwichs mit neckischen Namen serviert bekommt.
    Zum Glück trinken in Wind Gap alle, so dass es eine solide Auswahl an Restaurants und Bars gibt. Kleinstadt hin oder her, wir können die meisten Orte unter den Tisch saufen. Die Tränke, die Adoras Haus am nächsten lag, war ein teurer Glaskasten, der sich auf Salate und Weinschorlen spezialisiert hatte. Das einzige hochklassige Lokal in Wind Gap. Es war Brunchzeit, und da ich den Gedanken an Alan und seine labbrigen Eier nicht ertragen konnte, ging ich hinüber zum
La Mère
. Mein Französisch reicht nicht über die 11 . Klasse hinaus, aber die aufdringliche maritime Dekoration ließ vermuten, dass die Inhaber eher an
La Mer
gedacht hatten. Trotzdem passt der Name, da meine Mutter und ihre Freundinnen dieses Etablissement häufig frequentieren. Sie lieben den Caesar-Salat mit Huhn, der weder französisch ist noch Fisch oder Meeresfrüchte enthält, aber ich will ja nicht päpstlicher sein als der Papst.
    »Camille!« Eine Blondine im Tennisdress trabte durch den Raum. Goldkette und fette Ringe glitzerten um die Wette. Es war Adoras beste Freundin Annabelle Gasser, geb. Anderson, Spitzname Annie-B. Es war allgemein bekannt, dass Annabelle den Namen ihres Mannes aus tiefster Seele hasste – sie rümpfte die Nase, wenn sie ihn nur aussprach. Der Gedanke, dass sie ihn nicht hätte annehmen müssen, war ihr wohl nie

Weitere Kostenlose Bücher