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Cry Baby - Scharfe Schnitte: Thriller (German Edition)

Cry Baby - Scharfe Schnitte: Thriller (German Edition)

Titel: Cry Baby - Scharfe Schnitte: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Flynn
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kein Mensch interessiert hat? Sie wurden erst beliebt, als sie tot waren.« Zwei Mädchen lachten gezwungen, die Dritte schaute zu Boden. Auf dem Gehweg zerplatzte eine Träne.
    Ich kannte dieses provokante Mädchengeschwätz, das sie nach außen hin stark erscheinen ließ. Und während ich die Darbietung einerseits genoss, wollte ich Natalie und Ann auch beschützen. Ammas aggressive Respektlosigkeit trieb mich auf die Palme. Und, ehrlich gesagt, ich war auch eifersüchtig auf meine Schwester. (Sie hieß mit zweitem Vornamen
Adora
?)
    »Ich wette, Adora wäre nicht sehr erfreut, wenn sie wüsste, dass ihre Tochter Gegenstände stiehlt, die an ihre tote Schulkameradin erinnern sollen«, sagte ich.
    »Schulkameradin ist nicht dasselbe wie Freundin«, sagte das große Mädchen und schaute sich beifallheischend um.
    »Ach, Camille, das war doch nur Spaß«, meinte Amma gönnerhaft. »Es macht mich ganz fertig. Es waren nette Mädchen. Aber irgendwie auch komisch.«
    »Und wie«, echote eine.
    »Was wäre, wenn er sämtliche Freaks umbringt?«, kicherte Amma. »Wäre das nicht super?« Bei diesen Worten blickte das weinende Mädchen hoch und lächelte. Amma übersah es geflissentlich.
    »Er?«, fragte ich.
    »Jeder weiß, wer es war«, sagte die Blonde mit der rauen Stimme.
    »Natalies Bruder. Sie war nicht der einzige Freak in dieser Familie«, verkündete Amma.
    »Er steht auf kleine Mädchen«, fügte Jodes schmollend hinzu.
    »Er sucht immer nach einem Vorwand, um mit mir zu reden«, erklärte Amma. »Immerhin weiß ich jetzt, dass er mich nicht umbringt. Ich bin zu cool.« Sie hauchte mir eine Kusshand zu, warf Jodes den Teddy zu, legte theatralisch die Arme um die beiden anderen Mädchen und stieß mich mit einer frechen Entschuldigung beiseite. Jodes schlich hinterher.
    Tief drinnen wirkte Ammas Bosheit verzweifelt und selbstgerecht. So wie sie beim Frühstück geheult hatte:
Ich wünschte, ich würde auch ermordet.
Amma duldete nicht, dass jemand mehr Aufmerksamkeit erhielt als sie. Schon gar nicht Mädchen, die es schon zu Lebzeiten nicht mit ihr aufnehmen konnten.
     
    Gegen Mitternacht rief ich Curry zu Hause an. Curry pendelt in Gegenrichtung, er fährt täglich anderthalb Stunden von dem geerbten Einfamilienhaus in Mt. Greenwood, einer irischen Arbeiterenklave auf der Southside, in unser Vorortbüro. Er und seine Frau Eileen haben keine Kinder. Wollten auch nie welche, wie Curry gerne blafft, aber ich habe bemerkt, wie er die Krabbelkinder seiner Mitarbeiter von weitem anschaut und genau hinsieht, wenn jemand ein Baby mit in die Redaktion bringt. Curry und seine Frau haben spät geheiratet. Vermutlich konnten sie keine Kinder mehr bekommen.
    Eileen ist eine üppige Frau mit rotem Haar und Sommersprossen. Er lernte sie in einer Autowaschanlage kennen, als er zweiundvierzig war. Später stellte sich heraus, dass sie eine Cousine zweiten Grades seiner besten Freundin aus Kindertagen ist. Sie heirateten genau drei Tage nach ihrer ersten Begegnung. Das war vor zweiundzwanzig Jahren. Es gefällt mir, dass Curry gern davon erzählt.
    Eileen meldete sich mit ihrer warmen Stimme, das hatte ich gebraucht. Natürlich hätten sie noch nicht geschlafen, meinte sie lachend. Curry sei noch mit seinem Puzzle beschäftigt, 4500 Teile. Er nehme das gesamte Wohnzimmer in Beschlag, und sie habe ihm eine Woche Zeit dafür gegeben.
    Ich hörte, wie Curry sich knurrend dem Telefon näherte, konnte beinahe den Tabak riechen. »Preaker, Mädchen, was ist los? Alles klar?«
    »Ja, mir geht’s gut. Leider mache ich keine großen Fortschritte. Ich habe bis heute gebraucht, um auch nur einen einzigen Kommentar von der Polizei zu bekommen.«
    »Und der wäre?«
    »Sie ermitteln in alle Richtungen.«
    »Das ist doch Scheiße. Es muss mehr geben. Finde es raus. Hast du noch mal mit den Eltern geredet?«
    »Noch nicht.«
    »Geh hin. Auch wenn sonst nichts klappt, ich will ein Profil der toten Mädchen. Das interessiert die Leute mehr als normale Kriminalberichte. Rede mit anderen Eltern, ob sie einen Verdacht haben. Ob sie besondere Sicherheitsvorkehrungen treffen. Rede mit Schlossern und Waffenhändlern, ob sie mehr Zulauf haben. Rede mit einem Geistlichen oder den Lehrern. Frag einen Zahnarzt, wie schwer es ist, so viele Zähne zu ziehen, welches Werkzeug man benötigt, ob man Erfahrung dafür braucht. Rede mit Kindern. Ich will Stimmen und Gesichter. Gib mir 250  Zeilen für Sonntag. Noch sind wir als Einzige an der Story dran.«
    Ich

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