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Cry Baby - Scharfe Schnitte: Thriller (German Edition)

Cry Baby - Scharfe Schnitte: Thriller (German Edition)

Titel: Cry Baby - Scharfe Schnitte: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Flynn
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gewichtig vor, es würde eine tiefe Kuhle im Kissen hinterlassen.
    »Kann schon sein.«
    »Ich auch.« Sie schaute auf meinen Halsausschnitt und dorthin, wo die Ärmel des Nachthemds endeten. Wollte meine Narben erspähen. »Ich wusste nicht, dass du dich verletzt hast«, sagte sie schließlich.
    »Das ist vorbei.«
    »Gut so.« Sie zögerte neben meinem Bett. »Camille, kennst du das Gefühl, dass etwas Schlimmes passiert und du es nicht verhindern kannst, dass du gar nichts tun kannst, nur abwarten?«
    »Wie bei einer Panikattacke?« Ich musste einfach ihre Haut ansehen, sie war glatt und zart gebräunt wie schmelzende Eiskrem.
    »Nein. Eigentlich nicht.« Sie klang enttäuscht, als hätte ich ein anspruchsvolles Rätsel nicht gelöst. »Egal, ich hab ein Geschenk für dich.« Sie hielt mir ein winziges Päckchen hin und sagte, ich solle es vorsichtig auswickeln. Ein Joint.
    »Ist besser als dein Wodka«, sagte Amma abwehrend. »Du trinkst ganz schön viel. Das hier ist besser. Macht nicht so traurig.«
    »Amma, also ehrlich …«
    »Kann ich die Schnitte noch mal sehen?« Sie lächelte schüchtern.
    »Nein.« Schweigen. Ich hielt den Joint hoch. »Und, Amma, ich glaube, du solltest nicht …«
    »Na ja, dann eben nicht. Ich wollte nur nett sein.« Sie runzelte die Stirn und drehte an einem Zipfel ihres Nachthemds.
    »Danke, es ist lieb, dass du mir helfen wolltest.«
    »Ich kann auch nett sein«, sagte sie noch immer stirnrunzelnd. Sie schien selbst den Tränen nahe.
    »Ich weiß. Nur frage ich mich, warum du gerade jetzt nett sein möchtest.«
    »Manchmal geht’s einfach nicht. Jetzt schon. Wenn alle schlafen und ruhig sind, ist es einfacher.« Sie streckte die Hand aus, die wie ein Schmetterling vor meinem Gesicht tanzte, ließ sie fallen, tätschelte mein Knie und ging.

10 . Kapitel
    ›Dass sie hergekommen ist, tut mir leid, denn jetzt ist sie tot‹, sagt John Keene, 18 , unter Tränen über seine kleine Schwester Natalie, 10 . ›Jemand hat meine Schwester umgebracht.‹ Natalie Keenes Leiche wurde am 14 . Mai, eingeklemmt in einem Spalt zwischen dem Cut-N-Curl Schönheitssalon und Bifty’s Eisenwarenladen in der Kleinstadt Wind Gap, Missouri, entdeckt. Sie ist schon das zweite Mädchen, das in den vergangenen neun Monaten in diesem Ort ermordet wurde. Letztes Jahr im August entdeckte man die Leiche der neunjährigen Ann Nash in einem nahe gelegenen Bach. Beide wurden erdrosselt; beiden hatte der Mörder alle Zähne gezogen.
    ›Sie war ein bisschen ungelenk und wild‹, sagt John, noch immer unter Tränen. Keene, der vor kurzem die Highschool abgeschlossen hat und vor zwei Jahren mit seiner Familie aus Philadelphia hergezogen ist, beschreibt seine jüngere Schwester als kluges, phantasievolles Mädchen. Einmal habe sie sogar eine eigene Sprache erfunden, komplett mit Alphabet. ›Bei anderen Kindern wäre es nur sinnloses Zeug gewesen‹, sagt Keene und lacht wehmütig.
    Sinnlos sind eher die bisherigen polizeilichen Ermittlungen: Die Beamten und der Mordermittler Richard Willis aus Kansas City geben zu, dass sie kaum Hinweise haben. ›Wir haben noch niemanden ausgeschlossen‹, erklärte Willis. ›Wir ermitteln gegen mögliche Verdächtige aus Wind Gap, ziehen aber auch die Möglichkeit in Betracht, dass diese Morde von einem Außenstehenden verübt worden sein könnten.‹
    Die Polizei verweigerte einen Kommentar zur Aussage eines möglichen Zeugen, der behauptet, die Person gesehen zu haben, die Natalie Keene entführt hat: angeblich eine Frau. Aus informierten Kreisen verlautete, man gehe von einem männlichen Täter aus, vermutlich einem Einheimischen. Der Zahnarzt James L. Jellard, 56 , erklärt, das Ziehen der Zähne ›erfordere schon Kraft. Die flutschen nicht einfach so raus‹.
    Während die Polizei den Fall bearbeitet, verzeichnen die örtlichen Geschäfte einen Ansturm auf Sicherheitsschlösser und Schusswaffen. Der Eisenwarenladen verkaufte bereits drei Dutzend Sicherheitsschlösser; der örtliche Waffenhändler hat seit dem Mord an Natalie Keene über dreißig Waffenscheine ausgestellt. ›Ich dachte, die meisten Leute hätten schon Waffen, weil sie auf die Jagd gehen‹, sagt Dan R. Sniya, 35 , Besitzer der örtlichen Waffenhandlung. ›Und wer noch keine hatte, hat jetzt eine.‹
    Einer der Bewohner von Wind Gap, die ihr Waffenarsenal erweitert haben, ist Ann Nashs Vater Robert, 41 . ›Ich habe zwei Töchter und einen Sohn, und die werde ich beschützen.‹ Nash beschreibt

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