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Cry Baby - Scharfe Schnitte: Thriller (German Edition)

Cry Baby - Scharfe Schnitte: Thriller (German Edition)

Titel: Cry Baby - Scharfe Schnitte: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Flynn
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aus, als könntest du ein Geschäft damit aufmachen.«
    »Klar, ich hab’s richtig gut.« Sie verströmte ein Aroma aus Wut und Tomatensaft. »OxyContin, Percocet, Percodan, was immer mein Arzt gerade neu hereinbekommen hat. Aber ich gebe zu, es macht Spaß.« Sie schüttete einige weiße Tabletten in die Hand, schluckte sie rasch und lächelte mir zu.
    »Was hast du denn?« Ich fürchtete mich beinahe vor der Antwort.
    »Das ist ja das Beste, Schätzchen. Kein Schwein weiß es. Der eine sagt Lupus, der andere Arthritis, der Dritte Autoimmunerkrankung. Alles nur seelisch, sagen der Vierte und der Fünfte.«
    »Und was glaubst du?«
    »Was
ich
glaube?« Sie verdrehte die Augen. »Solange die Medikamente anrollen, ist es mir ziemlich gleich.« Sie lachte wieder. »Die sind echt gut.«
    Ich wusste nicht recht, ob sie sich nur cool gab oder wirklich süchtig war.
    »Es überrascht mich ein bisschen, dass Adora noch nicht auf den Dreh gekommen ist«, höhnte sie. »Wenn sie wüsste, dass ich es mache, müsste sie doch einen obendrauf setzen, oder? Natürlich nichts so Banales wie Lupus. Sie würde sich einen … einen Gehirntumor besorgen. Stimmt’s?«
    Sie trank von der Bloody Mary, die einen rötlichen Salzbelag auf ihrer Oberlippe hinterließ, wodurch der Mund wie geschwollen wirkte. Der zweite Schluck schien sie zu beruhigen, und wie bei Natalies Begräbnis musterte sie mich wieder, als wollte sie sich mein Gesicht einprägen.
    »Großer Gott, es ist eigenartig, dass du schon erwachsen bist«, sagte sie und tätschelte mein Knie. »Warum bist du gekommen, Liebes? Alles klar zu Hause? Vermutlich nicht. Ist es wegen … deiner Momma?«
    »Eigentlich nicht.« Ich werde nicht gern durchschaut.
    »Ach.« Sie sah enttäuscht aus, eine Hand zuckte zur Brust wie in einem alten Schwarzweißdrama. Das war ein falscher Schachzug gewesen. Ich hatte völlig vergessen, dass Klatsch hier unten zum guten Ton gehörte.
    »Sorry, stimmt nicht ganz. Ich möchte schon über meine Mutter reden.«
    Sofort hellte sich ihre Stimmung auf. »Wirst nicht schlau aus ihr, was? Engel, Teufel oder beides?« Jackie schob sich ein grünes Satinkissen unter den winzigen Hintern und richtete die Füße auf meinen Schoß. »Häschen, könntest du sie ein bisschen reiben? Sind ganz sauber.« Sie holte unter dem Sofa eine Tüte mit Minischokoriegeln hervor, wie sie an Halloween verteilt werden, und legte sie auf ihren Bauch. »Mein Gott, das Zeug muss ich später wegbringen, aber es schmeckt einfach göttlich.«
    Ich nutzte die Gunst der Stunde. »War meine Mutter immer so … wie jetzt?« Die Frage klang furchtbar unbeholfen, aber Jackie gackerte wie eine Hexe.
    »Was meinst du damit, Häschen – schön? Charmant? Beliebt? Boshaft?« Sie wackelte mit den Zehen und wickelte einen Schokoriegel aus. »Reiben.« Ich fing an, ihre kalten Füße zu kneten, die Sohlen waren rau wie ein Schildkrötenpanzer. »Verdammt, Adora war reich und schön, und ihre verrückten Eltern beherrschten die ganze Stadt. Sie gründeten die verfluchte Schweinefarm, schufen Hunderte von Jobs – damals gab es auch noch eine Walnussfabrik. Sie hatten das Sagen. Den Preakers kroch jeder in den Hintern.«
    »Wie war ihr … Familienleben?«
    »Adora war … überbehütet. Hab nie erlebt, dass deine Oma Joya sie angelächelt oder liebevoll berührt hätte, und doch fummelte sie ständig an ihr rum. Rückte das Haar zurecht, zupfte am Kleid und … da war noch diese
Sache
. Statt ihren Daumen nass zu machen, um einen Fleck wegzureiben, leckte sie Adora ab. Packte ihren Kopf und leckte. Als Adoras Haut sich nach einem Sonnenbrand schälte, saß Joya neben deiner Momma, zog ihr das Hemd aus und riss die Haut in langen Streifen ab. Auf so was stand sie.«
    »Jackie …«
    »Ich sage die Wahrheit. Stell dir vor, du musst zusehen, wie deine Freundin vor deinen Augen ausgezogen wird und … es war wie bei Affen, die sich lausen. Natürlich war deine Momma dauernd krank. Hat Marian vermutlich von ihr geerbt. Adora hatte ständig Schläuche und Nadeln und so was in sich drin.«
    »Was hatte sie denn?«
    »Von allem etwas. Hauptsächlich lag’s wohl daran, dass sie mit Joya zusammenleben musste. Diese langen, unlackierten Fingernägel, wie bei einem Mann. Und langes, silbernes Haar, das über den Rücken fiel.«
    »Wo war denn mein Großvater?«
    »Keine Ahnung. Weiß nicht mal mehr seinen Namen. Herbert? Herman? Er war nie da, und wenn, verhielt er sich still und … abwesend. Du

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