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Cry Baby - Scharfe Schnitte: Thriller (German Edition)

Cry Baby - Scharfe Schnitte: Thriller (German Edition)

Titel: Cry Baby - Scharfe Schnitte: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Flynn
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Richard anstarrte.
    Richard schwieg, funkelte mich an, verschränkte die Arme und atmete tief durch. Mir war, als röche das ganze Zimmer nach Sex.
    »Na, dir scheint es ja prima zu gehen«, sagte er. Zwang sich zu einem Grinsen. Ich wusste, es war nicht echt, weil die Haut über seinem Kragen rot war wie die einer wütenden Zeichentrickfigur. »Und wie geht’s Ihnen, John? Alles klar?«
    »Danke, ja«, erwiderte John und trat neben mich.
    »Miss Preaker, Ihre Mutter hat uns vor einigen Stunden angerufen, weil Sie nicht nach Hause gekommen sind«, murmelte Vickery. »Sie seien angeblich krank oder gestürzt. Wirkte besorgt. Tief besorgt. Wenn man bedenkt, was hier so passiert ist, kann man nicht vorsichtig genug sein. Ich nehme an, sie wird froh sein, dass wir Sie … hier gefunden haben.«
    Sein letzter Satz enthielt eine versteckte Frage, die ich nicht beantworten würde. Richard schuldete ich eine Erklärung, Vickery nicht.
    »Ich kann meine Mutter selbst anrufen, danke. Nett, dass Sie nach mir gesehen haben.«
    Richard schaute auf seine Füße, biss sich auf die Lippe, zum ersten Mal verlegen. Mir wurde flau, ich hatte Angst.
    Er atmete hörbar aus, stützte eine Hand in die Hüfte, schaute zu mir, dann zu John. Hatte zwei ungezogene Kinder erwischt.
    »Kommen Sie, John, wir bringen Sie nach Hause«, sagte Richard.
    »Danke, Detective Willis, Camille kann mich fahren.«
    »Bist du volljährig, mein Junge?«, erkundigte sich Vickery.
    »Er ist achtzehn«, sagte Richard.
    »Na gut, dann noch einen schönen Tag«, sagte Vickery, lachte zischend und murmelte: »Die schöne Nacht habt ihr ja wohl schon hinter euch.«
    »Richard, ich rufe dich nachher an.«
    Er machte eine unbestimmte Bewegung in meine Richtung und ging zum Wagen.
    Auf der Fahrt zu seinen Eltern schwiegen John und ich. Er summte einen alten Bebop aus den Fünfzigern und trommelte mit den Fingernägeln an die Wagentür.
    »Wie schlimm war das wohl?«, fragte er schließlich.
    »Für dich nicht so schlimm. Zeigt nur, dass du ein anständiger amerikanischer Junge mit gesundem Interesse an Frauen und Gelegenheitssex bist.«
    »Für mich war das kein Gelegenheitssex. Ganz und gar nicht. Für dich etwa?«
    »Nein, im Gegenteil. Es war das falsche Wort. Aber ich bin über zehn Jahre älter als du und berichte über die beiden Verbrechen … ich befinde mich in einem Interessenkonflikt. Dafür sind schon bessere Reporter als ich geflogen.« Ich spürte die Morgensonne im Gesicht, auf den Falten in den Augenwinkeln, die von meinem Alter zeugten. Johns Gesicht war auch nach einer durchzechten, beinahe schlaflosen Nacht glatt und rosig wie ein Blütenblatt.
    »Gestern Abend hast du mich gerettet. Wenn du nicht geblieben wärst, hätte ich was Schlimmes getan. Das weiß ich genau, Camille.«
    »Ich habe mich auch sehr sicher und geborgen bei dir gefühlt«, sagte ich und meinte es ehrlich, doch die Worte hörten sich an wie der unaufrichtige Singsang, in dem meine Mutter immer sprach.
     
    Ich setzte John kurz vor seinem Elternhaus ab. Sein Kuss verrutschte, da ich in letzter Sekunde den Kopf wegdrehte.
Niemand kann beweisen, was passiert ist
, dachte ich in diesem Augenblick.
    Ich fuhr zurück zur Main Street und parkte vor der Polizeiwache. Eine Straßenlaterne brannte noch. 5 . 47  Uhr. Der Empfang war nicht besetzt, also läutete ich die Nachtglocke. Ein Lufterfrischer verströmte zischend sein Zitronenaroma. Ich klingelte erneut, diesmal tauchte Richard hinter dem Glasschlitz in der schweren Tür auf, die zu den Büros führte. Er schaute mich an, und ich rechnete damit, er werde mir den Rücken kehren, hoffte es beinahe, doch dann öffnete er die Tür und trat in den Empfangsraum.
    »Womit sollen wir anfangen, Camille?« Er setzte sich in einen der prall gepolsterten Sessel und stützte den Kopf in die Hände, dass die Krawatte zwischen seinen Beinen baumelte.
    »Es war nicht, wonach es ausgesehen hat«, sagte ich. »Natürlich klingt das wie ein Klischee, aber es ist die Wahrheit.«
Abstreiten abstreiten abstreiten.
    »Camille, ganze achtundvierzig Stunden, nachdem wir miteinander geschlafen haben, finde ich dich mit dem Hauptverdächtigen meines Kindermörderfalles in einem Motelzimmer. Selbst wenn es nicht das war, wonach es ausgesehen hat, ist es schlimm genug.«
    »Er war es nicht, Richard. Das weiß ich hundertprozentig.«
    »Tatsächlich? Habt ihr euch etwa darüber unterhalten, als sein Schwanz in dir steckte?«
    Zorn ist gut
, dachte ich.
Damit

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