Cry - Meine Rache Ist Dein Tod
passte, doch der Fetzen war verschwunden, ehe sie ihn auf Blutspritzer oder Epithelgewebe untersuchen oder mit dem Loch im Ärmel eines Pullovers in Dennis’ Wäschekorb abgleichen konnten. Leider waren an dem Pullover selbst keine Blutspritzer nachzuweisen, nur das besagte Loch, so dass sie nichts Konkretes in der Hand hatten. Selbst wenn der verlorene Fetzen plötzlich wieder aufgetaucht wäre – was hätte das gebracht? Er wäre der
einzige
Teil dieses Pullovers, der verdächtige Spuren aufwies. Trotzdem, solche Pannen durften sie sich nicht erlauben, erst recht nicht im Zusammenhang mit einem Mann wie Cole Dennis.
Wie auch immer, abgesehen von Eve Renners Aussage lagen keine Beweise dafür vor, dass Dennis überhaupt in der Hütte gewesen war.
»Verdammt«, knurrte Montoya und schüttelte den Kopf. Sie hatten nicht genug in der Hand, um den Mistkerl einzubuchten, und ihre Hauptzeugin litt an einer schweren Amnesie.
Jetzt war Dennis also wieder auf freiem Fuß.
Montoya fragte sich, ob Eve Renner den Fall absichtlich sabotiert hatte. Sie und Cole Dennis waren immerhin ein Paar gewesen. Aber warum hatte sie ihn dann überhaupt erst beschuldigt?
Er fuhr sich mit den Fingern durch das kurzgeschnittene Haar und runzelte die Stirn. Die Vorstellung, dieser schleimige Anwalt könnte mit einem Mord davonkommen, stieß dem Detective sauer auf.
Hershey stieß ein kurzes, hohes Bellen aus und stürzte zur Haustür. Ihr Schwanz peitschte einen Sessel so heftig, dass es staubte.
Abby kam nach Hause.
Montoyas Stimmung hellte sich ein bisschen auf.
Er hörte den Schlüssel im Schloss, gleich darauf wurde die Haustür geöffnet, und Abby Chastain blieb auf der Schwelle stehen, um ihren Schirm auszuschütteln, ehe sie ihn in den Schirmständer neben der Tür stellte. Der Hund spielte schier verrückt, wedelte wild mit dem Schwanz und sprang um sie herum. Als Abby ihren Regenmantel auszog und ihn an den Kleiderständer hängte, begegnete sie Montoyas Blick. Sie reagierte mit einem aufreizenden Lächeln, das sogleich sein Blut in Wallung brachte. »Hi.«
»Hi.«
»Tut mir leid, dass ich so spät komme, aber ich habe uns noch etwas zu essen besorgt. Moment … Hey, du. Hast du mich vermisst?«, fragte sie den aufgeregten Labrador und ging in die Hocke, um ihn hinter den Ohren zu kraulen. Hershey winselte und drückte den Kopf an ihre Brust. »Ja, ich dich auch.« Hersheys Schwanz peitschte, wenn möglich, noch wilder. »Nicht so stürmisch«, mahnte Abby lachend, als die Hündin sie beinahe umgeworfen hätte.
Montoya musste unwillkürlich lächeln, und seine üble Laune verflog, als Abby sich wieder aufrichtete und sich die Hände abwischte. »Also, so stelle ich mir eine angemessene Begrüßung vor, Detective«, sagte sie und wies auf Hershey. Ehe sie die Haustür schloss, nahm sie eine weiße Plastiktüte und ihre Mappe vom Schaukelstuhl auf der Veranda, wo sie beides abgelegt hatte, um die Tür aufzuschließen.
»Willst du etwa, dass ich mit dem Hintern wackle und winsele?« Montoya stand auf und schob seinen Sessel zurück.
»Das wäre schon nicht schlecht für den Anfang. Und dann, hm, dann könntest du mir das Gesicht ablecken, und den Rest auch.«
Sie lächelte ihn an. Himmel, war sie schön. Sie trug das Haar zurückgebunden, doch ein paar widerspenstige, rotblonde Locken hatten sich gelöst und umspielten ihr Gesicht. Mit ihrem kleinen Schmollmund und den Augen in der Farbe von altem Whiskey zog sie ihn an wie keine Frau je zuvor. Jetzt funkelten diese Augen schelmisch. »Und vergiss nicht, mir die Füße zu küssen und mir zu sagen, dass du verrückt nach mir bist und dass du ohne mich nicht leben kannst.«
»Und was bekomme ich dafür?«
»Hm. Mal überlegen.«
Mit drei Schritten war er bei ihr.
»Was wünschst du dir denn?«, fragte sie leise.
»Vorsicht«, warnte er, »du spielst mit dem Feuer.«
Sie zog in kecker Herausforderung eine Augenbraue hoch. »Mein Lieblingsspiel.«
»Oh, Lady.« Er lachte kurz auf und schüttelte den Kopf. Im nächsten Moment schloss er sie in die Arme. »Komm, wir vergessen das Abendbrot und gehen gleich ins Bett.«
»Ausgeschlossen. Immerhin habe ich zehn Minuten lang nach einem Parkplatz gesucht, den Wagen schließlich in meiner Verzweiflung ins Halteverbot gestellt und dann beim Thailänder ewig in der Schlange gestanden. Tut mir leid, aber zuerst wird gegessen. Nachher … Wer weiß?«
»Du machst nichts als Ärger.« Er küsste sie fest auf den Mund. Spürte,
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