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Cry - Meine Rache Ist Dein Tod

Cry - Meine Rache Ist Dein Tod

Titel: Cry - Meine Rache Ist Dein Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
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gesellschaftliches Leben praktisch nicht existent war – na und?
    Von Liebschaften hatte sie sowieso fürs Erste die Nase voll.
    Der Trottel, mit dem sie in der High School gegangen war und der eigentlich Farmer werden und sie heiraten wollte, hatte schließlich doch studiert und nicht nur den Bachelor gemacht, sondern anschließend auch noch seinen Doktor in Kriminologie. Jetzt arbeitete er im staatlichen Kriminallabor – man stelle sich vor! Der Typ, in den sie während ihrer College-Zeit verschossen war, erwies sich als elender Schürzenjäger und fand den Tod. Seit damals hatte sie sich nur noch selten mit Jungen getroffen und unternahm am Wochenende hin und wieder etwas mit Freunden.
    Das Telefon klingelte, und Kristi stöhnte auf.
    So ging es einfach nicht weiter. Sie erstickte in ihrer engen Nische. Mit ihren Kolleginnen hatte sie kaum etwas gemeinsam. Was nutzte ihr hier schon ihr Studium der englischen Literatur? Diesen Job hätte sie auch bekommen können, ohne jemals einen Fuß über die Schwelle des All Saints College in Baton Rouge gesetzt zu haben.
    Sie würde ihn hinwerfen.
    Bald.
    Vielleicht schon an diesem Nachmittag, wenn sich die Chefin bequemte, zurückzukommen.
    Das Schrillen des Telefons riss Kristi aus ihren Gedanken.
    Mit erzwungener Freundlichkeit meldete sie sich: »Gulf Auto and Life. Sie sprechen mit Kristi. Was kann ich für Sie tun?«
     
    »Hey, Diego, sieht so aus, als bekämst du Gesellschaft«, sagte Brinkman, als er auf dem Weg nach draußen an Montoyas Schreibtisch vorbeikam. »Das ist doch der Name, den du benutzt, sobald eine heiße Schnalle in der Nähe ist, oder?«
    »Sehr witzig«, grummelte Montoya, hob den Blick und sah Abby eilig auf seinen Arbeitsplatz zukommen. Sie sah entschlossen aus, blasser als gewöhnlich, so dass ihre Sommersprossen deutlicher hervortraten. Ihr Haar war aus dem Gesicht frisiert und mit Spangen festgesteckt. Hastig schlängelte sie sich zwischen Schreibtischen, Aktenschränken und Büronischen hindurch.
    »Ich habe hier etwas, das dich interessieren dürfte«, sagte sie ohne Umschweife und kramte einen Umschlag aus ihrer Handtasche.
    Montoya nahm ihn entgegen und öffnete ihn. Darin steckten ein Schwarzweißfoto und das dazugehörige Negativ. Es handelte sich um eine Aufnahme der Klinik Our Lady of Virtues.
    »Das habe ich schon vor einiger Zeit aufgenommen«, erklärte Abby ein wenig atemlos. »Als … nun ja, als wir versucht haben, Näheres über den Tod meiner Mutter herauszufinden. Ich hatte vergessen, dass der Film noch in der Kamera war, und heute habe ich die Fotos entwickelt.«
    Er betrachtete das Foto und versuchte zu erkennen, was daran so wichtig war, dass Abby damit in solcher Eile zu ihm kam.
    »Da.« Sie deutete auf ein Fenster im zweiten Stock – das Fenster, aus dem ihre Mutter vor zwanzig Jahren zu Tode gestürzt war. »Siehst du den Schatten?«
    Montoya runzelte die Stirn, hielt das Foto unter seine Schreibtischlampe und entdeckte tatsächlich einen kaum sichtbaren schwarzen Schatten.
    »Da steht jemand am Fenster.«
    Er hob ruckartig den Kopf. »Bist du sicher?«
    »Ja. Sieh es dir mit der Lupe an.« Wieder kramte sie in ihrer Handtasche und reichte ihm ein Vergrößerungsglas. Er ging um den Schreibtisch herum, setzte sich und studierte das Foto wie ein Juwelier, der einen Diamanten auf seine Reinheit prüft.
    »Verdammt.« Tatsächlich, am Fenster war der Umriss eines Menschen zu erkennen.
    »Es ist nicht
er
«, sagte Abby, und Montoya begriff, dass sie den Mörder meinte, der im vergangenen Herbst New Orleans in Atem gehalten hatte – den Mörder, der seine Opfer paarweise umgebracht und in enger Verbindung zum Krankenhaus gestanden hatte.
    »Wer ist er dann?«
    »Eben. Das ist die Frage.«
    »Du denkst, der Kerl hat etwas mit den jüngsten Vorfällen zu tun?«
    »Ich weiß es nicht, aber seltsam ist es doch.« Sie tippte mit dem Finger auf das Foto. »Der Zutritt zu dem alten Klinikgebäude ist verboten, es soll abgerissen werden. Aber da steht eindeutig ein Mann.«
    »Vielleicht der Hausmeister.«
    »Klar«, sagte sie sarkastisch – der damalige Hausmeister des Our Lady of Virtues war ein Mann namens Lawrence Du Loc gewesen, und auch wenn das Foto reichlich unscharf war, musste Montoya seiner Verlobten dennoch recht geben: Der Mann am Fenster war nicht Du Loc.
    Sondern? Terrence Renners Mörder?
    Vielleicht. Oder jemand, der etwas wusste.
    Montoya verzog das Gesicht und fragte sich, ob sie einem Phantom nachjagten.

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