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Cryonic: Der Dämon erwacht (Cryonic 1) (German Edition)

Cryonic: Der Dämon erwacht (Cryonic 1) (German Edition)

Titel: Cryonic: Der Dämon erwacht (Cryonic 1) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vitali Sertakov
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ruhig hier. Wir machen jetzt nämlich einen kleinen Ausritt «, erklärte er und pfiff nach seinem Pferd.
    Das riesige Tier kam sofort herbeigerannt. Bei jedem seiner Schritte bebte die Erde. Auf dem Rücken des Hengsts warteten bereits zwei Sättel, mit jeweils einem Paar Steigbügeln. Prochor half Artur beim Aufsitzen, zog dann aber gleich wieder ab, um weiter seine Pulverchen in die Feuer zu geben. Ismail sprang hinter dem zweiten Neuankömmling aufs Pferd, die beiden Annas blieben auf dem Boden sitzen und hielten sich bei den Händen wie zwei indische Yogis. Kowal sah nach oben. Vom Balkon des Hotels aus winkte ihm Nadja zu. Mit einem Mal begriff er, dass, wenn die Wipper sie je trennen sollten, er alle nur denkbaren Ketten durchfeilen und sie finden würde – selbst wenn er dafür das ganze Land zu Fuß durchqueren müsste.
    Der junge Wipper vor ihm trieb das Pferd mit dem Druck seiner Schenkel an. Artur hielt sich krampfhaft am Sattelbogen fest, um nicht aus einer Höhe von zweieinhalb Meter im Schotter zu landen, in den sich das einstige Straßenpflaster verwandelt hatte. Ismail und der alte Wipper folgten ihnen mit einem Abstand von zwei Pferdelängen.
    Der schwarze Hengst bevorzugte den Passgang. Während er in gleichmäßigem, geradezu mechanischem Rhythmus vorwärtseilte, kam er an schiefen abgesunkenen Häusern vorbei. Sobald sie den Weg abkürzten und durch asphaltierte Hinterhöfe ritten, sprühten unter den bratpfannengroßen Hufen Funken auf. Artur, der auf dem breiten Tier fast im Spagat saß, fühlte sich wie ein dreijähriger Knirps, den sein Vater auf einen Ausritt in den Park mitgenommen hatte.
    Mit einem Mal warf der Wipper das in weißen sackartigen Hosen steckende barfüßige Bein über den Rücken des Tiers und drehte sich seinem Gefangenen zu. »Schmier dich damit ein!« Er gab Artur ein Fläschchen, das die gleiche gelbe Flüssigkeit enthielt, die er auch bei dem Toten im Gully entdeckt hatte. »Hier gibt es schlimme Blutsauger. Normalerweise sind sie nachts unterwegs, aber wenn so ein Mücklein mal tagsüber auftaucht und dich sticht, bist du lange krank.« Er beobachtete schweigend, wie Artur das Öl auf Gesicht und Hals verteilte. Aha!, schoss es diesem durch den Kopf. Das Zeug ist also nicht nur gegen Bullterrier gut. »Behalt die ruhig«, fuhr der Wipper fort. »Wenn wir am Fluss sind, schmierst du dich noch mal ein.«
    »Du bist nicht so wie die anderen«, sagte Kowal. »Wofür brauchst du mich? Habt ihr sonst niemanden, der eure Frauen schwängern kann?«
    »Nenn mich Berder. Du bist auch nicht wie die anderen. Ismail hat viele Städter getötet, aber du hast ihn am Leben gelassen. Warum?«
    »Er hat die Mutter mit der Rauchvergiftung gerettet.«
    »Danach hättest du ihn immer noch umbringen können. Warum hast du das nicht getan?«
    Kowal war völlig durcheinander. Was sollte er auf eine solche Frage antworten? Ja wohl nicht die Wahrheit: Dass er der Ansicht gewesen war, ein lebender Wipper gäbe eine gute Geisel ab.
    »Hast du darauf gehofft, dass er sich im Gegenzug ebenso edel verhält?«, fragte Berder. »Die Soldaten zu deiner Zeit hätten das getan, oder?«
    »Das weiß ich doch nicht!«, brummte Artur. »Ich bin heute kein Soldat, und ich war auch damals keiner.«
    »Das ist mir auch schon aufgefallen, dass du kein Soldat bist, meine ich. Du behängst dich mit Schießeisen, aber du kannst gar nicht mit ihnen umgehen. Außerdem habe ich dich gebeten, alle Waffen dazulassen, aber du hast ein Messer mitgenommen. Wirf es weg! Also, wenn du kein Soldat bist, was bist du dann? Ein Buchmensch?«
    »Ja … vermutlich kann man das so sagen«, antwortete Artur, während er Matroses Wurfmesser traurig auf seinem Weg in die Büsche hinterhersah. »Du hast mir aber immer noch nicht auf meine Frage geantwortet. Warum braucht ihr mich?«
    »Männer wie ich werden Hüter des Gleichgewichts genannt«, erklärte der Wipper lächelnd und stellte etwas mit seinem Gesicht an, genauer gesagt, er hörte auf, es hinter einem wabernden Nebelschleier zu verbergen. Er ähnelte dem Italo-Ami Sylvester Stallone in jungen Jahren, auch seine Lippen waren auf dessen charakteristische Weise nach unten gezogen, wenn er lächelte. »Wir reiten zu einem Ort, an dem man kein Metall bei sich tragen darf. Metall stört den Wind.« Er deutete abermals ein Lächeln an – und schon hatte Artur wieder seinen Rücken vor sich.
    Die Pferde preschten an einem maroden Glockenturm vorbei, von dem der Putz abblätterte,

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