Cryonic: Der Dämon erwacht (Cryonic 1) (German Edition)

einzeln den Schlagbaum passieren. Ein Junge kletterte auf einen Kutschbock und winkte den nächsten Kaufmann wie ein geborener Lotse in die Reihe. Es gab einfach alles, was das Herz begehrte. Sogar Obst. Ende April hätte Artur nicht mal im Traum daran gedacht, es im Angebot zu finden. Aber dann zuckelten drei Karren voller Äpfel an ihm vorbei.
    Man brachte halbe Schweine, in Sackleinen eingeschlagen und unter zerschlagenem Eis begraben, gackernde Truthähne, die an den Beinen zusammengebunden waren, und gemästete Gänse. Den Gänsen folgte erst ein Wagen voller Filzstiefel, dann ein Kastenwagen mit Waffen. Auf seinem Dach saßen vier junge Kerle mit knallharten Visagen. Kowal hielt nach jemandem Ausschau, dem er gegen ein geringes Entgelt sein Pferd anvertrauen konnte. Dabei durfte er sich einmal mehr davon überzeugen, wie weit er dem Leben hinterherhinkte, denn der Parkplatzwächter , ein kleiner, verschlagen wirkender Mann mit einer Weste aus Kaninchenfell über dem nackten Oberkörper, weigerte sich strikt, Bruchgold von ihm anzunehmen. Er akzeptiere nur die Münzen vom Präsidenten, beteuerte er mit einem verdächtigen Glitzern in den Augen. Am Ende siegte die Gier. Artur erhielt eine Kupfermarke. Noch war ihm nicht klar, dass er einen saudummen Fehler begangen hatte. Denn er ließ die Satteltaschen und die Tasche mit den Edelsteinen zurück.
    Und in dieser Tasche steckte der junge Drache Flugs.

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    ERSTE BEKANNTSCHAFT MIT DER INQUISITION
    Der Markt war überwältigend. Trotz des allgemeinen Lärms und Gewusels gingen die Geschäftsverhandlungen in absoluter Ruhe über die Bühne. Zunächst wurden alle Waren hierher gebracht, um anschließend über den Kreml an die kleinen Händler zum Verkauf verteilt zu werden. Kowal verfolgte, wie binnen Minuten der Honig einer ganzen Karawane aufgekauft wurde. Obwohl das Hauptkontor, in dem die größten Transaktionen abgewickelt wurden, sich im ehemaligen Theater Estrady befand, liefen noch genügend Händler zwischen den Reihen herum, begleitet von je vier kräftigen Offizieren der Sicherheit. Das Geld trug man in geschmiedeten Kisten, die so schwer waren, dass ein Mann allein sie nicht anheben konnte. Am Wechselschalter gab es eine lange Schlange, denn die Marktleitung ließ im Grunde nur Gold und Silber Moskauer Prägung zu. Kupfer und Münzen, die nicht aus Moskau stammten, wurden zwar akzeptiert, beides stand jedoch in einem absurd tiefen Kurs.
    Artur versuchte rund eine Minute lang, aus den Ziffern auf der gewaltigen Schiefertafel schlau zu werden. Rubel aus Jaroslawl, Kasan, Rjasan, Tambow … Je länger der Markt dauerte, desto schneller änderten sich die Kurse zuungunsten der Provinzwährungen. Bei gleichem Gewicht und Goldanteil in den Münzen erreichte kein Umlandsrubel auch nur achtzig Prozent des Werts eines Hauptstadtrubels. Die interessanteste Offenbarung hielt jedoch eine andere Tafel für Kowal bereit. Dort wurde er nämlich über Mark, Pfund und Kronen informiert. Was soll das denn heißen?, fragte er sich. Ist der Euro etwa wieder vom Tisch? Ist das gute alte Europa am Ende erneut in einzelne Fürstentümer zerfallen?
    Mit aller Kraft riss er sich von diesen Zahlen los. Er wollte gerade auf eine mit Sand ausgestreute Fläche zusteuern, in der Pferde im Kreis galoppierten, als sich die Ereignisse mit einem Mal überschlugen.
    »Das ist er!« Der markerschütternde Schrei übertönte alle anderen Geräusche. »Der da!«
    Alle Köpfe drehten sich in Arturs Richtung. Sechs bewaffnete Soldaten bahnten sich leicht wie ein Messer, das durch Butter gleitet, ihren Weg durch die Menge und hielten auf ihn zu. Hinter ihnen sprang wie bescheuert jener Kerl herum, dem Artur sein Pferd überlassen hatte. Seine Hand hatte er mit einem blutigen Lappen umwickelt und presste sie gegen die Brust.
    »Das ist dieser gemeingefährliche Zauberer! Das ist ein Wipper! Tötet ihn!«
    Alles klar. Dieser freche Dieb hatte gar nicht daran gedacht, das ihm anvertraute fremde Eigentum zu schützen, sondern seine Hand in die Tasche mit den Edelsteinen gesteckt und war dort auf den ewig hungrigen Flugs gestoßen. Solange der Drache nichts zu futtern bekam, würde er noch ein ganzes Weilchen klein und ein zuverlässiger Hüter der Edelsteine bleiben, denn Prochor dem Zweiten war es bei seinen Experimenten gelungen, das Wachstum seiner Kreaturen um einige Monate hinauszuzögern.
    »Worauf wartet ihr denn noch?! Tötet den Kerl endlich!«
    Sechs Gewehre richteten sich auf Artur. Das,