Cryonic: Der Dämon erwacht (Cryonic 1) (German Edition)
Körper, die hinteren dienten offenbar der Steuerung und erlaubten es dem Drachen, wie ein Hubschrauber aus dem Stand aufzusteigen. An den Pfoten hatte sich nichts geändert, sie schienen noch immer einem Krokodil zu gehören und wirkten viel zu klein für diesen riesigen Rumpf, sodass das Reptil ein wenig an einen Dachs erinnerte.
»Prochor! Das ist einfach … unglaublich«, hauchte Artur. »Aber acht Extremitäten, das ist doch … irreal.«
Karim fielen fast die Augen aus dem Kopf. Er wollte sich sogar hochrappeln, rutschte aber aus und landete im Feuer. Wenn Berder nicht gewesen wäre, hätte man jetzt auch noch die Brandwunden dieses Kirchenmannes behandeln dürfen.
»Damit … damit fliege ich nie im Leben!«, erklärte Karim mit brechender Stimme.
»Sie ist wunderschön, nicht wahr?« Prochor trat aus der Kirche und tätschelte dem Tier den Kopf. Die Drachin streckte den Hals in Erwartung einer Leckerei nach der Tasche ihres Herrn aus. »Aber das ist nicht allein mein Verdienst. Semjon und Marty haben mir sehr geholfen. Das ist unser aller Werk!« Er nickte in Richtung seiner beiden bescheidenen Assistenten zurück. In den Augen der Alten funkelte Verzückung. Sie schienen ihr Baby wirklich zu vergöttern.
»Aus welchem Kinderbuch hast du die denn her?«, fragte Artur, der Prochor hinausgefolgt war.
Der Drache trug ein aufwendiges Geschirr mit drei Sätteln und Riemen für Gepäck und Waffen. Die Zügel aus gegerbtem Leder verliefen unter den Flügeln und dem Unterkiefer, auf dem ein stabiler Maulkorb aus Metall saß.
»Keine Zügel der Welt würden den Druck dieser Zähne aushalten, das haben wir getestet! Darüber hinaus würde sie ohne Maulkorb unterwegs ständig Vögel fangen!«, erklärte er, während er dem Tier zärtlich über die festen grünen Schuppen strich und den Maulkorb abnahm. »Was musst du sonst noch wissen? Mein Mädchen ist furchtbar ängstlich. Wenn dieser närrische Kirchenmann weiter so rumjammert, kriegt Malwina solche Panik, dass ich nicht …«
»Wie … wie hast du sie genannt?«, fragte Artur, der mit Mühe einen Lachanfall unterdrückte.
»Malwina!«, antwortete der kleine Semjon, der sich ihnen ebenfalls zugesellt hatte. Er holte ein paar ungerupfte Hühnchen aus einem Sack und warf sie der Drachin zu. Die schluckte sie runter, ohne auch nur einmal zu kauen.
»Das soll ein Name aus der dänischen Folklore sein!«, ergänzte Prochor. »Eines der Kinder hat ihn mir vorgeschlagen. Jetzt pass auf, Schwert, ich erkläre dir, wie du mit ihr umgehen musst. Präg dir drei Dinge ein. Jage sie nie über festen Boden, denn Malwina ist eine Flugdrachin. Gib ihr kein Obst zu essen, davon bekommt sie Durchfall. Und schimpfe auf keinen Fall mit ihr oder fuchtel mit den Armen vor ihr herum. Malwina ist kein Pferd, mit ihr muss man höflich umgehen! Glaub mir, sie zählt mehr als deine drei alten Freunde, die beiden Pferde und Flugs, zusammen! Und nun lass Malwina mal an dir schnuppern, danach dürft ihr beide euch in trauter Zweisamkeit miteinander bekannt machen. Anschließend wirfst du einen Blick auf die Karte, um dir darüber klar zu werden, welchen Weg du nimmst. Du musst ins Zentrum der Stadt …«
Als Artur den ersten mentalen Kontakt zur Drachin herstellte, konnte er sich nur einmal mehr über das kreative Genie Prochors wundern. Malwina war weitaus schlauer als gewöhnliche Drachen. Und wesentlich sensibler …
»Was ist, meine Kleine?«, fragte Artur mit einem Blick in die dunklen, von zwei Wimpernreihen gerahmten Augen der Drachin. »Unsere ganze Hoffnung ruht nun auf dir. Und mach mal den Mund auf, dir steckt da noch was zwischen den Zähnen …«
Malwina öffnete folgsam den Mund. Artur holte sein Messer heraus und hebelte ein Hühnerbein zwischen ihren Schneidezähnen heraus. Jeder Zahn war größer als eine Streichholzschachtel. Die kräftigen bekrallten Pfoten kratzten nervös übers Gras.
Kowal drehte sich um. Hinter ihm stand Berder. Sein weißes langes Hemd war im Rücken gebläht wie ein Segel.
»Du wolltest mich etwas fragen, Schwert?«
»Ja, Lehrer.«
»Unsere Antwort lautet Ja . Wenn du tust, was getan werden muss, kannst du deine Frau und die beiden Kinder nehmen und mit ihnen hingehen, wo immer du hingehen möchtest.«
»Wolltest auch du mich etwas fragen, Lehrer?«, sagte Kowal, der sich plötzlich erinnerte, wie er die Gesichter der Wipper anfangs nicht hatte erkennen können. Wie leicht sie sich doch vor allen Fremden zu verbergen vermochten –
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