Cryonic: Der Dämon erwacht (Cryonic 1) (German Edition)
und fluchte fürchterlich.
»Wir werden uns wohl nie wiedersehen, oder, Erwachter Dämon?«, fragte Karim dann aus der Finsternis heraus. »Ich … ich würde dich gern irgendwie bezahlen …«
»Warne die Leute, besser kannst du deine Dankbarkeit gar nicht ausdrücken.«
»Ich habe in der rechten Seite keine Schmerzen mehr … Und es kommt auch kein Blut mehr, wenn ich austrete. Außerdem hat sich auch mit meinem Bein etwas verändert. Also … danke für alles.«
»Noch schöner wäre es, wenn sich in deinem Kopf etwas verändert hätte … Was machst du jetzt, Hochwürden? Die Kerle aus dem Kreml werden ja wohl kaum in Tula oder Brjansk Asyl finden.«
»Ich weiß es nicht …«, gestand Karim und seufzte schwer. »Vielleicht versuche ich, eine neue Gemeinde aufzubauen.«
»Ohne Iwan? Damit du die Macht ganz für dich allein hast?«
»Iwan wird den morgigen Tag nicht mehr erleben!« Karim stieß ein sardonisches Lachen aus. »Ich habe ihm oft genug gesagt, man dürfe die schlafenden Waffen nicht anrühren! Meine Brüder haben zweimal aus Ziegenblut vorhergesagt, und zweimal haben sie großes Unheil angekündigt … Nein, ich werde wahrscheinlich nach Süden gehen und dort eine neue Gemeinde aufbauen, zusammen mit mir treu ergebenen Menschen …«
»Dich ändert auch nichts mehr. Aber nun mach dich erst mal ans Werk!«
Als die hinkende Figur des Kirchenmannes hinter der Brücke Krymski Most verschwunden war, band Artur Malwina an einem Baum fest, eine rein symbolische Handlung, versteht sich, denn eher hätte er da noch eine Dogge an einer Pusteblume festbinden können. Anschließend fütterte er sie mit etwas Huhn. Den entscheidenden Moment schob er jedoch immer noch hinaus. Zum ersten Mal sollte er eine solche Aktion ganz allein durchführen. Zu seinem Premierenfieber kam hinzu, dass er meinte, nicht das moralische Recht zu haben, die Erde zum Wippen zu bringen, immerhin waren seine Eltern nicht in den Sümpfen erfroren, während radioaktiv verseuchter Regen auf sie einprasselte, hatten nicht um ein Stück Brot gekämpft, keine wilden Tiere gezähmt …
Irgendwann rang er sich jedoch dazu durch, seinen Rucksack zu öffnen. Er füllte Flüssigkeiten aus drei kleinen Fläschchen in einen Kochtopf, gab die nötigen Pulver dazu und wartete, bis das Feuer unter dem Topf brannte. Dann goss er den brodelnden und stinkenden Sud in eine Schale. Jetzt musste er äußerst penibel auf jeden Schritt der Prozedur achten, weil bereits der kleinste Fehler die Sache verhunzen konnte. Er schlitzte sich das linke Handgelenk leicht auf und beobachtete, wie sich das Blut Tropfen für Tropfen mit der grünlichen Brühe vermengte. Sobald die Flüssigkeit zu zischen anfing und ein gleichmäßiges Ziegelrot annahm, zog er die Hand weg und tunkte bereitgelegte Lappen in den Sud. Nachdem er die verbrannten Finger ausgeschüttelt hatte, wrang er die Lappen aus und zog aus der Scheide über seiner Schulter ein Krummmesser. Berder hatte es mit einem Stück groben Leders über eine Stunde lang geschliffen, sodass schon die geringste Ungeschicklichkeit ihm eine tiefe Wunde bescheren würde. Vorsichtshalber zog er daher derbe Handschuhe an. Aus einer weiteren, gut versiegelten Flasche gab er pechschwarzes Wasser auf die Schneide, wobei er genau darauf achtete, dass seine Haut nicht damit in Berührung kam. Ein Tropfen dieses Wassers würde genügen – und nicht einmal Anna die Erste, die beste Heilerin im Dorf, würde ihn noch retten können. Dieses schwarze Wasser wurde in einem besonderen Verfahren aus jenem toten Nass gewonnen, das sich im Laufe des Jahres im Graben an der Brandstätte sammelte.
Nun brauchte er junge Bäume, denn alte halfen ihm bei seinem Vorhaben nicht. Nachdem er drei geeignete Stämme gefunden hatte, wickelte er die noch heißen, stark nach Kräutern riechenden Lappen um sie und ritzte in die Rinde zwei schräge Kreuze. Malwina beobachtete ihn, ihre Augen loderten wie die einer großen Katze und spiegelten das Licht des inzwischen aufgegangenen Mondes wider. Irgendwann legte sie sich auf den Bauch und bereitete sich geräuschvoll auf den Schlaf vor.
Die ersten Bäume stellten sich als die falsche Wahl heraus, sodass er die Operation an anderen Bäumen wiederholen musste. Doch auch das brachte nichts. Er nahm einen dritten Anlauf und trat ein paar Schritte von dem Stamm zurück, den er gerade präpariert hatte. Berder konnte sich doch nicht geirrt haben …
Und das hatte er auch nicht. Die siebte Esche
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