Cryonic: Der Dämon erwacht (Cryonic 1) (German Edition)
die einzelnen Viertel überfallen hat. Mam Kate hat ihm am längsten Widerstand geleistet. Der Gouverneur hat dann erklärt, dass er eine neue Truppe aushebt, die für die ganze Stadt verantwortlich ist, die Innere Truppe. Die Männer bekommen doppelten Sold und sind bei ihm im Michailowski-Palast einquartiert. In dem hat früher die Kommune von Pap Arbusik gelebt, den der Gouverneur aber der Hinterziehung von Steuergeldern, die für den Straßenbau gedacht waren, angeklagt hat. Mit dieser Erklärung wurden alle aus dem Palast vertrieben, und der Gouverneur hat sich dort eingenistet. Deshalb wiederhole ich noch einmal: Ohne Arina wäre das alles nicht möglich gewesen. Sie kann in den Köpfen der Menschen lesen … Die Männer von Mam Kate haben sich dann natürlich darum gerissen, der neuen Truppe beizutreten.«
»Einen Moment mal, Lew!« Kowal schüttelte wie benommen den Kopf. »Ich kann das einfach nicht glauben, dass der Gouverneur ganz Piter in seine Gewalt gebracht hat. Soweit ich mich erinnere, ist er ein alter kranker Mann, der gar nicht sonderlich auf Macht erpicht ist …«
»Daran hat sich auch nichts geändert! Die ganze Geschichte hat erst mit diesem Kirchenmann angefangen!«
»Wie bitte?!«, fragte Artur und verschluckte sich am Tee.
»Hast du gehört, was in Moskau geschehen ist?« Lew senkte die Stimme, schlich auf Zehenspitzen zur Tür und vergewisserte sich, dass draußen niemand lauschte. »Moskau gibt es nicht mehr. Die Wipper haben es vor einem Jahr vernichtet. Es steht außer Frage, dass sie das waren, denn nur sie sind in der Lage, die Natur zum Aufstand anzustacheln! Seitdem kommen ständig Flüchtlinge aus Moskau zu uns, darunter auch eine Garnison ihres widerwärtigen Präsidenten, dieses Pap Iwan. Stell dir vor, der Präsident wurde von seinen eigenen Soldaten umgebracht. Und die Garnison hat einer der Moskauer Kirchenleute angeführt. Mit mehr als dreitausend Bajonetten sind sie hier angerückt, dazu noch fast tausend Frauen und Kinder. Und alle diese Kremlleute haben auf den Kirchenmann gehört, als sei er ihr eigener Vater. Er hat gesagt, dass er mit demjenigen zu sprechen wünsche, der in Petersburg das Sagen hat. Daraufhin haben sich die Ältesten aus der Duma zu ihm begeben, denn niemand wollte, dass diese hungrige Armee in die Stadt einzieht. Damals wussten wir noch nicht, dass das gar keine Hungerleider sind. Mit den Angehörigen der Duma wollte der Kirchenmann aber nicht verhandeln. Stattdessen hat er sich heimlich mit dem Gouverneur ins Benehmen gesetzt. Den hat dieser schlaue Fuchs davon überzeugt, alle Soldaten zusammenzuziehen und unter seinen, des Gouverneurs, Befehl zu stellen. Sie haben das Graue Haus besetzt. Das ist im Liteini Prospekt …«
»Ich kenne es. Das ist der rechte Ort für diese Bande«, antwortete Artur in Erinnerung an die wechselvolle Geschichte dieses Hauses: Gericht, Gefängnis, FSB -Zentrale …
»Einen Monat später hat der Gouverneur dann die Duma aufgelöst und den Kommunen verboten, eigene Wachen aufzustellen. Wer nicht gehorcht hat … Zwei Kommunen sind bis auf die Grundfesten niedergebrannt worden. Die neue Garnison des Gouverneurs besteht aus seinen Männern und denen aus Moskau und ist uns im Kampf weit überlegen. Die haben ihre Leute in allen Straßen aufgestellt und bezeichnen sich als Grenztruppen . Und sämtliche kleinen Ganoven haben sich ihnen sofort angeschlossen. Alle wollten so gern Grenzsoldaten sein, Geld in den Straßen eintreiben und ansonsten ein ruhiges Leben führen …«
»Was ist mit Arina? Du hast doch gesagt, sie hat Einfluss auf den Gouverneur?«
»Und wie! Aber sie hat auch nichts gegen diese neue Regelung. Ich vermute sogar, dass das Mädchen sich entweder vor den Kremlleuten fürchtet oder mit ihnen eine eigene Absprache getroffen hat. Und wenn ich ganz offen sein soll, Artur, dann muss ich zugeben, dass sie auch viel Gutes getan haben. Der Gouverneur hat dem Bürgermeister das Gold abgenommen und allen anderen verboten, Münzen zu prägen. Er hat große Märkte eröffnet, wie es sie früher auch in Moskau gegeben hat. Er schickt Soldaten aus, damit sie die Ernte einfahren, sodass wir nicht länger von den Cowboys abhängig sind. Die Stadt kauft nicht nur Essen wie früher, sondern legt Vorräte an. Die Speicher bersten förmlich vor Korn, die nächsten zwei Jahre brauchen wir uns nicht die geringsten Sorgen zu machen. Er bessert die Straßen aus und schickt Einheiten los, damit sie die Bullterrier
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