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Cryptonomicon

Cryptonomicon

Titel: Cryptonomicon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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Verteidigungsheeres gesäumt, das (so kann man nur annehmen) den römischen Invasoren soeben eine Abreibung verpasst hat, die sie so bald nicht vergessen werden. Waterhouse bückt sich erst gar nicht, um das Schildchen zu lesen; er weiß, Thema des Bildes ist Julius Cäsars fehlgeschlagener und wahrscheinlich apokrypher Versuch, den qwghlmianischen Archipel dem Römischen Reich einzuverleiben, das Unternehmen, das ihn am weitesten von Rom wegführte, und die schlechteste Idee, die er jemals hatte. Zu behaupten, die Qwghlmianer hätten das Ereignis nicht vergessen, ist genauso, als würde man sagen, die Deutschen könnten manchmal ein wenig bissig werden.
    »Welche Hoffnung hat Hitler, wo Cäsar gescheitert ist?«
    Waterhouse wendet sich der Stimme zu und entdeckt Nigel St. John Gloamthorpby alias Lord Woadmire alias Duke of Qwghlm. Er ist kein hoch gewachsener Mann.Waterhouse marschiert durch den Teppich, um ihm die Hand zu geben. Zwar hat ihn Colonel Chattan über korrekte Anredeformen beim Zusammentreffen mit einem Duke unterrichtet, doch Waterhouse kann sich daran ebenso wenig erinnern, wie er den Stammbaum des Duke zeichnen kann, und beschließt daher, alle seine Äußerungen derart zu strukturieren, dass er sich weder namentlich noch durch Pronomen auf den Duke bezieht. Das wird Spaß machen und die Zeit rascher verstreichen lassen.
    »Wirklich ein tolles Gemälde«, sagt Waterhouse, »Mordssache.«
    »Sie werden die Inseln selbst nicht weniger ungewöhnlich finden, und das aus den gleichen Gründen«, sagt der Duke vieldeutig.
    Als sich Waterhouse das nächste Mal wirklich bewusst wird, was vor sich geht, sitzt er im Arbeitszimmer des Duke. Er meint, dass in der Zwischenzeit ein routinemäßig höfliches Gespräch stattgefunden hat, doch dergleichen wirklich mitzuverfolgen hat überhaupt keinen Sinn. Zum zweiten oder dritten Mal wird ihm Tee angeboten, den er dankend akzeptiert, ohne dass er welchen zu sehen bekäme.
    »Colonel Chattan hält sich im Mittelmeerraum auf und man hat mich an seiner Stelle geschickt«, erklärt Waterhouse, »und zwar nicht, um mit der Besprechung logistischer Details Zeit zu verschwenden, sondern um unsere tief empfundene Dankbarkeit für das überaus großzügige Angebot im Hinblick auf das Schloss zu übermitteln.« Na bitte! Keine Pronomen, kein Fauxpas.
    »Keine Ursache!« Der Duke fasst das Ganze als Affront gegen seine Großzügigkeit auf. Er spricht in dem gemessenen, würdevollen Tonfall eines Menschen, der im Geiste ein deutsch-englisches Wörterbuch durchgeht. »Von meinen eigenen... selbstverständlich gern getragenen... patriotischen Verpflichtungen... einmal abgesehen... ist es ja schon fast... in Mode gekommen... dass man eine ganze... Mannschaft... Uniformierter und was weiß ich in der... Speisekammer herumlaufen hat.«
    »Viele bedeutende Häuser Großbritanniens leisten ihren Beitrag zum Krieg«, stimmt Waterhouse zu.
    »Tja, dann... benutzen Sie’s... unbedingt!«, sagt der Duke. »Nur keine... Scheu! Benutzen Sie’s... richtig! Nehmen Sie keine... Rücksicht! Es hat... tausend Inselwinter... überstanden und wird... auch Sie überstehen.«
    »Wir hoffen, bald eine kleine Abteilung vor Ort zu haben«, sagt Waterhouse liebenswürdig.
    »Darf ich... nur um meine eigene Neugier... zu befriedigen... erfahren... welche Art von...?«, fragt der Duke und verstummt.
    Darauf ist Waterhouse vorbereitet. Er ist so gut darauf vorbereitet, dass er einen Moment innehalten muss, um sich einen Anschein von Diskretion zu geben. »Huffduff.«
    »Huffduff?«
    »HFDF. High-Frequencey Direction Finding. Kurzwellen-Funkpeilung. Eine Technik zur Lokalisierung weit entfernter Sender mittels Triangulation von verschiedenen Punkten aus.«
    »Ich hätte... gedacht... Sie wüssten, wo alle... deutschen... Sender sind.«
    »Tun wir auch, außer bei denen, die sich bewegen.«
    »Bewegen?« Der Duke furcht gewaltig die Stirn, da er sich einen riesigen Sender – samt Gebäude und Turm – vorstellt, der, wie die Dicke Bertha auf vier parallele Eisenbahngleise gestellt und von angeschirrten Ukrainern gezogen, über eine Steppe kriecht.
    »Denken Sie an Unterseeboote«, sagt Waterhouse feinfühlig.
    »Ah!«, entfährt es dem Duke. »Ah!« Er lehnt sich in seinem knarzenden Ledersessel zurück und lässt vor seinem geistigen Auge ein ganz neues Bild erstehen. »Sie... tauchen auf, nicht wahr, und senden... Funksprüche?«
    »Richtig.«
    »Und Sie... lauschen.«
    »Wenn wir nur könnten!«, sagt

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