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Cryptonomicon

Cryptonomicon

Titel: Cryptonomicon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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hinauf besteht aus mehr als einem Dutzend Serpentinen, jede mit schwarzem Eis überzogen und voll tödlicher Gefahr.Waterhouse ist froh, dass er sie nicht zu Fuß begehen muss, doch die Serpentinen und die schlitternde Bewegung des Taxis lassen seine Seekrankheit wieder aufflackern.
    »Hakh!«, sagt der Fahrer, nachdem sie etwa drei Viertel der Strecke zurückgelegt haben und mehrere Minuten lang kein Wort gefallen ist. »Die haben praktisch den roten Teppich für die Römer ausgerollt. Die haben für die Wikinger die Beine breit gemacht. Wahrscheinlich sind da drüben inzwischen Deutsche!«
    »Wo wir gerade von Gift und Galle reden«, sagt Waterhouse, »Sie müssen anhalten. Von hier aus gehe ich zu Fuß.«
    Der Fahrer ist verblüfft und vergrätzt, gibt jedoch nach, als Waterhouse ihm erklärt, dass die Alternative eine Großreinigung des Autos ist. Er fährt sogar den Seesack auf den Sghr und liefert ihn dort ab.
    Abteilung 2702 trifft ungefähr fünfzehn Minuten später in Gestalt von Lawrence Pritchard Waterhouse, USN, der als Vorauskommando dient, auf dem Schloss ein. Der Fußmarsch gibt ihm Zeit, sich seine Geschichte zurechtzulegen, sich auf seine Rolle einzustellen. Chattan hat ihn darauf aufmerksam gemacht, dass es Dienstboten geben wird, dass sie dies und jenes bemerken und dass sie klatschen werden. Es wäre sehr viel praktischer, wenn man die Dienstboten für die Dauer der Operation aufs Festland verfrachten könnte, aber das wäre dem Duke gegenüber unhöflich. »Sie werden«, hat Chattan gesagt, »einen modus vivendi finden müssen.« Sobald Waterhouse diesen Begriff nachgeschlagen hatte, hat er von Herzen zugestimmt.
    Das Schloss ist ein Schuttberg, ungefähr so groß wie das Pentagon. Die im Windschatten liegende Ecke ist mit einem funktionellen Dach, elektrischen Leitungen und ein paar anderen Extras wie etwa Türen und Fenstern ausgestattet worden. In diesem Bereich – und mehr bekommt Waterhouse an diesem ersten Nachmittag und Abend nicht zu sehen – kann man vergessen, dass man sich auf Outer Qwghlm befindet, und sich einreden, man wäre an einem grüneren, lieblicheren Ort wie etwa dem schottischen Hochland.
    Am nächsten Morgen unternimmt er, begleitet von Ghnxh, dem Butler, Vorstöße in andere Teile des Gebäudes und stellt zu seiner Freude fest, dass man sie gar nicht erreichen kann, ohne sich nach draußen zu begeben; die inneren Verbindungsgänge sind zugemauert worden, um den saisonalen Wanderbewegungen der Skrrghs (ausgesprochen in etwa wie »skerries«) Einhalt zu gebieten, jener possierlichen, helläugigen, langschwänzigen Säugetiere, die das Inselmaskottchen sind. Diese Abschottung ist zwar unpraktisch, wird der Sicherheit aber nur zuträglich sein.
    Sowohl Waterhouse als auch Ghnxh sind in brettartige Umhänge aus echter qwghlmianischer Wolle gehüllt und Letzterer trägt den GALVANISCHEN LUCIPHER. Der Galvanische Lucipher ist von altertümlicher Bauart. Ghnxh, der ungefähr hundert Jahre alt ist, kann über Waterhouses US-Navy-Taschenlampe nur herablassend lächeln. In dem gedämpften Ton, den man etwa anschlägt, um einen gewaltigen Fauxpas zu korrigieren, erklärt er, der Galvanische Lucipher sei so hervorragend konstruiert, dass jede weitere Erwähnung der Navy-Lampe für alle Beteiligten zur furchtbaren Peinlichkeit gerate. Er führt Waterhouse in einen speziellen Raum hinter dem Raum hinter dem Raum hinter dem Raum hinter der Speisekammer, einen Raum, der einzig und allein der Wartung des Galvanischen Lucipher und der Aufbewahrung seiner Teile und Betriebstoffe dient. Herzstück des Geräts ist ein handgeblasenes, sphärisches Glasgefäß, das von seinem Fassungsvermögen her einem Vierliter-Krug vergleichbar ist. Ghnxh, der entweder unter Hypothermie oder Parkinson in einem ziemlich fortgeschrittenen Stadium leidet, manövriert einen Glastrichter in den Hals des Gefäßes. Dann hievt er eine Korbflasche von einem Bord. Sie trägt die Aufschrift AQUA REGIA und ist mit einer orangefarbenen Flüssigkeit gefüllt. Er zieht den Glasstöpsel heraus, umarmt die Flasche und kippt sie, sodass die orangefarbene Flüssigkeit in den Trichter und von da in das Glas zu gluckern beginnt.Wo sie auf die Tischplatte kleckert, kräuselt sich etwas ungemein Rauchähnliches empor, während sie zugleich Löcher wie die mehreren tausend anderen, bereits vorhandenen Löcher in das Holz frisst. Waterhouse bekommt die Dämpfe in die Lunge; sie sind erstaunlich ätzend. Er wankt aus dem Zimmer und

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