Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Cryptonomicon

Cryptonomicon

Titel: Cryptonomicon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
Vom Netzwerk:
Korridor, dreht sich um und sagt: »Bis morgen in der Krypta.« Dann zwinkert er ihm zu. »Oder der Gruft oder dem Füllhorn ewigen Wohlstands oder was immer das chinesische Wort dafür ist.« Nachdem er Randy mit diesem überraschenden Anflug von Menschlichkeit aus der Fassung gebracht hat, lässt er ihn stehen und geht.

Yamamoto
    Tojo und seine Claque von Dummköpfen der kaiserlichen Armee haben praktisch zu ihm gesagt: Warum ziehst du nicht los und sicherst uns den Pazifischen Ozean, wir brauchen nämlich eine günstige Schifffahrtsstraße von, na, sagen wir, fünfzehntausend Kilometern Breite, um unseren kleinen Plan zur Eroberung von Südamerika, Alaska und ganz Nordamerika westlich der Rockies durchzuführen. Wir räumen in der Zwischenzeit in China auf. Bitte kümmere dich so schnell wie möglich darum.
    Zu diesem Zeitpunkt beherrschten sie das Land. Sie hatten jeden ermordet, der ihnen im Weg stand, sie fanden beim Kaiser Gehör und es war schwierig, ihnen beizubringen, dass ihr Plan einen Scheißdreck taugte und dass die Amerikaner einfach nur stocksauer werden und sie vernichten würden. Und so dachte Admiral IsorokuYamamoto, ein getreuer Diener seines Kaisers, ein wenig über das Problem nach, skizzierte einen kleinen Plan, schickte ein, zwei Schiffe auf eine kleine Spritztour über den halben Erdball und radierte Pearl Harbor von der Landkarte. Er wählte genau den richtigen Zeitpunkt dafür, kurz nach der formellen Kriegserklärung. Es war gar nicht übel. Er machte seine Arbeit.
    Später kam einer seiner Adjutanten in sein Büro gekrochen – in jener Übelkeit erregenden, memmenhaften Haltung, die Lakaien einnehmen, wenn sie im Begriff stehen, einen so richtig unglücklich zu machen – und sagte ihm, in der Botschaft in Washington sei etwas schief gegangen und die Diplomaten seien erst dazu gekommen, die Kriegserklärung zuzustellen, als die amerikanische Pazifikflotte schon längst auf dem Meeresboden lag.
    Für diese Armleuchter von der Armee ist das gar nichts – bloß ein Druckfehler, passiert ständig. Isoroku Yamamoto hat es aufgegeben, ihnen begreiflich machen zu wollen, dass die Amerikaner auf eine Weise nachtragend sind, die für Japaner, die lernen, ihren Stolz hinunterzuschlucken, ehe sie lernen, feste Nahrung zu schlucken, unvorstellbar ist. Selbst wenn er Tojo und seine Bande verkommener, ignoranter Halsabschneider dazu brächte zu begreifen, wie sauer die Amerikaner sind, würden sie bloß darüber lachen. Was wollen sie denn tun? Uns eine Torte ins Gesicht werfen wie die Three Stooges? Ha, ha, ha! Reich mir den Sake und bring mir noch eine Trostfrau!
    Isoroku Yamamoto hat während seiner Jahre in den Staaten viel Zeit damit verbracht, mit Yankees Poker zu spielen, und er hat dabei wie ein Schlot geraucht, um den Geruch ihres entsetzlichen Rasierwassers zu überdecken. Die Yankees sind natürlich lächerlich primitiv und unkultiviert; um das festzustellen, bedarf es keiner scharfen Beobachtungsgabe. Yamamoto dagegen hat als Nebenwirkung des Erlebnisses, von Yankees am Pokertisch nach Strich und Faden ausgenommen zu werden, eine echte Einsicht gewonnen: Ihm ist klar geworden, dass diese massigen, sommersprossigen Flegel fürchterlich gerissen sein können. Primitiv und blöde wäre okay – ja sogar vollkommen verständlich.
    Aber primitiv und schlau ist unerträglich. Genau das macht diese rothaarigen Affenmenschen besonders widerwärtig. Yamamoto versucht immer noch, seinen Partnern bei dem großen japanischen Vorhaben, alles zwischen Karatschi und Denver zu erobern, diese Vorstellung in die Köpfe zu hämmern. Wenn sie es doch nur endlich begreifen würden! Von den Marineleuten sind viele in der Welt herumgekommen und haben es selbst gesehen, aber diese Typen von der Armee haben damit Karriere gemacht, dass sie Chinesen niedermähten und ihre Frauen vergewaltigten, und sie glauben ehrlich, dass die Amerikaner genauso sind, nur größer und übel riechender. Kommt schon, Jungs, sagt Yamamoto ihnen immer wieder, die Welt ist nicht nur ein großes Nanking. Aber sie kapieren es nicht. Wenn Yamamoto etwas zu sagen hätte, würde er eine Regel aufstellen: Jeder Armeeoffizier müsste wenigstens ein Mal mit dem Aufspießen neolithischer Wilder im Dschungel Pause machen, auf einem Schiff in den weiten Pazifik fahren und eine Zeit lang mit einer amerikanischen Sondereinheit 16-Zoll-Granaten tauschen. Dann würden sie vielleicht begreifen, dass sie sich hier wirklich etwas eingebrockt

Weitere Kostenlose Bücher