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Cryptonomicon

Cryptonomicon

Titel: Cryptonomicon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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rührt von physikalischen Beschränkungen her, denen die in einer Kathodenstrahlröhre durch den Raum schwingenden Elektronenstrahlen unterworfen sind, ist aber bei einem Laptopbildschirm wie dem, den Tom Howard ein paar Zentimeter von Pekka entfernt auf der anderen Seite der Wand aufgestellt hat, praktisch zu vernachlässigen. Allerdings folgt auch bei dieser Art Monitor das Bildsteuerungstiming dem Muster der Kathodenstrahlröhre. (Das liegt einfach daran, dass die alte Technologie allgemein von allen verstanden wird, die sie verstehen müssen, dass sie gut funktioniert und dass alle neuen Technologien im Bereich der Elektronik und Software so entwickelt und getestet worden sind, dass sie in diesem Rahmen funktionieren – und warum sollte man den Erfolg aufs Spiel setzen, vor allem wenn die Gewinnspannen so winzig klein sind, dass man sie nur mit Hilfe quantenmechanischer Verfahren entdecken kann, und jeglicher Mangel an Kompatibilität mit alter Hard- und Software die entsprechende Firma schnurstracks in den Orkus befördert.)
    Auf Toms Laptop ist jede Sekunde in fünfundsiebzig identische Segmente unterteilt, in deren Verlauf jeweils ein komplettes Grabsteinrubbeln, gefolgt von einem Vertikalrücklaufintervall stattfindet. Wie Randy aus der Unterhaltung zwischen Pekka und Cantrell schließen kann, haben sie bei der Analyse der durch die Wand kommenden Signale bereits herausgefunden, dass Tom Howard die Anzeige seines Monitors auf 768 Zeilen und 1024 Pixel pro Zeile eingestellt hat. Für jedes Pixel werden im Bildwiederholspeicher vier Byte abgelesen und durch die Leitung zum Bildschirm geschickt. (Tom benutzt auf seinem Monitor die größtmögliche Farbauflösung, was bedeutet, dass jeweils ein Byte gebraucht wird, um die Intensität von blau, grün und rot darzustellen, und ein weiteres im Grunde übrig bleibt, aber trotzdem beibehalten wird, weil Computer Zweierpotenzen mögen und heutzutage so lächerlich schnell und leistungsfähig sind, dass, obwohl dies alles in einem für menschliche Begriffe geradezu aggressiven Tempo abläuft, die zusätzlichen Bytes gar keinen Unterschied machen.) Jedes Byte besteht aus acht Binärziffern oder Bits, sodass 1024 Mal pro Zeile vier mal acht gleich zweiunddreißig Bits im Bildwiederholspeicher abgelesen werden.
    Ohne Toms Wissen steht sein Computer zufällig gleich neben einer Antenne. Die Drähte, die Pekka an die Wand geklebt hat, können die elektromagnetischen Wellen lesen, die der Computerschaltkreis ständig aussendet.
    Tom hat seinen Laptop als Computer, nicht als Radio gekauft, und deshalb mag es seltsam erscheinen, dass er überhaupt etwas ausstrahlt. Das alles ist ein Nebenprodukt der Tatsache, dass Computer binäre Wesen sind, das heißt, jegliche Kommunikation zwischen einzelnen Chips oder Subsystemen, die innerhalb der Maschine stattfindet – alles, was durch die flachen Drahtbänder und die kleinen Metallspuren an den Leiterplatten fließt -, besteht aus Übergängen von null zu eins und wieder zurück. Bits werden im Computer durch Hinund Herschalten der Spannung im Draht zwischen null und fünf Volt dargestellt. In Computerlehrbüchern werden diese Übergänge graphisch immer so dargestellt, als wären sie vollkommen rechtwinklige Wellen, das heißt, bei V = 0 verläuft die hier für eine binäre Null stehende Linie ganz flach und gerade, dann bildet sie einen perfekten rechten Winkel und springt zu V = 5 hoch, beschreibt dort einen weiteren perfekten rechten Winkel und bleibt bei fünf Volt, bis es Zeit ist, wieder zur Null zurückzukehren, und so weiter.

    Das ist das Platonsche Ideal dessen, wie Computerschaltkreise funktionieren sollten, aber Ingenieure müssen in der schmutzigen analogen Welt echte Schaltkreise bauen. Die Metall- und Siliconstücke können das in den Lehrbüchern beschriebene Verhalten nicht zeigen. Schaltungen können tatsächlich urplötzlich von null auf fünf springen, aber wenn man sie auf einem Oszilloskop überwacht, kann man sehen, dass die Welle nicht vollkommen rechtwinklig ist. Stattdessen bekommt man etwas, was ungefähr so aussieht:

    Das Entstehen dieser kleinen Wellen nennt man Klingeln; die Übergänge zwischen Binärziffern treffen den Schaltkreis wie ein Klöppel, der an eine Glocke schlägt. Die Spannung steigt schlagartig, aber danach oszilliert sie um den neuen Wert ein Weilchen nach oben und unten. Immer wenn in einem solchen Leiter eine oszillierende Spannung vorliegt, breiten sich elektromagnetische Wellen im

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