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Cryptonomicon

Cryptonomicon

Titel: Cryptonomicon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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Unterseeboote abgezogen hat, bis er die neue Generation bauen kann, die mit Raketentreibstoff läuft und niemals auftauchen muss. Auf diese Weise ist Waterhouse nach New York gelangt. Von der Penn Station ist er mit der Bahn in den Mittleren Westen gefahren, wo er eine Woche bei seinen Eltern verbracht und ihnen zum zehntausendsten Mal versichert hat, dass er aufgrund dessen, was er weiß, niemals in ein richtiges Gefecht geschickt werden kann.
    Dann ging es, erneut mit der Bahn, weiter nach Los Angeles und nun wartet er darauf, in einer allem Anschein nach mörderischen Reihe von Flügen um den halben Erdball nach Brisbane geschafft zu werden. Er ist einer von ungefähr einer Million junger uniformierter Männer und Frauen auf Urlaub, die auf der Suche nach Unterhaltung Los Angeles durchstreifen.
    Nun heißt es, Los Angeles sei die Hauptstadt der Unterhaltung, und so dürfte Unterhaltung eigentlich nicht schwer zu finden sein. Man kann denn auch kaum eine Straße weit gehen, ohne einem halben Dutzend Prostituierter zu begegnen oder an der gleichen Zahl von Nachtlokalen, Kinos und Billardhallen vorbeizukommen. Während seines viertägigen Zwischenstopps probiert sie Waterhouse allesamt aus und stellt zu seinem Kummer fest, dass ihn nichts davon mehr unterhält. Nicht einmal die Huren!
    Vielleicht spaziert er deshalb am schroffen Nordende der Santa Monica Pier entlang und sucht nach einem Weg hinunter zum Strand, der vollkommen leer ist – das Einzige in Los Angeles, das niemandem Provision oder Tantiemen einbringt. Der Strand lockt, aber er verkauft sich nicht. Die Pflanzen hier, die über den Pazifik wachen, kommen einem vor, als stammten sie von einem anderen Planeten. Nein, sie sehen gar nicht aus wie echte Pflanzen von irgendeinem denkbaren Planeten. Dazu sind sie zu geometrisch und zu vollkommen. Es sind schematische Diagramme für Pflanzen, entworfen von irgendeinem unmöglich modernen Designer mit einem guten Auge für Geometrie, der jedoch niemals in einem Wald gewesen ist und eine richtige Pflanze gesehen hat. Sie wachsen nicht einmal in irgendeiner erkennbar organischen Matrix, sondern sind in den sterilen Ockerstaub eingebettet, der in diesem Teil des Landes als Erde gilt. Waterhouse weiß, dass das nur der Anfang ist, dass es von hier an nur noch sonderbarer werden wird. Er hat von Bobby Shaftoe genug gehört, um zu wissen, dass es auf der anderen Seite des Pazifiks unbeschreiblich seltsam zugeht.
    Die Sonne schickt sich an unterzugehen und links von ihm, den Strand entlang, leuchtet die Pier, eine knallbunte Galaxie; die auffälligen Anzüge der Jahrmarktschreier sind schon aus einer Meile Entfernung zu sehen, wie Notsignale. Aber Waterhouse hat es nicht eilig, dorthin zu kommen. Er kann ganze Armeen ignoranter Soldaten, Seeleute, Marines, unterscheidbar an der Farbe ihrer Uniformen, durcheinander quirlen sehen.
    Bei seinem letzten Aufenthalt in Kalifornien, vor Pearl Harbor, war er nicht anders als alle diese Burschen auf der Pier – bloß ein bisschen gescheiter, mit einer Begabung für Zahlen und Musik. Doch mittlerweile versteht er den Krieg auf eine Weise, wie sie ihn nie verstehen werden. Er trägt immer noch die gleiche Uniform, aber nur als Verkleidung. Inzwischen ist er davon überzeugt, dass der Krieg, wie diese Burschen ihn verstehen, in jeder Hinsicht ebenso fiktiv ist wie die Kriegsfilme, die am anderen Ende der Stadt, in Hollywood, produziert werden.
    Es heißt, Patton und MacArthur seien kühne Generäle; die Welt wartet mit angehaltenem Atem auf ihren nächsten unerschrockenen Vorstoß hinter die feindlichen Linien. Waterhouse weiß, dass Patton und Mac Arthur in erster Linie intelligente Konsumenten von Ultra /Magic sind. Mit seiner Hilfe bekommen sie heraus, wo der Feind seine Kräfte konzentriert hat, umgehen diese dann und schlagen dort zu, wo er am schwächsten ist. Das ist alles.
    Es heißt, Montgomery sei solide, besonnen und kenntnisreich. Waterhouse kann mit Monty nichts anfangen; Monty ist ein Schwachkopf; er liest Ultra nicht; er ignoriert es sogar, zum Schaden seiner Männer und der Kriegsanstrengung.
    Es heißt, Yamamotos Tod verdanke sich einem glücklichen Zufall: ein paar P-38 ohne besonderen Auftrag seien zufällig auf zwei anonyme japanische Flugzeuge gestoßen und hätten sie abgeschossen. Waterhouse weiß, dass Yamamotos Todesurteil von einem Zeilendrucker der Electrical Till Corporation in einer Dechiffrierfabrik auf Hawaii heruntergehämmert wurde und dass der

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