Cryptonomicon

umklammernden Ranken seiner toten, mausetoten Beziehung zu Charlene zu durchtrennen (einer Beziehung, die einzugehen eine so beschissene Idee war, dass er deswegen nachts wachliegt und an seinem eigenen Urteilsvermögen und seiner Lebenstauglichkeit zweifelt), und dass er das in Kalifornien tun muss. Die Nachricht schickt er per Fax an Semper Marine in Manila und außerdem an die Glory IV , falls Amy draußen auf dem Wasser ist.
    Dann tut er etwas, was vermutlich bedeutet, dass er nachweisbar verrückt ist. Er steht auf, geht unter dem Vorwand, auf die Toilette zu müssen, den Gang der Business Class hinauf und wieder hinunter und schaut sich die in seiner Nähe sitzenden Passagiere an, wobei seine besondere Aufmerksamkeit ihrem Gepäck gilt, dem Zeug, das sie in die Fächer über ihren Köpfen gestopft haben, und den Taschen unter den Sitzen vor ihnen. Er hält Ausschau nach irgendetwas, was eine Art Van-Eck-Phreaking-Antenne enthalten könnte. Das ist ein völlig sinnloses Unterfangen, da so gut wie jedes Gepäckstück eine solche Antenne enthalten könnte, ohne dass er es je erfahren würde. Außerdem würde ein richtiger Spion, der in dieses Flugzeug gesetzt worden wäre, um seinen, Randys, Computer zu belauschen, nicht mit einer Riesenantenne dasitzen und auf ein Oszilloskop starren. Diese Kontrolle vorzunehmen ist (genau wie die Prüfung der Gebühren für die Übertragung von Lebenddaten zu dem Satelliten) eine Art leeres Ritual, das ihm das vage Gefühl vermittelt, verantwortungsbereit und wohl doch nicht ganz dumm zu sein.
    An seinen Platz zurückgekehrt, lässt er OrdoEmacs hochfahren, ein herrlich paranoides Stück Software, das John Cantrell erfunden hat. In seiner normalen Form ist Emacs das Textverarbeitungssystem des Hackers, ein Texteditor, der für ausgefallene Formatierungswünsche wenig bietet, dafür aber die elementare Aufgabe des Editierens von Klartext sehr gut bewältigt. Der normal kryptographisch paranoide Hacker erstellt unter Emacs Dateien, die er später mit Ordo verschlüsselt. Wenn man aber vergisst, sie zu verschlüsseln, oder der Laptop vorher gestohlen wird oder das Flugzeug abstürzt und man selbst stirbt, der Laptop jedoch von erstaunten, aber verbissenen Absturzermittlungsbeamten gefunden und den Behörden übergeben wird, können die Dateien gelesen werden. Im Grunde ist es sogar möglich, nach dem Überschreiben der Dateien mit neuen Daten auf Abschnitten der Festplatte geisterhafte Spuren alter Bits zu finden.
    OrdoEmacs dagegen arbeitet genau wie das normale Emacs, außer dass es alles verschlüsselt, bevor irgendetwas auf Platte geschrieben wird. Zu keinem Zeitpunkt wird von OrdoEmacs Klartext auf einer Platte niedergelegt – in seiner vollen, lesbaren Form erscheint der Text nur in den Pixels auf dem Bildschirm und in dem flüchtigen Arbeitsspeicher des Computers, von wo er verschwindet, sobald der Strom ausgeschaltet wird. Aber nicht nur das, er ist auch mit einem Bildschirmschoner gekoppelt, der die kleine, in den Laptop eingebaute CCD-Kamera benutzt, um zu kontrollieren, ob man wirklich noch da ist. Sie kann kein Gesicht erkennen, kann aber feststellen, ob ein Wesen von unbestimmter menschlicher Gestalt vor ihr sitzt, und wenn dieses Wesen von unbestimmter menschlicher Gestalt weggeht, und sei es auch nur für den Bruchteil einer Sekunde, wird es zu einem Bildschirmschoner übergehen, der den Bildschirminhalt löscht und die Maschine blockiert, bis man ein Passwort eingibt oder seine Identität durch Spracherkennung biometrisch nachweist.
    Randy öffnet eine Dokumentvorlage, die Epiphyte für interne Aktenvermerke benutzt, und beginnt gewisse Fakten darzulegen, die für Avi, Beryl, John, Tom und Eb neu und sicher anregend sein werden.
    MEINE REISE IN DEN DSCHUNGEL
    oder
    DIE TROMMELN DER HUKS
    oder
    SIEH MAL EINER AN
    oder
    ER HAT MEINE HODEN GEQUETSCHT
    oder
    DIE SPINNER WERDEN PROFIS
    eine Abenteuer- und Entdeckungsreise im majestätischen Regenwald von Nordluzon von
    Randall Lawrence Waterhouse
    Als ich bei einem unbedachten Vorstoß in die Welt des Gesellschaftstanzes dieser unbekannten Filipina mittleren Alters auf die Füße trat, neigte sie sich zu mir und murmelte ein paar Längen- und Breitengradwerte mit einer auffallend großen Anzahl von Ziffern hinter dem Komma, die eine maximale Lageabweichung von der Größenordnung eines Porzellantellers implizierten. Gott, war ich neugierig! Die Betreffende erwähnte diese Zahlen im Rahmen einer Gesprächseröffnung,