Cryptonomicon
seltsam vorkommen. Und selbst wenn das möglich wäre, bliebe immer noch das Problem der Bezahlung.
F: Worin besteht das Problem der Bezahlung?
A: Die Leute, die das Gold unter Kontrolle haben, wollen natürlich dafür bezahlt werden. Sie in noch mehr Gold oder Edelsteinen zu bezahlen, wäre absurd. Sie haben keine Bankkonten. Man muss sie in philippinischen Pesos bezahlen. Jeder Schein mit einem Nennwert von über 500 Peso ist in dieser Gegend nicht zu gebrauchen. Ein 500-Peso-Schein ist ungefähr 20 Dollar wert, d. h. man müsste, um die Transaktion durchzuführen, sechs Millionen davon in den Dschungel bringen. Auf der Grundlage einiger elementarer Berechnungen, die ich hier mithilfe eines mechanischen Tastzirkels und dem Inhalt meiner Brieftasche angestellt habe, wäre der Stapel aus 500-Peso-Scheinen (Augenblick, ich schalte meinen Rechner in den Modus »wissenschaftliche Darstellung« um) 25 000 Zoll hoch. Oder, wenn ihr das metrische System bevorzugt, so etwa 630 Meter. Würde man die Scheine einen Meter hoch stapeln, bräuchte man sechs- oder siebenhundert solcher Stapel, die, alle eng nebeneinander, eine Fläche von etwa drei Metern Seitenlänge einnehmen würden. Wir sprechen hier also von einem großen Ryder-Kastenwagen voller Geld. Das müsste mitten in den Dschungel gebracht werden, wobei das Einschmelzen und In-einer-Lastwagenkarosserie-Verbergen im Falle von Banknoten natürlich als Möglichkeit ausfällt.
F: Da die Militärs hier das große Hindernis zu sein scheinen, könnte man doch einfach einen Deal mit ihnen machen. Man gibt ihnen einen ordentlichen Anteil am Erlös und dafür lassen sie uns in Ruhe. A: Fällt flach, weil das Geld an die NPA ginge, und die würde damit Waffen kaufen, um Leute vom Militär umzulegen.
F: Es muss doch einen Weg geben, den Wert dieses Goldes zur Finanzierung irgendeiner Bergungsoperation einzusetzen.
A: Für eine Bank ist das Gold wertlos, solange es nicht geprüft worden ist. Bis dahin ist es nur ein verschwommenes Polaroidbild von einem Stapel gelber Gegenstände vor einem dschungelartigen Hintergrund. Um eine Materialprüfung vornehmen zu können, muss man in den Dschungel gehen, das Gold finden, eine Probe herausbohren und sie sicher in eine große Stadt bringen. Das beweist aber noch gar nichts. Selbst wenn die potentiellen Finanziers glauben, dass die Probe wirklich aus dem Dschungel kommt (und nicht unterwegs gegen eine andere ausgetauscht wurde), wissen sie damit lediglich, dass ein Ende eines einzigen Barrens in dem Stapel reines Gold ist. Im Grunde ist der volle Gegenwert des Goldes erst dann zu erzielen, wenn der gesamte Stapel herausgeholt und in einen Tresorraum gebracht worden ist, wo er systematisch geprüft werden kann.
F: Könnte man nicht einfach das Gold zu einer einheimischen Bank bringen und es ihr mit einem Riesenverlust verkaufen, sodass die Last des Transports auf anderen Schultern läge?
A: DMS berichtet von einer solchen Transaktion in einer Provinzstadt in Nordluzon, die ein jähes Ende fand, als einheimische Unternehmer buchstäblich eine der Außenmauern der Bank mit Dynamit sprengten, hereinstürzten und sowohl das Gold als auch das Bargeld, mit dem das Gold bezahlt werden sollte, an sich rissen. DMS behauptet, er würde sich lieber in aller Ruhe selbst die Kehle aufschlitzen, als mit irgendetwas, das mehr als einige zehntausend Dollar wert ist, eine Kleinstadtbank zu betreten.
F: Die Situation ist also im Grunde unauflösbar?
A: Im Grunde ist sie unauflösbar.
F: Wozu dann die ganze Übung?
A: Um wieder auf die erste Bemerkung von DMS zurückzukommen, nämlich dass uns jemand eine Botschaft schickt.
F: Wie lautet die Botschaft?
A: Dass es nichts nützt, Geld zu besitzen, solange man es nicht ausgeben kann. Dass gewisse Leute eine Menge Geld haben, das sie liebend gerne ausgeben würden. Und dass diese Leute, wenn wir ihnen durch die Krypta eine Möglichkeit bieten können, es auszugeben, sehr glücklich, im Falle unseres Versagens dagegen sehr unglücklich sein werden und dass sie, ob glücklich oder unglücklich, begierig sein werden, diese Gefühle mit uns, den Aktionären und dem Managementteam von Epiphyte Corp., zu teilen.
Und jetzt werde ich das euch allen per E-Mail schicken und dann die Stewardess herbeirufen, um sie nach dem Angebot an alkoholischen Getränken, die ich mehr als verdient habe, zu fragen. Zum Wohl! -R
Randall Lawrence Waterhouse
Aktuelle Meatspace-Koordinaten, frisch aus der
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