Cryptonomicon
stieß heftig gegen etwas Schweres, Kaltes und Unbewegliches, das mir fast das Knie brach. In Erwartung eines nackten Felsbrockens streckte ich die Hand nach unten aus, um es zu berühren, fuhr stattdessen aber über etwas Glattes, Metallenes. Es schien ein Stapel kleinerer Gegenstände zu sein, von der Größe her vielleicht mit Brotlaiben vergleichbar. »Ist es das, wonach wir suchen?«, fragte ich. DMS schaltete eine batteriebetriebene Laterne an und schwenkte den Lichtstrahl in meine Richtung herum.
Im selben Moment war ich geblendet von einem bis zum Oberschenkel reichenden Stapel Goldbarren von etwa anderthalb Metern Seitenlänge, der nicht markiert und unbewacht mitten im Dschungel lag.
DMS kam herüber, setzte sich obendrauf und zündete sich eine Zigarre an. Nach einer Weile zählten wir die Barren und maßen sie aus. Im Querschnitt sind sie trapezförmig, etwa 10 Zentimeter breit, 10 Zentimeter hoch und ungefähr 40 Zentimeter lang. Aufgrund dieser Maße konnten wir ihr Gewicht auf jeweils circa 75 Kilogramm schätzen, was einem Troygewicht von 2400 Unzen entspricht. Da Gold normalerweise in Troy-Unzen statt in Kilogramm (!) gewogen wird, wage ich die kühne Vermutung, dass diese Barren genau 2500 Troy-Unzen pro Stück wiegen sollten. Beim derzeitigen Kurs ($ 400 pro Troy-Unze) heißt das, dass jeder Barren eine Million Dollar wert ist. Der Stapel besteht aus 5 Schichten, jede Schicht aus 24 Barren, was einen Gesamtwert des Stapels von $ 120 Millionen ergibt. Sowohl die Schätzung des Gewichts als auch die des Wertes setzen voraus, dass die Barren aus nahezu reinem Gold sind. Ich machte einen Reibedruck vom Stempel eines der Barren, der das Zeichen der Bank von Singapur trägt. Jeder Barren ist mit einer unverwechselbaren Seriennummer gekennzeichnet und ich kopierte so viele davon, wie ich sehen konnte.
Dann machten wir uns auf den Weg zurück nach Manila. Die ganze Zeit versuchte ich, mir die Logistik des Transports auch nur eines einzigen dieser Goldbarren aus dem Dschungel zur nächsten Bank vorzustellen, wo er in etwas Nützliches wie Bargeld verwandelt werden könnte.
Ich möchte an dieser Stelle zu einem Frage-Antwort-Schema übergehen.
F: Ich habe das Gefühl, Randy, dass du jetzt in allen Einzelheiten darlegen wirst, welche Probleme der Transport des Goldes auf dem Landweg mit sich brächte; lass uns lieber gleich zur Sache kommen und über Helikopter reden.
A: Für Helikopter gibt es keinen Platz zum Landen. Gelände ist extrem zerklüftet. Die nächstgelegene hinreichend flache Stelle ist ungefähr einen Kilometer entfernt. Sie müsste gerodet werden. In Vietnam hat man das mit »Blockbuster«-Bomben erledigt, aber das ist hier sicher keine Option. Es müssen Bäume abgeholzt werden, sodass eine aus der Luft deutlich sichtbare Lücke entstünde. F: Wen kümmert’s denn, ob sie deutlich sichtbar ist? Wer soll sie denn sehen?
A: Wie aus meiner Anekdote hervorgegangen sein dürfte, haben die Leute, die dieses Gold unter Kontrolle haben, Beziehungen nach Manila. Es ist anzunehmen, dass die Gegend regelmäßig von der Philippine Air Force überflogen wird und unter Radarüberwachung steht.
F: Was wäre erforderlich, um die Goldbarren zur nächsten passablen Straße zu schaffen?
A: Sie müssten über die Dschungelpfade, die ich beschrieben habe, getragen werden. Jeder Barren wiegt so viel wie ein erwachsener Mann.
F: Könnte man sie nicht in kleinere Stücke schneiden?
A: DMS schätzt es als unwahrscheinlich ein, dass die gegenwärtigen Besitzer damit einverstanden wären.
F: Besteht irgendeine Chance, das Gold durch die Militärkontrollpunkte zu schmuggeln?
A: Im Fall eines Massentransports selbstverständlich nicht. Insgesamt wiegt das Gold etwa zehn Tonnen und würde einen Lastwagen erfordern, der die meisten Straßen, die wir gesehen haben, nicht passieren könnte. Zehn Tonnen Ware vor den Inspektoren an den Kontrollpunkten zu verbergen, ist nicht möglich.
F: Und wenn man die Barren einzeln herausschmuggelt?
A: Immer noch sehr heikel. Möglicherweise könnte man die Barren an irgendeinem Ort zwischenlagern, sie schmelzen oder zerhacken und irgendwie in der Karosserie eines Jeepneys oder anderen Fahrzeugs verstecken, dieses Fahrzeug nach Manila fahren und das Gold wieder herausholen. Diese Operation müsste man hundert Mal wiederholen. Mit demselben Fahrzeug hundert (oder sogar zweihundert) Mal an einem dieser Kontrollpunkte vorbeizufahren würde den Militärs dort, gelinde gesagt,
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