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Cryptonomicon

Cryptonomicon

Titel: Cryptonomicon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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dass sie dazu neigen, mit Millionen anderer Deutscher in Verbindung zu stehen.«
    »Okay«, brummelt Shaftoe.
    Root zerrt den Deckel von einer Kiste, nimmt eine Maschinenpistole heraus, überprüft die Kammer, zielt mit dem Lauf auf den Mond und blickt wie durch ein Fernrohr hindurch. »Jedenfalls sind ein paar Deutsche hierher unterwegs, um Sie umzubringen.«
    »Wieso?«
    »Weil Sie zu viel über bestimmte Dinge wissen.«
    »Was für Dinge? Günter und sein neues Unterseeboot?«
    »Ja.«
    »Und woher wissen Sie das, wenn ich fragen darf? Es hat irgendwas damit zu tun, dass Sie Julieta vögeln, stimmt’s?«, fährt Shaftoe fort. Er ist eher angeödet als sauer. Mittlerweile ist dieses ganze Schweden-Ding für ihn abgehakt. Er gehört auf die Philippinen. Und alles, was ihn den Philippinen nicht näher bringt, ärgert ihn einfach nur noch.
    »Stimmt.« Root stößt einen Seufzer aus. »Sie hält große Stücke auf Sie, aber nachdem Sie das Bild von Ihrer Freundin gesehen hat -«
    »Ach was! Sie oder ich sind ihr scheißegal. Sie will bloß sämtliche Vorteile daraus schlagen, dass sie Finnin ist, und die Nachteile vermeiden.«
    »Und was sind die Nachteile?«
    »Dass man in Finnland leben muss«, sagt Shaftoe. »Also muss sie jemanden mit einem guten Pass heiraten. Und das heißt heutzutage ein amerikanischer oder britischer Pass. Vielleicht ist Ihnen schon mal aufgefallen, dass sie mit Günter nicht gevögelt hat.«
    Root sieht aus, als wäre ihm leicht übel.
    »Na ja, vielleicht hat sie ja doch«, sagt Shaftoe mit einem Seufzer. »Scheiße!«
    Root hat aus einer anderen Kiste ein Magazin hervorgekramt und auseinander klamüsert, wie es an der Suomi zu befestigen ist. Er sagt: »Sie wissen wahrscheinlich, dass die Schweden eine stillschweigende Übereinkunft mit den Deutschen haben.«
    »Was heißt ›stillschweigend‹?«
    »Sagen wir einfach, sie haben eine Übereinkunft.«
    »Die Schweden sind neutral, lassen sich aber von den Deutschen herumschubsen.«
    »Ja. Otto muss sich an beiden Enden seiner Schmuggelroute mit Deutschen auseinander setzen, in Schweden und in Finnland, und wenn er auf dem Wasser ist, muss er sich mit ihrer Marine auseinander setzen.«
    »Mir ist durchaus bewusst, dass die Scheißdeutschen sich in ganz Europa breit gemacht haben.«
    »Tja, um es kurz zu machen, die hiesigen Deutschen haben Otto dazu bewogen, Sie zu verraten«, sagt Root.
    »Ach ja?«
    »Ja. Er hat Sie verraten...«
    »Okay. Reden Sie weiter, ich höre Ihnen zu«, sagt Shaftoe. Er steigt die Leiter zum Dachboden hoch.
    »... aber dann hat er sich’s anders überlegt. Man könnte wohl sagen, er hat bereut«, sagt Root.
    »Das nenn ich wie ein wahrer Diener des Herrn gesprochen«, murmelt Shaftoe. Er ist jetzt auf dem Dachboden und kriecht auf allen vieren über die Balken. Er hält an und entzündet sein Zippo. Das Licht wird größtenteils von einem dunkelgrünen Klotz verschluckt: einer groben, mit kyrillischen Buchstaben in Schablonenschrift versehenen Holzkiste.
    Von unten dringt Roots Stimme herauf: »Er ist zu dem, äh, Ort gekommen, wo Julieta und ich, äh, waren.«
    Am Vögeln waren. »Geben Sie mir mal das Brecheisen«, ruft Shaftoe. »Das ist in Ottos Werkzeugkiste, unterm Tisch.«
    Kurz darauf schiebt sich das Brecheisen durch die Dachluke wie der Kopf einer aus einem Korb auftauchenden Kobra.
    »Otto war hin und her gerissen. Er musste es tun, sonst hätten ihm die Deutschen seinen Lebensunterhalt kaputtmachen können. Aber er respektiert Sie. Er konnte es nicht ertragen. Er musste mit jemandem reden. Also ist er zu uns gekommen und hat Julieta erzählt, was er getan hat. Julieta hat es verstanden.«
    »Sie hat es verstanden!?«
    »Aber sie war zugleich auch entsetzt.«
    »Das ist ja wirklich herzzereißend.«
    »Tja, an dieser Stelle haben die Kivistiks dann den Schnaps herausgeholt und die Situation besprochen. Auf Finnisch.«
    »Verstehe«, sagt Shaftoe. Man braucht den Finnen bloß ein grausames, krasses, trostloses moralisches Dilemma und eine Flasche Schnaps vorzusetzen und man kann sie für achtundvierzig Stunden so ziemlich vergessen. »Danke, dass Sie den Mumm gehabt haben, hierher zu kommen.«
    »Julieta wird es verstehen.«
    »Das hab ich nicht gemeint.«
    »Och, ich glaube nicht, dass Otto mir was tun würde.«
    »Nein, ich meine -«
    »Ach so!«, ruft Root aus. »Nein, das mit Julieta musste ich Ihnen früher oder später sagen -«
    »Nein, verdammt, ich meine die Deutschen.«
    »Ach so. Na ja, über

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