Cryptonomicon

Richtung Enoch Root. Shaftoe kriecht unter die Hütte, öffnet die Falltür und taucht mitten im Zimmer auf. Die Deutschen kehren ihm den Rücken zu. Er feuert mit seiner Suomi auf sie, bis sie sich nicht mehr rühren. Dann schleift er sie zur Falltür hinüber und lässt sie auf den Strand hinunterfallen, damit sie nicht den Boden voll bluten. Die nächste Flut wird sie fortschwemmen und mit etwas Glück werden sie in ein paar Wochen ans Vaterland angespült.
    Mittlerweile ist es still, wie bei einer einsam gelegenen Hütte am Meer nicht anders zu erwarten. Aber das will nichts heißen. Wachsam arbeitet sich Shaftoe nach oben zwischen die Bäume vor, bewegt sich in Kreisen hinter dem Ort des Geschehens, überschaut von oben das Schlachtfeld. Der eine Deutsche robbt immer noch auf den Ellbogen herum und versucht dahinter zu kommen, was eigentlich los ist. Shaftoe tötet ihn. Dann geht er zum Strand hinunter, wo er Enoch Root findet, der in den Sand blutet. Eine Kugel hat ihn knapp unterhalb des Schlüsselbeins erwischt und es blutet sehr stark, und das sowohl aus der Wunde selbst als auch aus Roots Mund, wenn er ausatmet.
    »Ich glaub, ich sterbe gleich«, sagt er.
    »Gut«, sagt Shaftoe, »das heißt, dass Sie’s wahrscheinlich nicht tun.«
    Einer der Mercedes funktioniert noch, obwohl er ein paar Schrapnelllöcher und einen platten Reifen hat. Shaftoe bockt ihn auf, wechselt den kaputten Reifen gegen einen intakten von dem anderen Mercedes, schleppt Root zumWagen und bettet ihn auf den Rücksitz. Dann fährt er schleunigst nach Norrsbruck. Der Mercedes ist wirklich ein prima Wagen und Shaftoe hat Lust, bis nach Finnland damit zu fahren, nach Russland, Sibirien und runter durch China – vielleicht mit einem Zwischenstopp zum Sushi-Essen in Schanghai -, dann weiter runter durch Siam und dann nach Malaya, wo er das Boot irgendeines Meeresvagabunden nach Manila besteigen, Glory suchen und -
    Die folgende erotische Träumerei wird von Enoch Roots Stimme abgeschnitten, die durch Blut oder sonst etwas blubbert. »Fahren Sie zur Kirche.«
    »Also, Padre, das ist nun wirklich nicht der richtige Zeitpunkt, um mich zum religiösen Fanatiker zu machen. Bleiben Sie schön ruhig.«
    »Nein, fahren Sie, jetzt gleich. Bringen Sie mich hin.«
    »Was, damit Sie Ihren Frieden mit Gott machen können? Verdammt noch mal, Rev, Sie werden nicht sterben. Ich bringe Sie zum Arzt. Zur Kirche können Sie auch noch später.«
    Root driftet in ein Koma ab, in dem er etwas von Zigarren murmelt.
    Shaftoe ignoriert dieses Gefasel, düst nach Norrsbruck und weckt den Arzt. Dann geht er Otto und Julieta suchen und bringt die beiden zur Praxis des Arztes. Schließlich begibt er sich zur Kirche und weckt den Geistlichen.
    Als sie zur Praxis kommen, streitet Rudolf von Hacklheber gerade mit dem Arzt: Rudi (der offenbar im Namen von Enoch spricht, der kaum sprechen kann) möchte, dass die Hochzeit von Enoch und Julieta sofort stattfindet, falls Enoch auf dem Tisch stirbt. Shaftoe ist erschrocken darüber, wie schlecht der Patient mit einem Mal aussieht. Doch eingedenk dessen, was er und Enoch vorhin besprochen haben, ergreift er Rudis Partei und besteht darauf, dass die Eheschließung der Operation vorausgeht.
    Otto holt buchstäblich aus seinem Arschloch einen Diamantring hervor – er führt in einem polierten, in sein Rektum geschobenen Metallrohr Wertsachen bei sich – und Shaftoe fungiert als Trauzeuge, der den von Otto noch warmen Ring mit leichtem Unbehagen in der Hand hält. Root ist zu schwach, um ihn Julieta auf den Finger zu stecken, sodass Rudi ihm die Hände führen muss. Eine Krankenschwester fungiert als Brautjungfer. Julieta und Enoch treten in den heiligen Stand der Ehe. Root hält nach jedem Wort der Trauungsformel inne, um Blut in eine Stahlschale zu husten. Shaftoe bekommt einen Kloß in der Kehle und schnieft sogar.
    Der Arzt betäubt Root, öffnet ihm die Brust und geht daran, den Schaden zu reparieren. Feldchirurgie ist nicht sein Fach und so macht er ein paar Fehler und versteht es überhaupt hervorragend, das Spannungsniveau hochzuhalten. Irgendeine größere Arterie macht schlapp, sodass Shaftoe und der Geistliche losziehen, sich von der Straße weg ein paar Schweden greifen und sie überreden müssen, Blut zu spenden. Rudi ist nirgendwo zu finden und Shaftoe hat ein paar Minuten lang den Verdacht, dass er aus der Stadt abgehauen ist. Doch dann taucht er plötzlich an Roots Bett auf, in der Hand eine alte kubanische