Cryptonomicon
schluckt kräftig und überlegt rasch. Er weiß nicht einmal, ob er überhaupt ein Kind hat – das hat er sich ausgedacht, damit sein Text besser klingt -, und selbst wenn, stehen die Chancen, dass es ein Sohn ist, fünfzig zu fünfzig. Aber falls er einen Sohn hat, weiß er bereits, wie der Junge heißen wird. »Er heißt – tja, Sir, er heißt – und ich hoffe, Sie haben nichts dagegen – aber er heißt Douglas.«
Der General grinst erfreut, lacht meckernd und schlägt, um seine Freude zu unterstreichen, kräftig auf die Fliegerabwehrgranate auf seinem Schoß. Shaftoe zuckt zusammen.
Als sie am Flugplatz ankommen, ist dort ein ausgewachsener Luftkampf im Gang. Der Platz ist verlassen, weil alle außer Shaftoe und Dem General sich hinter Sandsäcken verstecken. Der General lässt Shaftoe die ganze Länge des Flugplatzes abfahren und an jeder Geschützstellung anhalten, damit er über den Sandsackwall spähen kann.
»Da ist der Bursche!«, sagt Der General schließlich und deutet mit seinem Offiziersstöckchen auf ein Geschütz auf der anderen Seite der Rollbahn. »Ich hab ihn gerade den Kopf rausstrecken und ins Telefon quasseln sehen.«
Shaftoe jagt den Wagen quer über die Rollbahn. Gut hundert Meter von ihnen entfernt schlägt eine lodernde Zero mit ungefähr halber Schallgeschwindigkeit in die Rollbahn ein und zerplatzt zu einer heulenden Wolke aus brennenden Ersatzteilen, die sich gleitend, schlingernd und hüpfend über die Rollbahn in die ungefähre Richtung des Jeeps wälzt. Shaftoe zögert. Der General schreit ihn an. Weil er dem, was er nicht sieht, auch nicht ausweichen kann, steuert Shaftoe auf das Inferno zu. Er hat derlei schon öfter erlebt und weiß daher, dass als Erstes der Motorblock auf sie zugesaust kommen wird, ein rot glühender Grabstein aus bestem Mitsubishi-Eisen. Da kommt er auch schon, eines seiner Auspuffrohre baumelt noch daran wie ein gebrochener Flügel, er überschlägt sich wild und hackt bei jedem Aufprall riesige Stücke aus der Rollbahn. Shaftoe umfährt ihn weit. Er macht den Rumpf aus und sieht, dass er sich schon festgepflügt hat. Er hält nach den Flügeln Ausschau; sie sind in ein paar große Stücke zerbrochen, die sich rasch verlangsamen, aber die Reifen haben sich vom Fahrgestell gelöst und kommen auf sie zugehüpft, rot brennende Feuerräder. Shaftoe manövriert den Jeep zwischen ihnen hindurch, jagt ihn über einen kleinen Fleck brennenden Öls, biegt dann erneut scharf ab und fährt weiter auf ihr Ziel zu.
Die Explosion der Zero hat alle hinter die Sandsäcke zurückgescheucht. Der General muss aus dem Jeep steigen und über den Wall spähen. Er hält die Fliegerabwehrgranate über seinen Kopf. »Hören Sie, Captain«, sagt er mit seiner perfekten Radiosprecher-Stimme, »das da ist ohne Absender auf meinem Beistelltisch angekommen, aber ich glaube, es stammt von Ihrer Einheit.« Über den Sandsäcken taucht der behelmte Kopf des Captains auf, als dieser Haltung annimmt. Er glotzt die Granate an. »Würden Sie sich bitte darum kümmern und dafür sorgen, dass sie ordnungsgemäß entschärft wird?« Wie eine Wassermelone wirft ihm Der General die Granate seitwärts zu und der Captain hat kaum die Geistesgegenwart, sie aufzufangen. »Weitermachen«, sagt Der General, »mal sehen, ob wir das nächste Mal nicht tatsächlich ein paar Nips abschießen können.« Mit einer wegwerfenden Handbewegung zu dem brennenden Wrack der Zero hin steigt er zu Shaftoe in den Jeep. »In Ordnung, wieder rauf auf den Berg, Shaftoe!«
»Jawohl, Sir!«
»Also, ich weiß, dass Sie mich hassen, weil Sie ein Marine sind.«
Offiziere mögen es, wenn man so tut, als wäre man ihnen gegenüber ehrlich. »Ja, Sir, ich hasse Sie tatsächlich, Sir, aber ich finde, das muss uns nicht daran hindern, zusammen ein paar Nips umzubringen, Sir!«
»Da sind wir einer Meinung. Aber bei dem Auftrag, den ich für Sie vorgesehen habe, Shaftoe, ist das Umbringen von Nips nicht das vorrangige Ziel.«
Das bringt Shaftoe etwas aus dem Gleichgewicht. »Sir, bei allem Respekt glaube ich, dass das Umbringen von Nips meine Stärke ist.«
»Das bezweifle ich nicht. Und für einen Marine ist das eine schöne Fähigkeit. Denn in diesem Krieg ist ein Marine ein erstklassiger Soldat unter dem Kommando von Admirälen, die keinen Schimmer vom Bodenkrieg haben und glauben, eine Insel erobert man so, dass man seine Männer direkt gegen die vorbereiteten Verteidigungsstellungen der Nips wirft.«
Hier hält Der
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