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Cryptonomicon

Cryptonomicon

Titel: Cryptonomicon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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General inne, als wolle er Shaftoe Gelegenheit zum Antworten geben. Aber Shaftoe sagt nichts. Er denkt an die Geschichten, die ihm seine Waffenbrüder auf Kwajalein erzählt haben, die Geschichten von all den Schlachten, die sie genau so, wie es Der General beschreibt, auf kleinen Pazifikinseln geschlagen haben.
    »Infolgedessen muss ein Marine sehr gut darin sein, Nips umzubringen, was Sie zweifellos auch sind. Aber jetzt, Shaftoe, sind Sie bei der Army, und bei der Army haben wir bestimmte wunderbare Neuerungen, wie zum Beispiel Strategie und Taktik, mit denen sich vertraut zu machen gewisse Admiräle gut beraten wären. Und deshalb, Shaftoe, besteht Ihr neuer Job nicht einfach darin, Nips umzubringen, sondern Ihren Kopf anzustrengen.«
    »Na ja, ich weiß, dass Sie mich wahrscheinlich für ein dummes Frontschwein halten, General, aber eigentlich glaube ich schon, dass ich ein heller Kopf bin.«
    »Und genau der soll uns noch eine Weile erhalten bleiben!«, sagt Der General und klopft ihm herzhaft auf den Rücken. »Im Augenblick versuchen wir, eine taktische Situation zu schaffen, die für uns günstig ist. Sobald wir das erreicht haben, lässt sich das eigentliche Töten von Nips mit effektiveren Methoden wie zum Beispiel Bombardements aus der Luft, massenhaftem Verhungernlassen und so weiter besorgen. Es wird nicht nötig sein, dass Sie höchstpersönlich jedem Nip, der Ihnen über den Weg läuft, die Kehle durchschneiden, so hervorragend Sie dafür auch qualifiziert sein mögen.«
    »Danke, General, Sir.«
    »Wir haben Millionen von philippinischen Guerilleros und Hunderttausende von Soldaten, um das im Wesentlichen alltägliche Geschäft zu erledigen, lebendige Nips in tote oder wenigstens gefangene zu verwandeln. Aber um deren Aktivitäten zu koordinieren, brauche ich Informationen. Das wird eine Ihrer Aufgaben sein. Allerdings wimmelt das Land schon von meinen Spionen, deshalb wird das ein zweitrangiger Auftrag sein.«
    »Und der vorrangige Auftrag, Sir?«
    »Diese Filipinos brauchen Führung. Sie brauchen Koordination. Und was sie vielleicht am allerdringendsten brauchen, ist Kampfgeist.«
    »Kampfgeist, Sir?«
    »Die Filipinos haben reichlich Grund, deprimiert zu sein. Die Nips waren nicht sehr nett zu ihnen. Zwar war ich hier in Neuguinea sehr damit beschäftigt, das Sprungbrett für meine Rückkehr vorzubereiten, aber davon wissen die Filipinos nichts, und viele von ihnen glauben wahrscheinlich, ich hätte sie völlig vergessen. Jetzt ist es an der Zeit, ihnen Bescheid zu sagen, dass ich komme. Dass ich wiederkomme – und zwar bald!«
    Shaftoe kichert, weil er meint, Der General mache sich an dieser Stelle über sich selbst lustig – ja, zeige so etwas wie Ironie -, doch dann bemerkt er, dass der andere nicht sonderlich amüsiert wirkt. »Anhalten!«, brüllt er.
    Shaftoe parkt den Jeep am höchsten Punkt einer Serpentine, von wo sie nach Nordwesten über die äußerste Weite des Philippinischen Meeres blicken können. Mit leicht gewölbter und schräg nach oben geöffneter Hand und einer Geste wie ein Shakespeare-Darsteller auf einem gestellten Foto streckt Der General einen Arm gen Manila aus. »Gehen Sie dorthin, Bobby Shaftoe!«, sagt Der General. »Gehen Sie dorthin und sagen Sie ihnen, dass ich komme.«
    Shaftoe kennt sein Stichwort und er kennt seinen Text. »Sir, jawohl, Sir!«

URSPRUNG
    Aus der Sicht zugegebenermaßen privilegierter weißer männlicher Technokraten wie Randy Waterhouse und seiner Vorfahren war Palouse Country eine Art bewohnbares Laboratorium für nichtlineare Aerodynamik und Chaostheorie. Es gab dort nicht viel Lebendiges und so konnte man seine Beobachtungen machen, ohne dauernd von Bäumen, Blumen, Fauna und den stur linearen und rationalen Bestrebungen des Menschen gestört zu werden. Die Cascades verstellten den warmen, feuchten, erfrischenden Brisen, die vom Pazifik herwehten, den Weg, sammelten ihre Feuchtigkeit, um Skigebiete für die rosenwangigen Wintersportler aus Seattle mit Schnee zu versorgen, und leiteten das, was noch übrig war, in nördlicher Richtung nach Vancouver und in südlicher nach Portland um. Folglich musste Palouse Country seine Luft en gros vom Yukon River und von British Columbia beziehen. Über die öde, verkrustete Vulkanlandschaft im mittleren Washington wehte sie in einer (wie Randy vermutete) mehr oder minder lamellenförmigen Schicht, die sich, wenn sie auf das sanft gewellte Palouse Country stieß, in ein weitläufiges System verschieden

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