Cryptonomicon
Bewunderer sie inzwischen«, sagt Cantrell.
»Wozu jetzt eine solche Organisation gründen?«, wundert sich Randy.
»Weil die Krypta in die heiße Phase kommt, und das wissen sie«, sagt Cantrell.
»Sie haben eine Heidenangst um ihre Steuereinnahmen, wenn alle Welt Systeme wie die Krypta benutzt«, erklärt Tom Doug.
»Das war die ganze letzte Woche über Thema in der Mailingliste der Heimlichen Bewunderer. Und als dann die Razzia bei Ordo kam, traf sie einen blanken Nerv.«
»Aha«, sagt Randy, »ich habe mich schon gewundert, warum fast gleichzeitig Leute mit Gewehren und noch seltsameren Dingen dort auftauchten.« Jetzt hat er den Laptop aufbekommen und dessen Plattenlaufwerk abgeklemmt.
»Sie sind von der Tagesordnung abgeschweift«, sagt Doug, während er mit einem öligen Lumpen über den Lauf des HEAP-Gewehrs fährt. »Die Frage lautet: Kann der Dentist euch Burschen richtig in die Zange nehmen oder hat er euch nur in der Hand? Und diese Frage dreht sich hauptsächlich um meine Wenigkeit. Stimmt’s?«
»Stimmt!«, entgegnet Randy, ein bisschen zu überzeugend – er würde liebend gerne das Thema wechseln. Die ganze Kepler/Epiphyte /Semper Marine-Geschichte ist an sich schon belastend genug, und das Letzte, was er gebrauchen kann, ist, von Leuten umgeben zu sein, die glauben, sie sei nichts weiter als ein Scharmützel in einem Krieg, in dem es um das Schicksal der Freien Welt geht – eine Vorrunde zur Apokalypse. Dass Avi vom Holocaust besessen ist, fand Randy in Ordnung, solange Holocausts Dinge waren, die sich vor langer Zeit oder in weiter Ferne abspielten – persönlich in einen involviert zu sein, ist etwas, was Randy nicht unbedingt braucht. Er hätte in Seattle bleiben sollen. Hat er aber nicht getan. Das Nächstbeste, was er jetzt tun kann, ist, das Gespräch auf so schlichte Dinge wie Goldbarren zu beschränken.
»Um einen Klagegrund zu haben, muss der Dentist beweisen, dass Semper Marine das Wrack während der Echolotuntersuchungen für die Kabelverlegearbeiten gefunden hat. Richtig?«, sagt Doug.
»Richtig«, bestätigt Cantrell, bevor Randy sich einschalten und sagen kann, dass es doch etwas komplizierter ist.
»Ich bin wirklich mein halbes Leben lang in diesem Teil der Welt rumgeschippert und kann jederzeit bezeugen, dass ich das Wrack bei einer früheren Untersuchung gefunden habe. Dieser Scheißkerl kann niemals beweisen, dass ich lüge«, sagt Doug.
»Andrew Loeb – sein Anwalt – ist schlau genug, das zu wissen. Er wird Sie nicht in den Zeugenstand rufen«, sagt Randy, während er sein eigenes Plattenlaufwerk festschraubt.
»Gut, dann hat er also nichts weiter als Indizien. Nämlich die Nähe des Wracks zum Untersuchungskorridor.«
»Richtig. Was eine Verbindung nahe legt«, sagt Cantrell.
»Also, so nah ist es nun auch wieder nicht«, widerspricht Doug. »Ich habe damals einen ziemlich breiten Streifen abgegrast.«
»Da habe ich schlechte Nachrichten«, sagt Randy. »Zunächst mal ist das ein zivilrechtlicher Fall, so dass Indizienbeweise ihm schon genügen, um zu gewinnen. Zweitens habe ich gerade im Flugzeug von Avi gehört, dass Andrew Loeb eine zweite Klage einreicht, wegen Vertragsbruchs.«
»Was für ein verfluchter Vertrag denn?«, fragt Doug.
»Er hat alles, was Sie gerade gesagt haben, vorausgeahnt«, sagt Randy. »Er weiß immer noch nicht, wo das Wrack liegt.Wenn sich aber herausstellt, dass es meilenweit von dem Untersuchungskorridor entfernt ist, wird er behaupten, dass Sie durch die Bearbeitung eines so breiten Streifens im Grunde genommen das Geld des Dentisten aufs Spiel gesetzt haben, um auf Schatzsuche zu gehen, und dass der Dentist damit immer noch Anspruch auf einen Teil der Einnahmen hat.«
»Warum will der Dentist sich denn mit mir anlegen?«, fragt Doug.
»Weil er Sie dann so unter Druck setzen kann, dass Sie schließlich gegen Epiphyte aussagen. Sie müssen das ganze Gold behalten. Sonst wird es zu Schadensersatz, den der Dentist ausnützen wird, um die Kontrolle über Epiphyte zu bekommen.«
»Verdammte Scheiße!«, ruft Doug. »Der kann mich doch am Arsch lecken!«
»Das weiß ich«, sagt Randy, »aber wenn er von dieser Einstellung Wind bekommt, wird er sich einfach eine andere Taktik überlegen und eine neue Klage einreichen.«
Doug hebt an: »Das ist ganz schön defätistisch-«
»Worauf ich hinaus will«, sagt Randy, »ist, dass wir den Dentisten auf seinem eigenen Terrain – das heißt, im Gerichtssaal – genauso wenig schlagen
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